Engel mit Biss
muss. Er kann ja nicht alles Paul überlassen. Außerdem hatte ich Luc versprochen, ihm die Stadt zu zeigen. Die anderen hatten keine Lust mitzukommen.“
„Was spielen Sie denn so für Rollen, Luc“ wollte meine Mutter wissen.
„Seit zwei Jahren spiele ich in einer Serie einen Vampir. Sie müssen es sich einmal ansehen, es ist ziemlich spannend. Im Moment läuft die Serie auch hier in England, ich glaube immer dienstags.“
„Oh, einen Vampir, das ist doch bestimmt ziemlich gruselig, so etwas schaue ich nicht so gerne.“ Meine Mutter klang etwas entsetzt.
„Ach Mum, so schlimm ist es gar nicht, schau es dir einfach mal an.“
„Aber nicht, dass sie wieder die ganze Nacht wachliegt und mir auf die Nerven geht. Sie hört dann überall Geräusche, wie letzte Woche, als wir den Film mit dem Dinosaurier gesehen haben“, lachte mein Vater.
„Ach dein Vater übertreibt mal wieder“, sagte meine Mutter sichtlich verärgert. „Ich werde mir die nächste Folge mal ansehen. Und dann sehe ich ja, ob es mir gefällt.“
„Vampire“, schnaufte mein Vater verächtlich „so ein Schwachsinn. Nichts für ungut Luc, aber wer glaubt denn so etwas Lächerliches?“
Ich sah Luc an, der sich beherrschen musste, um nicht laut loszulachen. Er dachte, wenn mein Vater wüsste, dass ein waschechter Vampir an seinem Tisch sitzt; und dazu noch mit seiner Tochter, die ebenfalls einer ist. Jetzt musste ich auch grinsen.
„Ihr macht euch wohl über uns alte Leute lustig was“ fragte mein Vater misstrauisch.
„Auf gar keinen Fall“, sagte Luc schnell. „Nora und ich mussten wohl nur gerade beide das Gleiche denken. Sie war bei den Dreharbeiten schon öfter dabei, und das war ziemlich lustig“, rettete er schnell die Situation. Und mein Vater schien beruhigt.
Gegen Mittag verabschiedeten wir uns, und fuhren zurück in die Stadt. Pünktlich um dreizehn Uhr betraten wir Maggis Café. Die anderen waren schon da. Ich steuerte mit Luc auf unseren Stammtisch zu, und genoss die Blicke der Leute.
„Hallo ihr Lieben, schön euch zu sehen“, sagte ich enthusiastisch: „Darf ich euch Luc Stanton vorstellen, er ist zur Zeit zu Besuch bei uns. Denise hat ihn ja schon kennen gelernt.“ Luc gab jedem die Hand und wir setzten uns. Am besten waren Kims Blicke; und ihre Gedanken erst!
Sie kannte Luc natürlich. Weil sie die Serie liebte, und weil sie Luc liebte. Wie viele andere tausende Frauen auch. Wie gerne würde sie mal von mir eingeladen werden, traute sich aber nicht zu fragen. Die anderen waren auch ganz begeistert; und Luc musste erst mal Autogramme verteilen und über seine Arbeit erzählen. Der Nachmittag wurde für mich und mein Ego zum vollen Erfolg. Als alle wieder an die Arbeit mussten, versprach ich, dass ich, bevor wir abreisen, noch eine Party geben werde. Ich würde sie noch benachrichtigen. Da war die Freude natürlich groß.
„Ich hoffe du bist einverstanden wegen der Party, und fühlst dich nicht zu sehr von mir benutzt.“ Bittend sah ich Luc an und sagte: „Ich mache es auch wieder gut.“
„Oh, da hast du aber eine Menge gutzumachen, ich habe mich wie ein Wertgegenstand gefühlt, der an den Meistbietenden versteigert werden soll.“ Er machte ein gequältes Gesicht. Aber ich sah das Lächeln in seinen Augen und wusste, er übertreibt ein wenig, damit die Wiedergutmachung höher ausfällt. Aber er hatte es sich verdient.
Auf dem Rückweg fuhr ich in ein Waldstück. Im Wagen lag eine Decke und wir suchten uns ein lauschiges Plätzchen, wo ich ihm das gab, was er sich erhofft hatte; und noch ein bisschen mehr. Als er völlig atemlos neben mir lag, wirkte er erschöpft, aber überaus glücklich.
„Also wenn deine Wiedergutmachung immer so ausfällt, können wir uns jeden Tag mit deinen Freunden treffen.“
Er grinste mich frech an und schmiegte sich an mich.
„Jetzt wollen wir aber mal nicht übertreiben. Denke daran, es ist nie ungefährlich für dich.“ Auch diesmal konnte ich mich kaum beherrschen und musste all meine Willenskraft aufbringen, um ihn nicht restlos auszusaugen. Ich glaube nicht, dass er auch nur im Geringsten ahnte, wie nahe er jedes Mal dem Tode stand. Vielleicht auch besser so.
Es war schon später Nachmittag, als wir zurück nach Hause fuhren.
Nur Paul und Erica waren zu sehen, die anderen waren alle unterwegs, hätte ich mir ja denken können.
„Wie lange sind denn die Drei schon unterwegs?“
„Ich weiß nicht“, antwortete Paul mir „wir sind ja auch erst vor
Weitere Kostenlose Bücher