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Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin

Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin

Titel: Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Küche. Mrs. Murtagh schien fertig zu sein, hatte allerdings den Herd noch eingeschaltet und einen Topf darauf stehen, in dem etwas kochte. Ich fragte: »Wollen Sie den Herd anlassen?«
    »Ja«, antwortete sie, »es wird großartig werden.«
    »Würden Sie ihn nicht doch lieber ausschalten?«, hakte ich nach.
    Doch sie reagierte nicht, und sie gehörte zu der Sorte Frauen, die sehr zornig reagieren, wenn man nicht genau das tut, was sie einem sagen. In der Küche waren zwei Kinder: ein kleines Mädchen von etwa einem Jahr und ein Baby in einem riesigen Kinderwagen. Sobald Mrs. Murtagh den Raum verlassen hatte, sah ich mich gründlich um. Die Außentür der Küche war abgeschlossen und es steckte kein Schlüssel.
    Ich hatte keine Ahnung, wie es zugegangen war, doch urplötzlich war der Herd mit einem gewaltigen Zischen explodiert und alles sofort in Rauch und Flammen gehüllt. Ich weiß noch, dass ich erst nach dem älteren Mädchen griff, dann nach dem Kinderwagen und versuchte, alle durch die Tür in den Flur zu bugsieren. Doch standen der Herd und der Küchentisch zwischen Kinderwagen und Flurtür – um rauszukommen, musste ich also irgendwie an dem brennenden Herd vorbei. Der schwere, sperrige Kinderwagen ließ sich nur mühsam manövrieren. Ich schnappte mir also erst die Große, schleppte sie hinaus in den Vorgarten und schrie einem vorübergehenden Nachbarn zu, dass das Haus brenne.

    Dann raste ich wieder zurück, drinnen stand beißender schwarzer Rauch, und mich trieb der entsetzliche Gedanke, das Baby könnte daran ersticken, bevor ich es an der frischen Luft hatte. Zum Glück kam der Nachbar hinter mir her und schaffte es – Gott sei Dank! –, den Kinderwagen nach draußen zu hieven.
    Die Kinder waren in Sicherheit. Taumelnd und in Tränen aufgelöst lief ich heim. Meine Mutter und Mrs. Murtagh saßen in unserer Küche beim Tee und hatten nichts von allem mitbekommen. Weinend stieß ich hervor, dass das Haus brenne, und beide rannten hinaus in den Nachbargarten. Ich sehe noch vor mir, wie Mrs. Murtagh schluchzend und zitternd die Arme um ihre Kinder warf. Sie blickte mich an und dankte mir. Das gesamte Erdgeschoss des Hauses war schwarz, doch das Feuer war aus; der Nachbar hatte es irgendwie fertiggebracht, den Brand zu löschen.

    Die 1950er Jahre waren in und für Irland eine wirtschaftlich schwere Zeit. Die Arbeitslosigkeit war groß und zahlreiche Menschen fühlten sich deshalb zum Auswandern gezwungen. Auch meine Familie tat sich schwer, vor allem, da meine Mutter kränkelte und immer wieder ins Krankenhaus musste. In ihrer Abwesenheit wucherte der Garten jedes Mal halb zu, da mein Vater sich neben seiner Arbeit und der Fürsorge für uns nicht auch noch darum kümmern konnte. Selbst wenn wir mithalfen, hatte er noch eine Unmenge zu bewältigen, und ich machte mir deshalb oft große Sorgen. Auf dem Schulweg besprach ich unsere häusliche Misere immer mit den Engeln. Sie trösteten mich und erklärten mir, meiner Mutter werde es bald wieder besser gehen.
    Unser Vater weckte uns jeden Morgen zeitig, machte uns für die Schule fertig, wir halfen beim Frühstückmachen
und beim Herrichten der Sandwiches für mittags. Emer und ich beaufsichtigten auch unsere jüngeren Geschwister mit, erledigten den Hausputz und deckten den Abendbrottisch. Hatten wir ohnehin schon sehr wenig Geld, so kamen jetzt auch noch Paps’ Hin- und Rückfahrten zum Krankenhaus dazu. Deshalb reichte es während Mams Krankenhausaufenthalten oft nicht fürs Abendessen, wir lebten dann von Kräckern und Käse.
    Während unserer Zeit in Ballymun brachte Mam zwei weitere Kinder zur Welt: die Buben Cormac und Dillon. Nun waren wir Kinder zu siebt – und alle unter zwölf! Es war wirklich nicht einfach. Unser Vater fand Arbeit in England und ging für einige Zeit dorthin, uns schienen bis zu seiner Heimkehr Monate vergangen zu sein. Und wieder lag der Garten brach, wucherte wild vor sich hin und es gab wieder kein Gemüse. Ich erzählte den Engeln, wie sehr ich meinen Vater vermisste und wie traurig ich es fand, dass er hatte fortgehen müssen.
    Der Tag seiner unerwarteten Rückkehr wird mir immer unvergesslich bleiben: Die Engel hatten mich aufgefordert, aus dem Fenster zu schauen, und da sah ich ihn auf das Haus zueilen. Er trug Mantel und Hut, in der Hand seinen Koffer. Als ich ihn so betrachtete, fiel mir auf, wie gut mein Vater aussah. Es war, als hätte ich erwartet, ihn deutlich gealtert zu sehen, beträchtlich älter jedenfalls

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