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Engel sterben

Engel sterben

Titel: Engel sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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unterhalb des grotesk wirkenden Engelsflügels, der Kopf und Schultern der Toten fast vollständig bedeckt. Auch die Federn sind blutbenetzt, allerdings nur an ihren Spitzen, die zusätzlich zum Blut mit einem feinen Goldstaub überzogen scheinen.
    Sven Winterberg, der als Erster die Kellertreppe hinuntergerannt ist, tritt oberhalb des linken Arms an den Körper heran, beugt sich weit nach vorn und berührt das Stück des linken Schlüsselbeins, das unter dem Engelsflügel hervorschaut, mit dem Handrücken. Wie er es nicht anders erwartet hat, gibt es keinen Puls. Außerdem beginnt die Haut bereits abzukühlen. Winterberg richtet sich wieder auf und tritt bis auf einen Abstand von etwa zwei Metern zurück. Hier bleibt er stehen und wendet sich nach Leo Blum um, der ihn begleitet hat. Die Stimmen der restlichen Beamten klingen gedämpft aus der oberen Etage herunter.
    »Das ist keines von den Mädchen«, ist das Erste, was Sven Winterberg über die Lippen bringt.
    »Sieht eher nach einer zierlichen Frau aus«, bestätigt Blum und zieht sich die Latexhandschuhe über. Dann dreht er sich zur Treppe und ruft nach dem Fotografen.
    Wenig später sind sie zu dritt in dem schmalen Kellergang. Während der Polizeiblitz die Szene immer wieder in sein kaltes Licht hüllt, drängeln die Beamten von der Spurensicherung schon auf der Treppe.
    »Einen Moment noch«, ruft Winterberg ihnen zu, bevor er, jetzt auch mit Handschuhen über den Fingern, gemeinsam mit Blum den Engelsflügel vorsichtig anhebt. Die Tote blickt ihm mit erschrockenen Augen direkt ins Gesicht. An ihrer rechten Schläfe befindet sich ein Loch in der Größe eines Frühstückseis, und auch die rechte Hand, die sie immer noch wie zum Schutz erhoben hat, weist eine große Wunde im Bereich der Schlagader auf.
    »Entweder hat da ein Profi zugeschlagen oder ein Ungeübter hat genau die richtigen Stellen erwischt. Wenn das Blut aus zwei solchen Wunden gleichzeitig herauspulst, hast du quasi keine Chance mehr«, murmelt Blum.
    »Jetzt verstehe ich auch, warum dieser Typ sich so sicher war, dass sie tot ist. Ich hätte ihn ja vorhin fast gelyncht, weil er nicht direkt nach Entdeckung der Frau Hilfe geholt hat, sondern stattdessen zu uns nach Westerland gefahren ist.«
    »Hat er einen Grund genannt?«
    »Der Akku an seinem Handy war leer. Sagt er jedenfalls.«
    »Hat das jemand überprüft?«
    »Bis jetzt noch nicht. Aber der Typ sitzt oben in einem Streifenwagen. Die Kollegen haben Anweisung, ihn nicht aus den Augen zu lassen. Ihn und sein Handy.«
    Leo Blum nickt und wirft anschließend den Kollegen auf der Treppe einen einladenden Blick zu. Sven Winterberg tritt zur Seite und macht den Weg zu der Frauenleiche für die Männer in den hellen Overalls frei.

Dienstag, 28. Juli, 13.47 Uhr,
Wattvilla, Kampen
    Als Bastian Kreuzer mit seinem Wagen die letzte Kurve vor der Hauseinfahrt nimmt, steht Sven Winterberg schon wartend auf den Stufen, die zu der Wattvilla emporführen. Sein Gesicht drückt Ratlosigkeit aus.
    »Und? Welches von den Mädchen ist es?«, fragt Bastian, kaum dass er das Auto verlassen hat.
    »Keines.«
    »Also die Maklerin.«
    »Auch nicht.«
    »Was?«
    »Die Tote hat dunkles Haar und nicht die geringste Ähnlichkeit mit dieser Mona Hofacker.«
    »Aber wer …?«
    »Wir wissen es nicht. Vermisst wird niemand. Bis jetzt jedenfalls nicht.«
    »Wie lange ist sie schon tot?«, will Bastian wissen.
    »Sie ist noch warm.«
    Bastian schweigt einen Moment, dann sagt er leise: »Gut für uns. Hast du die Straßen sperren lassen? Züge und Fähren blockiert?«
    »Gerade eben. Es gibt jetzt schon einen Kordon um ganz Kampen und einen zweiten, der die Zugangswege zur Insel umfasst. Die Kollegen mobilisieren jeden Mann.«
    »Okay. Dann haben wir eine reelle Chance, den Kerl diesmal zu erwischen.«
    »Wenn es überhaupt ein Kerl ist«, wirft Silja ein, die gerade das Auto verlassen hat und sich jetzt neugierig umblickt. »Wer hat die Tote eigentlich gefunden? Hat sie in dem Haus hier gewohnt?«
    »So einfach ist es leider nicht«, antwortet Sven. »Das Haus steht leer, und
Zöllner-Immobilien
soll es verkaufen. Genauer gesagt, Mona Hofacker, also die vermisste Maklerin, hat den Auftrag an sich gezogen. Ihre Mitarbeiter waren ein wenig verwundert über dieses Verhalten der Chefin. Es ist wohl sonst nicht ihre Art.«
    »Woher weißt du das so schnell?«
    »Ich habe eben mit ihnen telefoniert. Die beiden haben den Besitzer der Villa noch nicht einmal zu Gesicht

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