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Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin

Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin

Titel: Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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bis es die Sonne teilweise verdunkelte, was mir ermöglichte, direkt in sie hineinzuschauen, ohne dabei die Augen zusammenkneifen zu müssen oder ihnen Schaden zuzufügen. Und dann erblickte ich in der gelben Lichtkugel, wie auf einen Spiegel reflektiert, etwas Herrliches: ein wundervolles Antlitz, einem menschlichen Gesicht ähnlich, das auf mich herablächelte.
    Als sich dies zum ersten Mal ereignete, ließen mich die Engel wissen, das sei die Engelskönigin. Sie verwendeten gerne Begriffe, mit denen ich als Kind etwas anfangen konnte: Sie erinnerten mich an vertraute Märchen und daran, dass die Königin wie eine Mutter war, so wie meine Mam die Königin unserer Familie war. Die Engel erklärten, das Wesen sei die Königin der Engel, die Mutter des Universums, die Mutter der Schöpfung, die Mutter aller Engel. Urplötzlich zerbarst die gelbe Lichtkugel mit dem Gesicht in Millionen winziger Teilchen, die Goldlametta gleich aus der Sonne herabfielen.
    Im Lauf der Jahre gewährten die Engel mir immer wieder das Geschenk dieses Anblicks, auch als ich bereits erwachsen war, vor allem dann, wenn ich eine Art Rückbestätigung brauchte.

    Der Umzug nach Ballymun brachte natürlich auch eine neue Schule für uns mit sich. Gemeinsam mit meinen drei Schwestern besuchte ich eine kleine staatliche Schule für Mädchen und Jungen, von unserem neuen Zuhause über eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt. Meine Schwestern nahmen den Bus, wohingegen ich in der Regel lieber zu Fuß ging. Morgens musste ich mich dabei ganz schön ranhalten, um nicht zu spät zu kommen und mir keinen Ärger einzuhandeln, doch auf dem Heimweg konnte ich mir Zeit lassen.

    Die Schule stand auf demselben Grundstück wie die in der Mitte errichtete Kirche und die jenseits davon gelegene Gemeindehalle. Das Schulgebäude umfasste nur drei Klassenzimmer, die jedoch nicht ausreichten, weshalb zwei Klassen in der Gemeindehalle einquartiert wurden. Gleich in meinem ersten Schuljahr in Ballymun hatte ich dort Unterricht. Die Schüler der beiden Klassen versammelten sich jeweils an den gegenüberliegenden Enden der Halle, eine Trennwand gab es nicht. Unser Lehrer, Mr. Jones, behandelte mich sehr schlecht, seiner Ansicht nach war ich ein Dummchen, und es passte ihm überhaupt nicht, ein Kind wie mich in seiner Klasse zu haben.
    Eines Morgens kündigten mir die Engel für diesen Tag ein schulisches Ereignis an, das mich glücklich stimmen würde. Und wie immer behielten sie Recht: Das Ereignis machte mich damals sehr glücklich und es verfehlt bis heute seine Wirkung nicht, wenn ich daran denke!
    Wir hatten Irisch-Stunde und Mr. Jones kündigte uns eine Quizfrage an, für deren richtige Beantwortung das betreffende Kind mit einer halben Krone belohnt werden sollte. Er wollte wissen, was das irische Wort crann auf Englisch bedeutete und befragte jedes Kind einzeln, wobei er auf der rechten Seite begann; mich hatte er isoliert, ich saß alleine weit links außen. Er lief durch das ganze Klassenzimmer von Schülerin zu Schüler, doch niemand konnte mit dem Wort crann etwas anfangen. Mich fragte er natürlich nicht – wie üblich. Da hockte ich nun und wusste, ich kannte die Antwort! Außer mir vor Aufregung zappelte ich in meiner Bank herum, beinahe wäre ich aufgesprungen und hätte ihm die Antwort laut entgegengerufen. Die Engel hatten alle Hände voll zu tun, um mich zu bändigen. »Bitte, ihr Engel, lasst ihn zu mir herüberschauen, bitte, macht, dass er mich fragt!« Vor lauter innerer Anspannung war ich den Tränen nahe.
    »Keine Sorge, Lorna«, kam es von den Engeln, »er wird dich fragen.«

    Mr. Jones war bestürzt über seine Schüler und wiederholte andauernd: »Na, kommt schon! Was habt ihr denn? Das ist doch nicht schwer!« Ich muss heute noch lachen, wenn ich ihn so vor mir sehe – seine Augen immer stärker geweitet und das Gesicht rot angelaufen: Er war einfach fassungslos. Dann wandte er sich an das letzte Kind vor mir, wieder ohne Ergebnis, um dann zu verkünden: »Na, so wie es aussieht, hat sich niemand die halbe Krone verdient.«
    Hosus hatte die ganze Zeit über rechts neben Mr. Jones gestanden und in meine Richtung gedeutet, was dieser natürlich nicht sehen konnte. Am liebsten hätte ich Hosus zugerufen, er solle Mr. Jones bei der Hand nehmen und ihn zu mir herüberziehen. In der Klasse war es mucksmäuschenstill, kein Kind gab auch nur einen Laut von sich. Trotz der gegenteiligen Versicherung der Engel sah es nicht danach aus, als würde

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