Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
Schutzengelfrau stand mit breitem Lächeln hinter der Marktfrau – endlich hatte sie Gehör gefunden.
Seither bin ich noch oft in der Moore Street gewesen, auch als Erwachsene, doch ist sie niemals mehr so zum Leben erwacht wie an jenem Samstag. Zugleich ist mir aber klar, das muss nichts bedeuten, denn die Tatsache, dass ich es nicht sehe, heißt noch lange nicht, dass es nicht stattfindet. Die Engel wissen sehr wohl, dass sie mich nicht alle Ereignisse zu jeder Zeit an jedem Ort sehen lassen dürfen, das würde entschieden zu viel für mich sein und es mir unmöglich machen, mein Alltagsdasein zu bewältigen – ich wäre viel zu sehr abgelenkt.
Die Engel lehrten mich auch eine Menge darüber, dass Menschen eine Wahl haben, dass es nie zu spät ist, seine Meinung zu ändern und eine Entscheidung zu korrigieren. Sie zeigten mir auch, wie sehr sie uns dabei unterstützen können, die richtige Wahl zu treffen – wir brauchen ihnen nur zuzuhören. Mein Unterricht in dieser Angelegenheit ergab sich eines Nachmittags, und das kam so: Ich unternahm sehr gerne Botengänge für meine Mutter, denn dabei war ich alleine und konnte mich ungestört mit den Engeln unterhalten. Ich liebte es, mit ihnen herumzuspringen, aber auch Vögel und Bäume zu betrachten. An diesem speziellen Nachmittag war ich schon auf halbem Weg zu den Läden, als die Engel mich stoppten und sagten: »Halt, Lorna! Wir wollen dir etwas zeigen, das in einer anderen Straße vor sich geht, weil wir dir daran einiges erklären können. Anstatt dich auf
dem Weg zur Hauptstraße nach links den Geschäften zuzuwenden und dann die Straße zu überqueren, geh rechts und dann weiter geradeaus.«
Ich hielt mich exakt an diese Vorgabe und im Näherkommen konnte ich einen Berg Möbel auf dem Bürgersteig erkennen und einen Polizeiwagen, um den sich Schaulustige versammelt hatten. Ein alter Mann kam aus seinem Hauseingang, er ging am Stock. Sein gesamtes Hab und Gut lag auf der Straße. Ich war tief bestürzt – der Anblick ist mir unvergesslich geblieben.
»Ihr Engel«, fragte ich, »was ist dem armen Mann passiert? «
Ich war gegenüber auf dem Trottoir stehen geblieben und beobachtete den Fortgang des Geschehens von der anderen Straßenseite aus. Die Engel erzählten mir die Geschichte: »Lorna, der alte Mann hat sein ganzes Leben in diesem Haus verbracht. Es gehört ihm, doch mit zunehmendem Alter wurde er starrsinnig und weigerte sich, seine Steuern zu bezahlen. Er hatte die Wahl: Er hätte die Steuern bezahlen können – es fehlt ihm nicht an Geld – und nichts von alledem wäre geschehen. Hätte er mit seiner Familie Kontakt aufgenommen, so hätte sie ihn sicher dabei unterstützt, die richtige Entscheidung zu treffen. Aber aus lauter Sturheit redet er nicht mit seinen Leuten. Und jetzt steht er ganz alleine da.«
Ich wollte von den Engeln wissen, wer die Frau war, die mit dem alten Mann zu sprechen versuchte. Ob sie seine Tochter war und ob er ihr zuhören würde. Ihre Antwort lautete: »Lorna, wie du siehst, flüstern die Engel ihm gerade etwas ins Ohr. Und er hört ihnen zu! Schau, jetzt weint er. Er lässt sich von seiner Tochter am Arm nehmen. Von nun an wird er die richtigen Entscheidungen fällen. Dazu ist es nie zu spät, wir müssen nur bereit sein, hinzuhören.«
»Ich verstehe«, gab ich zurück, »werdet ihr Engel mir immer dabei helfen, die richtige Wahl zu treffen?«
Und sie versprachen mir: »Ja, Lorna, das werden wir.«
Manche Ereignisse scheinen auch nur tragisch zu sein. So jedenfalls verhielt es sich mit Vaters Unfall.
Er arbeitete als Fahrer für eine große Benzin-Gesellschaft und lieferte Paraffin aus. Dann kam es zu dem Unfall. Daraufhin bot die Firma ihm eine finanzielle Entschädigung an, aber er lehnte ab: Er wollte kein Geld, sondern eine Festanstellung. Zu guter Letzt gab die Firma nach und übertrug meinem Vater die Leitung einer Tankstelle am Stadtrand von Dublin. Vor die Wahl gestellt, hatte mein Vater die richtige Entscheidung getroffen, und zweifellos waren die Engel daran beteiligt gewesen. Das feste Einkommen sorgte für eine gewisse finanzielle Stabilität und versetzte meine Eltern in die Lage, endlich die Anzahlung für ein eigenes Haus leisten zu können.
Vaters Unfall war also ein verkappter Segen. Bisweilen müssen schlimme Dinge passieren, damit die Menschen sich selbst und bestimmte Dinge in ihrem Leben ändern können. Wunder geschehen andauernd. Sie werden bloß nicht als solche wahrgenommen.
KAPITEL
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