Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
herum: »Die Lehrer und der Pfarrer sprechen doch zu uns von Gott, weshalb fragst du dann mich?«, und hoffte, so um eine Antwort herumzukommen. Doch sie blieb hartnäckig: »Ich will aber, dass du mir von ihm erzählst.«
Also begann ich, ihr von Gott zu erzählen. »Siehst du dort den Finken, diesen wunderschönen Finken mit seinem Federkleid in Gold, Gelb und Blau? Dieser Vogel ist wie Gott. Wirklich; schau hin und sieh, wie schön und vollkommen er ist. Du bist wie dieser Vogel, du bist schön, denn du bist wie Gott. Wenn dieser Vogel von einem Ast fällt und sich verletzt, wird er nicht den ganzen Schmerz des Aufschlags fühlen, denn Gott wird 99 Prozent davon übernehmen. Gott fühlt alles, alles, was jedem einzelnen Vogel auf der Welt passiert und mit uns ist es dasselbe – wenn etwas passiert, das uns verletzen könnte, werden wir nur einen Bruchteil davon zu spüren bekommen, weil Gott den großen Rest übernimmt und ihn von uns fernhält.«
Natürlich waren das nicht meine Worte – für derartige Weisheiten war ich damals noch viel zu jung –, Gott selbst oder die Engel haben sie mir direkt eingegeben, um Marian Gott näherzubringen.
Ich liebte unsere Kirche und war morgens oft ein bisschen spät dran, weil ich vor Unterrichtsbeginn gerne für einen Moment dort hineinschlüpfte. Die Kirche war immer leer. Ich liebe Kirchen, weil sie so voller Engel sind. Selbst wenn sich nur ein paar Leute in einer Kirche aufhalten – unter den Engeln dort herrscht immer ein geschäftiges Treiben. Den Menschen ist gar nicht bewusst, wie viele Engel in einer Kirche sind – sie preisen Gott und warten darauf, dass Gläubige kommen, um sich ihnen anzuschließen – doch nur allzu oft geschieht nichts dergleichen. Bei der Sonntagsmesse quillt so ein Gotteshaus vor lauter Engeln schier über: Neben jedem Anwesenden steht schon einmal sein Schutzengel, dazu kommen die Engel um den Priester am Altar und all jene Engel, die Gott außerdem noch herabgesandt hat. Kirchen sind Orte reiner Kraft! Manchmal bete ich für einen Menschen, den ich in einer Kirche antreffe, dessen Engel und all das Licht um sie herum ich sehen kann: »Bitte lass diesen Menschen heute die Stimme seines Engels hören
und auf irgendeine Weise mit ihm in Verbindung treten – und durch den Engel mit Gott.«
Dabei begegnet man Engeln keineswegs nur in christlichen Kirchen: Sie sind an allen heiligen Plätzen anwesend, wie z.B. in Synagogen oder auch in Moscheen. Für die Engel spielt die Religion eines Menschen keine Rolle. Mir haben sie sogar gesagt, alle Kirchen sollten unter einem Dach vereint werden. Muslime, Juden, Protestanten, Hindus, Katholiken und die Angehörigen aller anderen Glaubensrichtungen sollten sich gleichsam unter einem Schirm versammeln. Wir mögen unterschiedliche Hautfarben und unterschiedliche Religionen haben – aber alle haben wir Seelen, jeder Einzelne von uns. Und es besteht kein Unterschied zwischen der Seele eines Muslim und der eines Christen! Könnten wir gegenseitig unsere Seelen sehen, würde niemand jemals einen anderen Menschen wegen seiner unterschiedlichen Gottesauffassung töten!
Einmal ging ich mit meiner Tante in der Nähe ihres Hauses spazieren, als wir an einer Kirche vorbeikamen. Ich blickte zum Portal, denn dort sah ich zwei herrliche Engel stehen. Meine Tante rief mich jedoch zur Ordnung: »Schau nicht zu dieser Kirche hinüber!« Als ich sie daraufhin ratlos ansah, fuhr sie fort: »Das ist eine protestantische Kirche. Durchschreite ja niemals das Portal oder die Tür einer protestantischen Kirche!« Ich riskierte trotzdem einen weiteren Blick auf das Gotteshaus und die Menschen, die hineingingen – sie schienen mir nicht anders zu sein als wir selbst. Ich schenkte den Engeln am Portal ein Lächeln, als ich das nächste Mal an dieser Kirche vorbeiging. Zwar durfte ich nicht hinein, doch ich wusste, ihr Innenraum war voller Engel.
Unsere direkte Nachbarin in Ballymun war Mrs. Murtagh, eine schöne Frau mit einer Traumfigur, die aber
immer loswetterte, wenn wir auf der Mauer entlangliefen. Gelegentlich rief sie mich herüber und bat mich, kurzzeitig ihre Kinder zu hüten. Eines Nachmittags, ich war damals wohl gerade acht Jahre alt, sollte ich nach ihren Kindern sehen, während sie einen Teebesuch bei meiner Mutter machte. Als ich eben in ihr Haus gehen wollte, erschien ein Engel vor mir und sagte: »Gib sehr gut acht dort drinnen!«
Obwohl mich unmittelbar Angst überkam, betrat ich doch zögernd die
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