Engel mit Biss
vom Wasser auf die Stadt war ein ganz anderer, als wenn man durch die Gassen läuft. Jetzt wirkte die Stadt, wie sie immer in den Filmen zu sehen war, viel attraktiver. Nach einer Stunde ließen wir uns wieder absetzen, ich wollte noch ein wenig durch die Geschäfte streifen und ein paar Souvenirs kaufen.
„Geh du mal mit Marco einkaufen, ich erledige noch ein paar andere Sachen“, sagte Yago und entschwand in der Menge. Ich wusste, er würde sich jetzt um die Tante kümmern.
„Wie wäre es, wenn wir erst mal ein Restaurant suchen, wo du etwas Leckeres zu Essen bekommst?“ An Marcos strahlendem Gesicht sah ich, dass er einverstanden war. Wir fanden auch schnell das Passende. Er bestellte sich Spaghetti und als zweiten Gang gebratene Fleischscheiben mit Paprika, dazu eine große Cola, die bekam er sonst nie. Ich bestellte mir ein Wasser und einen Espresso. Marco wunderte sich zwar, dass ich nichts zu essen bestellte, sagte aber nichts. Zum Nachtisch verdrückte er noch ein Eis. Wenn man ihn so beim Essen beobachtete, wie gut es ihm schmeckte, bedauerte ich fast, dass ich nichts mehr zu mir nehmen konnte.
Dann gingen wir einkaufen, dabei erstanden wir auch ein paar neue Sachen für Marco. Er bestand aber darauf, dass wir auch für seine Schwester etwas kauften, die Größe wusste er ganz genau. Er hatte schon Sachen für sie gestohlen, die wollte sie aber nicht, und er musste alles zurückbringen. Deshalb freute es ihn heute ganz besonders, ihr ganz offiziell was mitbringen zu dürfen und mir machte es Freude für die beiden einzukaufen.
Mit mehreren Tüten beladen machten wir uns auf den Weg zu seiner Tante. Ich hoffte, Yago hatte schon alles erledigt und Tante Lucia würde uns nett und freundlich empfangen. Als wir um die Ecke bogen saßen Yago und Tante Lucia vor dem Haus, jeder ein Gläschen Wein in der Hand. Aha, dachte ich, man hat Frieden geschlossen. Zwar nicht freiwillig, aber das wusste sie ja nicht.
Auf der Treppe saß ihr Mann und grinste über beide Backen, auch er hatte ein Glas in der Hand. Die Nachbarin schaute aus der Tür und konnte es kaum glauben.
„Marco Schatz, komm her und setz dich zu uns, was hast du denn so gemacht“? flötete die Tante euphorisch. Marco sah sie an als wäre sie von einem anderen Stern.
„Äh, Nora war mit mir einkaufen, wir haben auch etwas für Anna mitgebracht“, stotterte er verlegen, noch immer nicht sicher, ob das alles nur ein Traum war.
„Das ist ja wunderbar, vielen Dank. Wissen Sie, wir haben ja nicht so viel Geld und können den Kindern kaum etwas bieten, aber wir tun unser Bestes. Anna, Kind komm doch mal raus, die nette Dame hat dir etwas mitgebracht.“
Alle waren über die Verwandlung von Lucia völlig perplex. Da hatte Yago wirklich alles gegeben, anscheinend hatte er ihr gleich das ganze Gehirn ausgewechselt.
„Wie haben Sie das bloß gemacht“, wollte die Nachbarin wissen.
„Die ist ja gar nicht mehr wieder zu erkennen, ist ja richtig unheimlich, ist da Hexerei im Spiel?“ Schnell bekreuzigte sie sich.
Yago stand auf und nahm sie zur Seite „das hat mit Hexerei nichts zu tun, nur mit Hypnose, ich bin da richtig gut drin. Ich habe ihr einfach suggeriert, dass sie ein liebenswerter, netter Mensch ist, der dem Anderen nur Gutes tun will. Also machen Sie sich in nächster Zeit auf einiges gefasst.“
Staunend und mit wirklicher Hochachtung sah die junge Frau Yago an.
„Ich hätte niemals gedacht, dass so etwas funktioniert, könnte man das nicht mit allen schlechten Menschen machen?“
Sie sprach aus, was ich gerade dachte, das wäre doch die Lösung des Problems.
„Im Prinzip schon, aber da würde ich ja hunderte von Jahren brauchen, bis ich alle Menschen umgepolt hätte“, erwiderte Yago und nahm mir den Wind aus den Segeln.
„Ach ja, schade, ich wüsste da noch so einige. Aber ich bin ja schon froh, dass es Marco und Anna jetzt besser gehen wird. Natürlich auch Franco, ihren Mann“, mit großen Augen himmelte sie Yago an. Jetzt reichte es aber langsam.
Nach einer weiteren Stunde und Staunen aus der Nachbarschaft, verabschiedeten wir uns von der illustren Gesellschaft. Versprachen aber, bald mal wieder zu kommen.
Marco war sehr traurig, er nahm Yago an die Hand und zog ihn etwas zur Seite, so dass die anderen nicht mitbekamen was er sagte.
„Du brauchst mir nicht zu sagen wer ihr seid, ich weiß es auch so, ihr seid Engel, nicht wahr?“ „Ja Marco, du darfst es aber niemanden sagen, versprichst du mir
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