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Engel der Vergessenen

Engel der Vergessenen

Titel: Engel der Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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man Wunder erwartet.
    »Willst du hier schlafen?« fragte er.
    »Ja. Ich liebe dich, Chandra.«
    Das war klar, da gab es keine Kommentare mehr, keine weiteren Fragen.
    »Du bist zu schade fürs Bett, Siri«, sagte er. Verdammt, warum kommt Adripur nicht? Wer hat dem Affen gesagt, daß er durch den Mondschein laufen soll? »Geh nach Hause!«
    »Ich bin zu Hause.«
    »Hier bei mir?«
    »Ja, Chandra.«
    »Du machst dich unglücklich, Mädchen.«
    »Du bist unglücklich.«
    »Da hast du recht. Ich bin zerknittert wie eine Hose, in der man ein Jahr lang geschlafen hat. Aber dein Körper ist nicht das richtige Bügeleisen für diese Falten. Wenn ich dir einen guten Rat geben kann, Siri: Lauf weg!«
    Sie nickte, als habe er etwas ganz anderes gesagt, warf mit einem Ruck ihr Haar zurück, löste irgendwo an der Seite eine Spange und ließ den um ihren Körper gewickelten Stoff fallen. Sie faltete ihn zusammen, legte ihn vor das Bett und setzte sich dann wieder mit untergeschlagenen Beinen auf die Matratze. Ihr brauner, nackter Körper glänzte im trüben Lampenlicht, der süße Duft verstärkte sich. Dieses Öl polierte die Haut. Dr. Haller hieb die Fäuste gegeneinander.
    »Mädchen, du machst es einem schwer, anständig zu bleiben«, sagte er leise. »Du wirst es nicht glauben, aber es ist das erstemal, daß ich bei einem solchen Angebot nicht sofort schwach werde.« Er fuhr herum, riß sie vom Bett und stieß sie zur Tür. »Raus!« schrie er. »Himmel, noch mal – mach, daß du fortkommst! Los! Lauf weg!«
    Sie blieb stehen, legte die Arme um seinen Hals und drückte sich an ihn. »Chandra«, sagte sie leise. Ihre Zärtlichkeit durchbrannte ihn, ihr nackter Körper unter seinen Händen, dieser glatte, süß duftende, mit Blumenöl eingeriebene, vom Vater gesegnete, von der Mutter mit Reis bestreute, zur Hochzeit dargebotene Leib gehörte plötzlich zu ihm wie sein eigener Atem.
    Er hob sie hoch, trug sie zum Bett zurück, und als er sie niederlegte und sie ihn nicht mehr losließ und ihre Arme wie Lianen unlösbar um seinen Hals geschlungen waren, als er ihren großen schwarzen Augen so nahe war, daß sie zu einem See wurden, in den er eintauchte, hörte er Dr. Adripur zurückkommen und dachte: Jetzt hättest du auch noch eine Stunde länger im Mondschein spazieren können! Geh raus, mein Junge. Diese Nacht ist etwas ganz Besonderes. Dafür wird der Morgen fürchterlich sein …
    Bettina erwachte aus ihrer Ohnmacht, weil eine höfliche Stimme dicht an ihrem Ohr sagte: »Miß Berndorf, wir sind am Ziel. Bitte, regen Sie sich nicht auf. Haben Sie keine Angst. Ich garantiere für Ihre Sicherheit. Es handelt sich nur um eine Information.« Der kleine, elegante Birmese beugte sich über sie und half ihr, sich aufzurichten.
    Der große Buick stand unbeleuchtet in einem dunklen Innenhof. Im ungewissen Licht der fahlhellen Nacht sah Bettina, daß die Dächer der rundherum liegenden Gebäude die typische chinesische Form hatten, den eleganten Schwung, der ein Dach wie schwerelos erscheinen läßt. Die Fenster waren verdunkelt, keine Laterne brannte, nur die Nacht war voller Laute. Von Tümpeln und aus den Gärten, die um das Haus herum liegen mußten, tönte das quakende, manchmal zu einem dumpfen Grollen anschwellende Konzert der Ochsenfrösche. Der Chauffeur war ausgestiegen, hatte die Tür geöffnet und wartete nun, daß Bettina ausstieg.
    Sie blieb sitzen und starrte in die fahle Dunkelheit. »Was wollen Sie von mir?« fragte sie. »Ich habe kein Interesse an Ihrer Information, wie Sie es nennen. Ich begreife nur eins: Ich soll meine Stelle in Nongkai nicht antreten.«
    »Diese Erkenntnis ist 10.000 englische Pfund wert, Miß Berndorf.« Der Birmese stieg auf der anderen Seite aus und ließ die Tür offen. Er kam um den Wagen herum, schob den Chauffeur zur Seite und beugte sich zu Bettina in den Wagen. »Trotzdem sollten Sie sich informieren, mit welcher Überzeugungskraft wir reden können.« Er lächelte, reichte Bettina die Hand, und als sie nicht sogleich Zugriff, packte er ihr Kleid und zog daran. »Aber Miß Berndorf«, sagte er dabei. »Ich kenne Sie nur als mutige Dame.«
    »Sie kennen mich überhaupt nicht.«
    »Ich habe Ihre Personalakte gelesen. Ein Freund im Ministerium hat sie fotokopiert. Examinierte Krankenschwester, Tropenspezialistin, vorher ein abgebrochenes Medizinstudium, weil im fünften Semester der Vater starb und im sechsten Semester der elterliche Betrieb in Konkurs ging. Ihr Bruder Ludwig gönnte

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