Engel mit Biss
sein wird. „Viel Zeit haben wir nicht mehr, vielleicht ein Jahr“, sagte Yago.
Mein Gott schon so bald, es müsste schon ein Wunder geschehen, dass sich die Menschen bis dahin zu ihren Vorteil ändern.
„Ich verstehe aber immer noch nicht, was das mit den Kindern zu tun hat, weil du doch sagtest, man müsste sie wegbringen, wohin denn?“
„Zum Mars“, sagte Aurora „wir haben dort ein zweites Atlantis gebaut und es sind schon eine Menge Menschen dort. Aber wir bringen nur Kinder dorthin, sie sind noch unverdorben und können geformt werden. Sie wachsen dort nach unseren Prinzipien und Gesetzen auf; und das schon seit zwanzig Jahren. Nachdem die Erde sich nach dem geplanten Unglück wieder erholt hat, wird sie wieder bevölkert. Wir werden eine neue Welt aufbauen, es wird alles unter unserer Kontrolle bleiben.“
„Also keinen freien Willen mehr“, fragte ich.
„Nein, kein freier Wille, aber dafür ewiger Frieden“, sagte Yago.
Vielleicht war es ja das Beste so, dachte ich mir, anscheinend schaffen es die Menschen ja wirklich nicht mit einem freien Willen vernünftig umzugehen, jedenfalls die meisten.
„Wie bringt ihr denn die Kinder dorthin? Habt ihr Raumschiffe?“
„Du weißt doch, dass wir keine Raumschiffe brauchen. Wir sind Licht und so reisen wir auch. Und in unserem Cocon aus Licht können wir auch jemanden mitnehmen“, sagte Yago.
Ach ja richtig, ich musste an unsere Reise ins Weltall denken.
„Aber der Mars ist doch nicht euer Heimatplanet, oder?“
„Nein, unser Heimatplanet ist viele Lichtjahre entfernt.“
„Was ist denn geplant, um die Menschheit auf der Erde auszulöschen?“
„Das ist noch nicht entschieden, wir schwanken noch zwischen Sintflut oder Eiszeit“, sagte Yago.
Mein Gott, das würde garantiert niemand überleben, viele Menschen würden qualvoll sterben, entweder ertrinken oder erfrieren. Ich musste an meine Familie und an meine Freunde denken. Wie ahnungslos sie alle waren. Aurora sah meine Bedenken.
„Du kannst bei den Menschen die du liebst etwas unternehmen, damit sie nicht leiden müssen, damit sie das Ende nicht mitbekommen.“
Yago fasste ihre Arm „nicht Aurora, das solltest du Nora nicht vorschlagen.“
„Doch sie muss es wissen, dass es diese Möglichkeit gibt“, erwiderte sie.
„Was für eine Möglichkeit, sag es mir bitte.“ Konnte ich meine Lieben doch noch retten? „Siehst du, jetzt macht sie sich wieder Hoffnungen“, bestätigte Yago seine Warnung.
„Ich muss dich enttäuschen Nora, du kannst deine Lieben nicht retten, aber du kannst etwas unternehmen, dass sie das schreckliche Unglück nicht mitbekommen. Nur ein paar Tropfen, und sie schlafen friedlich ein und bekommen das ganze Elend nicht mit.“ Aurora sagte das, als wäre es eine Erlösung und kein Mord.
„So etwas könnte ich niemals tun“, sagte ich voller Überzeugung.
„Über diese Dinge können wir nachdenken wenn es so weit ist“, warf Yago ein „jetzt lasst uns erst einmal überlegen, was wir wegen der Kinder machen. Eigentlich sind sie ja schon zu alt für den Mars.“
„Wieso zu alt“ wollte ich wissen.
„Wir bringen nur Kinder bis höchstens drei Jahren dorthin. Sie wachsen dann auf und kennen nur diese Welt, das ist einfacher und sie sind noch rein und unverdorben“, sagte Aurora.
Tiziano nickte bestätigend „wir sollten die Kinder nicht dorthin bringen, das würde nur Unruhe geben. Sie könnten den anderen irgendwelche Flausen in den Kopf setzen. Wascht der Tante den Kopf und schenkt den Kindern noch eine schöne Zeit, mehr könnt ihr nicht tun.“
„Merken die Eltern der Kinder nicht, wenn sie so einfach verschwunden sind“ wollte ich wissen. „Nein“ sagte Yago „meist nehmen wir nur Kinder aus Kriegs- und Katastrophengebieten. Dort sterben täglich Hunderte, wir retten somit ihr Leben.“
„Also gut“ seufzte ich „lass uns die Tante umpolen und den Kindern den Rest ihres Lebens eine schöne Zeit geben.“
Yago nickte ergeben, froh darüber, dass ich so schnell nachgab.
Als es so langsam hell wurde, zogen sich Aurora und Tiziano zurück. Sie wünschten uns einen schönen Tag und viel Erfolg mit den Kindern und ihrer Tante. Yago und ich gingen erst mal auf unser Zimmer, wo er mich gleich in den Arm nehmen wollte. Aber ich musste erst einmal über unsere Unterhaltung nachdenken und hatte noch so viele Fragen.
Ich schob ihn sanft von mir und setzte mich aufs Bett. „Weißt du, auf der einen Seite kann ich ja verstehen, dass
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