Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
war glücklich für meinen Sperber – nun war er vollkommen und stieg adlergleich in die Lüfte – und im selben Moment war mir bewusst, wie entsetzlich er mir fehlen würde.
Mein Vater kam angerannt, vor Schreck ganz außer sich: »Oh, Lorna, es tut mir entsetzlich leid, ich weiß, dass du den Vogel nicht so hoch fliegen lassen wolltest, ich weiß, dass du meintest, er sollte das nicht.«
»Das ist schon in Ordnung, wirklich«, gab ich zurück. Mein Vater war tief betroffen, völlig zerknirscht, er fühlte
sich schuldig, doch konnte ich ihn nicht trösten, denn ich durfte ihm ja den Hintergrund der Geschichte nicht offenlegen und ihm dadurch zeigen, dass ihn keine Schuld traf.
Michael hatte mir das unmissverständlich klargemacht: »Du darfst es ihm niemals erzählen. Bei dir ist das etwas anderes, Lorna, aber dein Vater sieht nur den toten Vogelkörper auf der Erde liegen. Er würde es nicht verstehen. Du weißt doch, wie schwer es für die Menschen ist, Gott in seinem wahren Wesen zu begreifen?«
Ich bettelte: »Aber Paps ist fix und fertig, Michael!«
»Nein, du darfst es ihm nicht sagen,« kam es unerbittlich zurück, »eines Tages wirst du ihm einiges von dem erzählen, was du weißt, aber noch nicht jetzt. Mach dir keine Sorgen, Kleines.« Michael nannte mich immer ›Kleines‹, wenn er mich beschwichtigen wollte.
Mein Vater und ich sprachen nie wieder über den Verlust des Sperbers, doch ich glaube, er fühlte sich noch lange Zeit dafür verantwortlich.
Eines sonnigen Tages war ich wieder auf der Landstraße vom »leeren Haus« zu meiner Oma unterwegs und lächelte vor mich hin. Ich fühlte mich sehr stark und zuversichtlich, weil ich wusste, dass jemand ganz Besonderes in der Nähe war. Meine Engel hatten mir bedeutet, die Landstraße zu verlassen und den Weg durch die Felder einzuschlagen. Ich kletterte über ein Tor und stapfte durch das hohe Gras, als Er mir durch die Haare fuhr.
Er besitzt eine ganz außergewöhnliche Präsenz, zu machtvoll für eine physische Manifestation. Seine Anwesenheit teilt sich mir anders mit – als starkes, wirbelndes Kraftfeld um mich herum. Seine Angewohnheit, mir durch die Haare zu fahren, lässt meine Kopfhaut kribbeln. In Seiner Nähe fühle ich mich ganz besonders und ganz besonders wohl.
Als Kind wusste ich nicht, wer oder was Er war, ich wusste nur, Er musste ein Wesen völlig anderer Art sein.
»Du bist hier«, sagte ich mit glücklichem Lachen.
»Ich lasse dich niemals alleine«, gab Er zurück, »ich bin immer bei dir. Weißt du das denn nicht? Spürst du das denn nicht? Ich fahre dir doch so oft durch die Haare. Warum versteckst du dich vor mir?«
Er hatte recht. Ich versteckte mich tatsächlich manchmal vor Ihm – und daran hat sich bis heute nichts geändert: Er ist einfach zu groß und zu mächtig. Ich weiß noch, dass ich mich umdrehte und Seine kraftvolle Präsenz zu meiner Linken wahrnahm und wie Er sich neben mir bewegte. »Weil du so viel größer bist als ich und ich überhaupt noch so klein bin«, antwortete ich.
Lachend sagte Er: »Lorna, versteck dich in Zukunft nicht mehr. Komm, lass uns einen Spaziergang machen; ich werde dir die Angst vor dem nehmen, was du in diesem Leben für mich tun sollst.«
Wir gingen weiter bis zum Waldrand. Auf einer Lichtung mit Blick über den See stand ein altes Landhaus, ein Chalet, ganz aus Holz. Wir ließen uns davor in der Sonne nieder, um miteinander zu sprechen.
»Du weißt also, dass ich Angst habe,« begann ich.
»Du brauchst aber wirklich keine Angst zu haben, Lorna. Ich werde nicht zulassen, dass dir irgendein Leid geschieht. Die Menschen und vor allem ihre Seelen brauchen dich, so wie ich sie brauche.«
»Warum gerade ich?«, fragte ich unter Tränen.
»Und warum gerade du nicht?«, gab Er zurück, »du bist zwar noch ein Kind, aber du weißt mehr als die meisten Menschen hier auf dieser Welt. Du bist mein ›Engel in Menschengestalt‹, deine Aufgabe ist es, anderen Menschen und ihren Seelen beizustehen. Lass deinen Tränen ruhig freien Lauf, mein Kleines, mein Liebesvogel.«
Ich sah Ihn an. »Weshalb nennst du mich deinen ›Liebesvogel‹? «, wollte ich wissen.
»Weil du Liebe in dir trägst, genau wie dein kleiner Sperber. Du hast eine reine Seele; deshalb bist du mein kleiner Liebesvogel, den ich brauche und andere auch.«
»Aber du musst doch wissen, dass ich nicht gerne anders bin als die anderen Kinder«, weinte ich weiter.
Er wischte mir die Tränen ab. »Lorna, du weißt,
Weitere Kostenlose Bücher