Engel der Verdammten
dünnen Lichtstrahl festhalten, ehe sie dich niederschießen. Die Männer sahen durchweg wie Killer aus.
Was die anging, die um den Tisch gesessen hatten, die gehörten zu der weicheren Sorte, wenn sie auch genauso ernst zu nehmen waren, einschließlich dieses Doktor Superhirn, den ich schon kennen gelernt hatte, und sie dünsteten förmlich Antipathie und Misstrauen aus, wegen der Unterbrechung, die ich verursacht hatte.
›Nein, beruhigt euch!‹, rief Gregory ›Das hier war nicht zu vermeiden, es wird uns nicht aufhalten. Dies ist ein Engel, den Gott gesandt hat, uns zu helfen.‹
›Tatsächlich?‹, sagte ich. ›Was hast du mit deinem Bruder gemacht? Wenn du mir nicht die Wahrheit sagst, reiße ich dir ein Glied nach dem anderen aus, und diese Männer werden mit dir sterben. Du lässt mir keine Wahl. Was soll die Geschichte mit deinem offiziellen Tod? Rede, sofort, oder ich werde alles zerstören!‹
Gregory seufzte auf, dann befahl er den Männern, den Raum zu verlassen. ›Es geht alles nach Plan; aber dieser Engel muss erst das wirkliche Ausmaß von dessen Macht erfahren‹, sagte er zu ihnen. ›Geht, besetzt eure Terminals, seht zu, dass mein Bruder es bequem hat und sich nicht fürchtet. Alles wird sich herrlich fügen. Wir leben in der Zeit der Wunder. Dieses Wesen, das ihr hier erblickt, ist ein von Gott geschicktes Wunder. Aber sprecht zu niemandem darüber.‹
Seine Berater gingen erstaunlich schnell, aber für die Bewaffneten musste er ein bisschen mehr Überredungskunst aufwenden und ihnen versichern, dass er wusste, was er tat.
Ich schleuderte ihn zurück in seinen Stuhl.
›Du verlogenes Monstrum‹, herrschte ich ihn an. ›Wie konntest du aller Welt erzählen, ich hätte deine Frau und deine Tochter getötet? Sag mir sofort, wo Nathan ist, sag sofort, was du vor-hast!‹
Ich begutachtete die Monitore an den Wänden. Sie zeigten verschiedene Zugänge, die Eingangshalle, einige nicht benutzte Aufzüge. Auf den meisten waren nur leere Räume und vorbeilaufende Wachen zu sehen.
Die Weltkarten blinkten mit einer Schwindel erregenden Fülle bunter Neonlichter, die Länder rote und gelbe Flächen, und die Adern der Flüsse zogen sich leuchtend hindurch wie der Strahl eines Blitzes. Aber ich hatte keine Zeit, dies alles zu bewun-dem.
›Hast du es noch nicht erraten, mein kluger Geist?‹, sagte Gregory Er sah lächelnd zu mir auf. ›Ich bin so froh, dich zu sehen. Was hat dich so lange aufgehalten? Ich brauche dich, und die Zeit wird knapp.‹
›Ich weiß, du hast mit deinem Bruder etwas vor‹, sagte ich, ›er soll statt deiner sterben, damit es so aussieht, als seist du von den Toten auferstanden! Das kann man sich leicht ausrechnen, und sechs Uhr ist die Zeit, die du dafür vorgesehen hast.
Sechs Uhr oder kurz davor, was heißt das? Ich will deinen Bruder hier, auf der Stelle, sicher in meine Arme schließen, um ihn zu seinen Leuten zurückzubringen.‹
›Nein, Asrael, das stimmt doch nicht‹, sagte er mit überzeugender Vernünftigkeit, und Zuversicht flammte in ihm auf wie ein Feuer, das niemand ersticken kann. ›Setz dich und lass dir erklären, was geschehen wird. Du kannst dir die Schönheit dieses Plans gar nicht vorstellen, und Nathan wird nichts spü-
ren. Er steht jetzt schon unter dem Einfluss von Beruhigungs-mitteln und weiß kaum, was ihm geschieht.‹
›Na, sicher doch!‹, sagte ich mit tiefster Verachtung, und in meinem Gedächtnis blitzte etwas auf, eine Erinnerung an Leute, die mir einen Trank gereicht und gesagt hatten: ›Du musst nicht leiden.‹ Und dabei hatten sie Gold auf meine Haut gestri-chen.
›Wenn du mich tötest‹, sagte Gregory, ›wird das nichts ändern. Der Plan tritt nach meinem Tod in Kraft. Wenn du mich vor sechs Uhr tötest, wirst du höchstens die Zeit bis zum Jüngsten Tag verkürzen. Alles ist schon in Gang gesetzt. Nur ich kann das aufhalten. Mich jetzt umzubringen wäre schlicht und ergreifend dumm.‹ Er bedeutete mir, mich zu setzen.
›Dieser Raum ist schalldicht isoliert und wird nicht beobachtet‹, sagte er. ›Alles, was wir hier reden, bleibt ganz unter uns.
Und ich möchte deine Aufmerksamkeit und deine Zuneigung.‹
›Was ist mit den Soldaten?‹
›Oh, ich habe vorhin hier diesen Knopf unter dem Tisch ge-drückt. Sie werden nicht wieder auftauchen, aber was ich dir jetzt sage, muss geheim bleiben, vor aller Welt versiegelt.
Wenn du diesen Raum verlässt, musst du einer der Unseren sein. Wir müssen ihn gemeinsam
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