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Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin

Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin

Titel: Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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ausreichend hatten ernähren können. Während dieser Worte fühlte ich ihre große Trauer, eine zentnerschwere Last auf ihrer Seele. Ihre kleine Tochter Marie hatte eine Geschwulst am Kehlkopf gehabt und Großvater war mit ihr auf dem Rad mehr als 30 Kilometer von ihrem Wohnort Wicklow ins Krankenhaus nach Dublin gefahren – doch seine gewaltige Anstrengung war vergeblich gewesen und das kleine Mädchen gestorben, bevor die Ärzte es operieren konnten. Sie erzählte weiter, beim Betrachten meines gut aussehenden, dunkelhaarigen Vaters frage sie sich jedes Mal, wie ihr Tommy als erwachsener Mann wohl ausgesehen hätte, und genauso ergehe es ihr mit ihrer kleinen Marie im Hinblick auf mich und meine Schwestern. »Ich weiß, eines Tages werde ich meine Kinder wieder in den Armen halten, und ich kann den Moment kaum erwarten«, fuhr sie
fort. Ich konnte ihren tiefen Schmerz nachempfinden, den Schmerz darüber, was ihr und ihren Kindern geschehen war.
    Und dann sagte sie völlig unvermittelt zu mir: »Du weißt, Lorna, dass du keine Angst zu haben brauchst. Geistwesen können dich in keiner Weise kränken oder dir wehtun. Und wenn du dich fürchtest, brauchst du nur zu beten, ein paar Worte reichen völlig aus, vielleicht einfach: »Jesus und Maria, ich liebe euch. Rettet die Seelen. « Dann lächelte sie mich an und kam nie mehr auf dieses Thema zurück. Dabei hätte ich ihr liebend gerne mitgeteilt, was ich sah – um Schmerz und Freude, die ich fühlte, mit ihr zu teilen, und sie gefragt, was sie ihrerseits sah und empfand, doch hatten mir die Engel erklärt, das sei nicht erlaubt. In einem Punkt war ich mir aber immer sicher: Meine Großmutter hat verstanden, dass ich mehr sah von dieser Welt als die meisten Menschen, obwohl sie nie ein Wort darüber verlor. Sie erhob sich vom Bett, erledigte die restlichen Putzarbeiten und verließ dann den Raum. Ich folgte ihr und schloss die Tür. Meine Oma ging in die Küche, ich ins Badezimmer, wo ich betete: »Lieber Gott, ich danke dir und den Engeln. Bitte hilf meiner Großmutter, sie ist traurig und leidet so sehr.«
    An einem strahlend sonnigen Nachmittag, der Sommer war schon fortgeschritten, erfuhr ich mehr über das Schicksal der kleinen Marie. Mein Großvater hatte sein Auto in einer der Remisen stehen und als ich bei ihm hereinschaute, war er gerade dabei, es zu polieren. Er schickte mich in die Küche nach einer Tasse Tee. Bei meiner Rückkehr sollte ich mich zu ihm in den Hof setzen. Wir saßen nebeneinander und sahen den hin- und herfliegenden Schwalben zu, die Futter für ihre Jungen im Schnabel trugen. Die Situation war höchst ungewöhnlich, denn bislang hatte ich nur an unserem Ankunftstag mit ihm gesprochen, als ich ihm half, das aus dem Nest gefallene Schwalbenjunge zu füttern. Doch diesmal war
es anders. Ich fragte die Engel: »Was wird denn das hier?«
    »Hör ihm einfach nur zu«, antworteten sie, »er möchte dir von Marie erzählen und wie es war, als er sie ins Krankenhaus gebracht hat.«
    Und kurz darauf schilderte er mir den damaligen Tag:
    »Es war kühl, doch die Sonne schien. Deine Großmutter machte Marie reisefertig, es ging ihr nicht gut und wir wussten, dass sie dringend ins Krankenhaus musste. Meine Hände zitterten, als ich das Fahrrad herrichtete, denn ich wusste, dass es die volle Strecke von über 30 Kilometern nicht durchhalten würde, doch ich sah keine andere Möglichkeit, nach Dublin zu kommen. Rundherum gab es niemanden, der hätte helfen können, niemanden mit Pferd und Wagen, niemanden, der die Fahrt mit mir gemeinsam hätte unternehmen können.«
    An dieser Stelle lächelte er mir zu: »Lorna, du bist der erste Mensch, dem ich je davon erzählt habe.«
    Er fuhr fort: »Ich packte eine Tasche mit belegten Broten, einem Apfel und einer Flasche Wasser auf den Gepäckträger. Ich hatte große Angst, Marie könnte unterwegs sterben. Ich umarmte deine Oma, sie war in Tränen aufgelöst, weil sie mich nicht begleiten konnte – aber sie musste sich doch um deinen Vater und deinen Onkel kümmern, die damals beide noch sehr klein waren. Ich nahm ihr Marie ab und trug sie hinüber zum Fahrrad. Ich setzte sie auf die Stange und hielt sie fest an meine Brust gedrückt und fuhr los. Ich konnte mich nicht einmal mehr nach deiner Großmutter umdrehen, um ihr ›Auf Wiedersehen‹ zu sagen. Es war eine schwierige Fahrt, ich hatte Marie in meinen Armen und dann auch noch das Holzbein – ich schlitterte mehr auf dem Boden lang, als dass ich

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