Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
unser Lehrer mich doch noch mit einbeziehen. Er marschierte auf sein Pult zu. Immer noch herrschte absolute Stille. Plötzlich nahmen Hosus und der Schutzengel von Mr. Jones diesen sanft am Arm, drehten ihn in meine Richtung, und während sie ihm unablässig etwas ins Ohr flüsterten, führten sie ihn auf mich zu. »Ich weiß zwar, dass es zwecklos ist«, sagte Mr. Jones, »aber ich werde dich dennoch fragen!«
Und als er es getan hatte, antwortete ich mit einer Stimme, in der Gewissheit und Glück mitschwangen: »Es heißt Baum. «
Dem Lehrer blieb der Mund offen stehen – meine Antwort war richtig! Die ganze Klasse johlte und klatschte begeistert. Nun musste er ausgerechnet mir die halbe Krone geben. Ich werde den Moment niemals vergessen, als er sie mir in die Hand legte und ich »dankeschön« sagte! Noch nie zuvor hatte ich derart viel Geld besessen – eine ganze halbe Krone.
Die meisten Kinder hatten es eilig, nach der Schule nach Hause zu kommen, doch ich ließ es lieber langsam angehen und verbrachte viel Zeit im Spiel mit den Engeln. Mein Heimweg konnte daher Stunden dauern. Ich trödelte auf der breiten Böschung der Landstraße entlang, von dort aus konnte ich über die Hecke auf der anderen Seite sehen, hatte einen freien Blick auf die Felder und das Grundstück mit dem großen Haus dort. Manchmal hüpfte ich zusammen mit den Engeln auf der Böschung herum, wir lachten miteinander und hatten eine Menge Spaß.
Gelegentlich zeigten sie mir auch etwas: Einmal ließen sie mich beispielsweise unter einem großen Grasbüschel auf der Böschung das in dem Loch darunter versteckte Wespennest sehen. Offenbar durften die Engel das Nest freilegen, denn die Wespen schienen sich nicht gestört zu fühlen und ich konnte sie in aller Ruhe beobachten, ohne Angst vor Angriffen und Stichen haben zu müssen. Später bin ich noch einmal dorthin zurückgekehrt, um nach den Wespen zu sehen, und entdeckte zu meinem Kummer, dass Erwachsene das Nest gefunden und die Wespen vergiftet hatten.
Oftmals hießen die Engel mich, das Vieh auf der Weide jenseits der Landstraße zu betrachten. Sie brachten mir bei, Dinge anders einzusehen als andere Menschen. Und so guckte ich nicht nur flüchtig auf eine Kuh, sondern studierte sie eingehend: jede feine Linie und jeden kleinen Buckel in ihrem Fell. Die Engel ließen jedes Detail aufleuchten oder weiter als normal hervortreten, so dass ich es in aller Deutlichkeit wahrnahm. Sie ermöglichten mir auch den Blick in die Augen der Tiere: Selbst wenn diese noch so weit von mir entfernt waren, konnte ich ihnen tief in die Augen sehen. Ich durfte den Blick auf Dinge werfen, die anderen Menschen auf ewig verborgen bleiben. Es war atemberaubend, denn ich konnte Licht und Energien wahrnehmen und alles, was in den Tieren und um sie herum vor sich ging. Bisweilen
schienen Lichtkugeln um die Tiere herumzutanzen, dann wieder blitzte die Energie nur in bestimmten Abständen auf.
Ich erblickte sogar Kälber im Mutterleib, und wenn ich eines nicht genau ausmachen konnte, ermunterten die Engel mich, noch sorgfältiger hinzusehen – und dann entdeckte ich es. Ehrlich gestanden, manchmal wirkte so ein Kalb wie eine formlose, zähe Masse – ein bisschen wie die Marmelade, die meine Mutter zu Hause immer kochte.
Ich war fasziniert von allem, was die Engel mir außerhalb der Schule nahebrachten – kein Wunder also, dass ich wenig Zeit auf die Ereignisse innerhalb des Klassenzimmers verwendete. Als Kind glaubte ich immer, jede Antwort der Engel auf meine Fragen voll und ganz zu verstehen; doch als ich älter wurde, entwickelte ich ein tieferes Verständnis dessen, was sie mich lehrten.
Obwohl ich ausschließlich im Rahmen der Schule mit ihr zusammenkam, war Marian damals eine meiner Freundinnen. Jedes Mal, wenn wir die Gemeindehalle verließen, um ins Schulgebäude oder in die Kirche zu gehen, hielt sie sich an meiner Seite. Selbst wenn die Lehrer sie mit einem anderen Mädchen zusammensteckten, fand sie immer Mittel und Wege, neben mir herzulaufen und mir Fragen zu stellen – sie liebte das. Dabei wunderte sie sich immer wieder, woher ich so viel wusste – aber ich konnte ihr doch schlecht mit der Wahrheit über meine »himmlischen Lehrer« kommen … Einmal, als wir auf dem Weg zur Kirche gerade den Schulhof überquerten, bat sie mich, ihr von Gott zu erzählen. Mir blieb vor Überraschung fast die Luft weg. Ich sah sie an und hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte. Schließlich druckste ich
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