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Engel der Vergessenen

Engel der Vergessenen

Titel: Engel der Vergessenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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lepromatöse Fälle! Noch nicht sehr ausgebildet, aber immerhin eine Gefahr! Wenn Sie's mir nicht glauben, fragen Sie Minbya. Die Brüder Khawsa waren auch bei dem gestrigen Vorbeimarsch dabei und haben Hurra gebrüllt. Dr. Haller, ich weiß, was Ihnen jetzt auf der Zunge liegt, aber die Verhältnisse im Dschungel sind anders als irgendwo auf der Welt, mit nichts vergleichbar! Sie sind Arzt, und jetzt müssen Sie auch Menschenjäger sein! Holen Sie die beiden zurück.«
    »Allein?«
    »Adripur brauche ich, das verstehen Sie wohl. Ihre dämliche Leibgarde darf das Dorf auch nicht verlassen.«
    »Es sind Gesunde, das wissen Sie.«
    »Aber sie können Zwischenträger sein!«
    »So einen Blödsinn habe ich selten gehört. Wie soll ich die Ausreißer allein im Dschungel suchen?«
    »Nehmen Sie Pala mit, Haller.«
    »Das könnte Ihnen so passen! Mit einem, der mich am liebsten umbringen würde, allein durch die Wildnis. Rufen Sie das Militär!«
    »Das ist bereits alarmiert. Es sperrt den Weg nach Süden ab. Aber es gibt auch einen Flußlauf, der fließt nach Norden. Er macht einen weiten Bogen durch eine Senke und kehrt dann zurück zu einem Zufluß des Chindwin-River. Die Brüder Khawsa werden nie direkt nach Süden flüchten, sondern diesen Weg nehmen. Und genau das sollte auch Ihr Weg sein!« Karipuri verzog sein braunes, schön geschnittenes Gesicht.
    »Sie haben einen großen Vorteil vor den Flüchtenden, Haller«, fuhr er fort. »Sie haben ein Boot. Ein Kunststoffboot mit einem Außenbordmotor. Breit, flach gebaut, kaum Tiefgang. Mit dem kann man über die Dschungelgewässer rutschen. Nachts werden die Flüchtigen nicht unterwegs sein. Es wäre zu gefährlich, wegen der Tiger. Aber morgen in aller Frühe, da ziehen sie weiter. Und da können Sie mit dem Boot ihnen voraus sein und sie abfangen. Sie müssen den Weg entlang des Flußlaufes nehmen, sie haben keine andere Chance.«
    »Und wenn ich die Brüder Khawsa nicht finde?« fragte Haller.
    »Dann wird Taikky eine Meldung nach Lashio zum Gouverneur machen. Dazu ist er verpflichtet. Das bedeutet für Sie einige Jahre Gefängnis. Kennen Sie die Gefängnisse von Birma? Ein Europäer wird darin wahnsinnig.«
    »Danke.« Haller erhob sich. Seine Beine spürte er kaum. Mein ganzes Knochengerüst löst sich in Müdigkeit auf, dachte er. Gleich falle ich Karipuri vor die Füße. »Lassen Sie das Boot startklar machen. Ich hole die Brüder Khawsa.«
    Er verließ die Kirche, erreichte seine Hütte und fiel ins Bett.
    Siri lag noch so, wie er sie zugedeckt hatte. Er kroch neben sie, legte seine linke Hand auf ihre Brust, streichelte sie sanft mit den Fingerspitzen und schlief sofort ein.
    In der Morgendämmerung weckte Siri ihn. Sie war schon angezogen, trug einen naturfarbenen Leinenanzug und hohe Stiefel. Sie sah fremd, sehr erwachsen aus. Aus dem Hospital hatte sie eine Kanne mit Tee und belegte Brote geholt und zwei Gewehre einschließlich Munition mitgebracht.
    Dr. Haller setzte sich und wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht.
    »Eines wollen wir gleich feststellen, Siri«, sagte er. »Du fährst nicht mit!«
    »Ich habe den Proviant schon für zwei eingeladen und habe zwei Gewehre.« Sie goß Tee in eine große Tasse und brachte sie mit den Broten ans Bett.
    »Dann esse ich für zwei und schieße im Notfall beidhändig! Du bleibst hier!«
    »Nein, Chandra.«
    »Doch!«
    »Nein!«
    »Ich kann verstehen, daß dein Vater dich geprügelt hat! Verdammt, du bleibst bei den Kranken!«
    »Du kannst mich auch prügeln, Chandra. Aber ich fahre mit dir. Komm, iß und trink. Wir haben wenig Zeit …« Sie kniete vor dem Bett, hielt ihm die Tasse mit Tee hin und auf der kleinen flachen Hand die belegten Brote. Es war eine unterwürfige Geste, aber Haller ließ sich davon nicht täuschen. Siris Tropenanzug und die hohen Stiefel waren deutlicher als alle Worte.
    »Sag mal«, wunderte sich Haller, »woher weißt du eigentlich, was ich vorhabe?«
    »Es spricht sich herum«, antwortete sie ausweichend.
    Er aß ein Brot, blies in den Tee, damit er kälter wurde, trank ihn in kleinen Schlucken und zog sich aus.
    Siri wusch ihn, schöpfte aus zwei Holzeimern das Wasser, massierte die letzte Müdigkeit aus seinen Muskeln und trocknete ihn mit einem rauhen Handtuch ab. Haller hatte das Gefühl, seine Haut stehe in Flammen. Aber es belebte besser als eine halbe Flasche Kognak.
    »Wo ist Adripur?« fragte er.
    »Schon im Hospital. Er hilft der Deutschen.«
    »Bettina ist schon

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