Engel mit Biss
nicht schon genug davon?“ Anna sah ihren Bruder flehentlich an.
„Geh Marco“, sagte die Nachbarin „deine Schwester hat recht.“
„Okay, Sie hören ja, ich muss jetzt rein, tut mir leid. Ich hätte Ihnen gerne noch mehr von Venedig gezeigt, aber vielleicht morgen?“
Hoffnungsvoll blickte er uns an.
„Ja klar“, ich tätschelte seinen Kopf „wir treffen uns wieder am Markusplatz, an dem Restaurant, sagen wir um zehn?“
„Zehn ist perfekt, dann bis morgen“… und schon war er in der Tür verschwunden.
„Es ist wirklich ein Kreuz, was diese Kinder mit ihrer Tante durchmachen müssen. Als wären sie nicht schon genug damit gestraft, dass ihre Eltern tot sind.“ Ein tiefer Seufzer entfuhr der Nachbarin.
„Wir werden uns darum kümmern, versprochen“, sagte ich zu ihr.
Skeptisch sah sie erst mich und dann Yago an, sie stutzte, erst jetzt fiel ihr auf, was da überhaupt für ein Mann vor ihr stand. Röte stieg ihr vor Verlegenheit ins Gesicht, ihr wurde bewusst, was für einen Eindruck sie in ihrer ärmlichen Kleidung auf ihn machen musste. Ihre Gedanken waren eindeutig, sie hätte gerne einen guten Eindruck auf ihn gemacht. Er gefiel ihr, sehr sogar. Ich sah wie Yago grinste, fand ich gar nicht lustig.
Na, tadelte er mich im Gedanken, du wirst doch nicht etwas eifersüchtig sein.
Quatsch, dachte ich, aber sie muss es ja nicht gleich so offensichtlich denken, schließlich stehe ich hier neben dir.
Woher soll sie denn wissen, dass du ihre Gedanken lesen kannst?
Er hatte mal wieder Recht, schließlich waren die Gedanken ja frei, außer einer von uns war in der Nähe.
„Ist ja lieb, dass Sie sich darum kümmern wollen“, riss mich die Nachbarin aus meinen Gedanken „aber glauben Sie mir, bei Lucia beißen Sie sich die Zähne aus.“
„Oh, das können meine Zähne ab, ich hatte schon weitaus härtere Brocken, lassen Sie uns mal machen. Lucia wird ein Engel sein, wenn wir mit ihr fertig sind“, sagte ich drohend. Daraufhin bekam ich nur verschüchterte Blicke und ein ungläubiges Kopfschütteln, bevor sie wieder ins Haus ging. Anscheinend wollte sie Yago doch nicht weiter anschmachten, nachdem sie festgestellt hat, wie ich drauf war.
„Du gönnst mir aber auch gar nichts“, lachte er und wir gingen zurück zum Palazzo.
Durch die ganze Aktion mit dem Jungen, war der Nachmittag schnell vergangen. Yago zeigte mir auf dem Weg zurück noch einige Sehenswürdigkeiten, ich musste natürlich auch in das eine oder andere Geschäft reinschauen. Das mit der Gondelfahrt würden wir auf später verschieben. Jetzt bereiteten wir uns erst mal auf den Abend vor.
Endlich lernte ich auch die Gefährtin von Tiziano kennen. Sie war eine Schönheit von besonderem Ausmaß, pechschwarzes Haar floss in weichen Wellen bis auf die Hüften. ihre smaragdgrünen Augen hatten einen goldenen Schimmer, ihre Haut war wie poliertes Elfenbein, ihre Lippen blutrot. So könnte man sich Schneewittchen vorstellen, diese Rolle wäre ihr wie auf den Leib geschrieben.
Sie lächelte, als sie meine Gedanken sah. Das war mir jetzt ein wenig peinlich.
„Hallo Nora, hallo Yago“, strahlend kam sie auf uns zu „ich freue mich, dass ihr den Weg auch mal zu uns gefunden habt. Ich war ja schon so gespannt, wie Yagos Gefährtin wohl sein würde. Ich muss sagen, ich bin positiv überrascht, du wirkst schon so abgeklärt auf mich, als wärst du schon mindestens hundert Jahre ein Vampir. Meinen Glückwunsch zu so einer Frau Yago.“
„Danke Aurora, ich freue mich auch dich wieder zu sehen, zur Jahreswende wart ihr ja nicht da“, sagte Yago.
„Du weißt doch, dass man Tiziano schwer aus dem Haus bekommt, es ist immer das Gleiche mit ihm. Er will sich den modernen Zeiten einfach nicht anpassen.“ Sie schaute ihren Mann amüsiert an.
„Ja rede du nur, ich bin nun mal wie ich bin und das wird auch immer so bleiben, du hast es dir ja so ausgesucht“, nörgelte er.
„Macht mir ja auch nichts aus, ich habe trotzdem meinen Spaß. Reise ich halt alleine um die Welt, man lernt ja immer nette Männer kennen, nicht wahr Nora?“ Sie erwartete, dass ich ihr zustimmte.
„Ja mit Männer kennen zu lernen, haben wir kein Problem“, sagte ich deshalb schnell.
Tiziano lachte „was ist ein Sterblicher schon im Vergleich mit einem Vampir, ist ja lächerlich.“ Da stimmte Yago ihm natürlich sofort zu.
Im Nu waren sich beide darüber einig, dass ein Sterblicher niemals Konkurrenz für sie wäre. Leider mussten wir ihnen da Recht
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