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Engel sterben

Engel sterben

Titel: Engel sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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beim Wechseln der Etagen.
    »Wie ist denn die Wetterprognose?«, erkundigt sich Steingart amüsiert.
    »Äh, bestens, glaube ich. Der Regen hat der Insel gutgetan, aber eine grundlegende Wetteränderung ist nicht in Sicht. Es soll sogar noch heißer werden.«
    »Die Klimakatastrophe lässt grüßen. Bald haben wir tropische Nächte auf Deutschlands nördlichster Insel«, witzelt Steingart. »Apropos tropische Nächte: Was haben Sie eigentlich heute Abend vor, Frau Hofacker?«
    Mona ist am Ende der Treppe angekommen. Sie geht noch drei Schritte weiter, dann bleibt sie stehen und dreht sich um. Steingart zieht fragend die Augenbrauen hoch und strahlt sie an, als könne er kein Wässerchen trüben.
    »Bis jetzt noch nichts«, antwortet Mona. »Aber mir scheint, das hat sich gerade geändert.«

Samstag, 25. Juli, 12.25 Uhr,
Möwengrund, List
    Schwere Schläge direkt auf die Schläfe. Pochend. Gleichmäßig. Fordernd. Schmerzhaft. Ein Stoß gegen den Ellenbogen.
    Die Bettkante, weiß Fred jetzt und öffnet langsam ein verklebtes Auge. Dämmerlicht im Raum. Hinter den schäbigen Vorhängen muss die Sonne scheinen. Mittagslicht. Niemand schlägt ihn. Aber ein Irrer muss draußen gegen die Tür treten. Oder hämmern.
    »Ich hab die Miete bezahlt, du blöde Kuh«, murmelt Fred und will sich umdrehen. Zurück in den Schlaf finden, dem Kopfschmerz entfliehen. Doch jetzt kommt von draußen eine Stimme. Tief, befehlsgewohnt.
    »Aufmachen, Polizei.«
    Taumelnd erreicht Fred die Tür. Draußen stehen sie zu zweit. Ein Walross im T-Shirt und ein Schönling im Leinenhemd.
    »Wurde auch Zeit. Lange hätten wir nicht mehr gewartet.«
    Das Walross wäre sicher mit dem ersten Stoß durch die Tür gekommen. Die Oberarme unter seinem Shirt lassen keine Zweifel an seiner liebsten Freizeitbeschäftigung aufkommen. Krafttraining. Der andere wirkt selbst in dem weiten Hemd schmächtig.
    »Können wir reinkommen?«
    »Wenn Sie die Unordnung nicht stört.«
    »Eher schon der Gestank. Würde es Ihnen etwas ausmachen?«
    Der Bulle zeigt aufs Fenster.
    »Frischluft. Kann ja nicht schaden.«
    Fred zieht die Flügel auf. Abplatzender Fensterlack rieselt auf den Boden. Fred hat nicht unbedingt das Gefühl, dass die Luft draußen viel frischer ist. Klebrig und abgestanden, vielleicht nicht ganz so säuerlich wie in seiner Bude. Stöhnend lässt er sich aufs Bett fallen. Sollen die beiden anderen sich doch auf die morschen Stühle setzen. Aber sie bleiben stehen. Immerhin nennen sie ihre Namen.
    »Bastian Kreuzer.« Das Walross.
    »Sven Winterberg.« Die halbe Portion.
    »Und Sie sind Fred Hübner?«
    »Zu Diensten.«
    Niemand lacht.
    »Was führt Sie her?«
    »Wir stellen hier die Fragen. Sie wissen von den verschwundenen Kindern?«
    »Nee.«
    Was für Kinder? In welchem Film ist er gelandet? Ist das jetzt das Delirium?
    »Da haben wir von Ann-Kathrins Eltern aber anderes gehört.«
    Ann-Kathrin? Ann-Kathrin? Etwas regt sich in Freds Gehirn.
    »Ach, Sie meinen diese Meute am Strand. Die haben ein Mädchen gesucht. Ann-Kathrin? Ja, kann sein.«
    »Sie erinnern sich also an das Mädchen?«
    »Quatsch. Die hab ich nie gesehen. Nur die Eltern. Haben die Sie hergeschickt?«
    »Ann-Kathrins Eltern haben Sie beschrieben. Es war nicht sonderlich schwer, Sie zu finden.«
    »Na, na, na. Jetzt machen Sie aber mal halblang. So berühmt bin ich nun auch nicht mehr.«
    »So haben wir das auch nicht gemeint.«
    »Ich würde gern Ihre Ausweise sehen.«
    Langsam kommt wieder Ordnung in Freds Gehirn. Die Begegnung mit den hysterischen Badegästen abends am Strand. Die Träume von der ganz großen Story. Der nächtliche Ausflug zur Dünenkuhle. Die Enttäuschung. Der Einkauf im Supermarkt. Wodka im Sonderangebot. Der Absturz. Hey, war das gestern oder vorgestern? Und was war danach?
    »Herr Hübner?«
    Fred schaut lange auf die beiden Plastikkarten, die die Männer ihm reichen. Schlechte Fotos. Aber eindeutig zu erkennen sind diese Pappnasen trotzdem. Schade eigentlich.
    »Okay, was wollt ihr wissen, Jungs?«
    »Was haben Sie gestern zwischen achtzehn und neunzehn Uhr gemacht?«
    »Mal nachdenken. Da hatte ich einen Termin beim Bürgermeister von Kampen. Ist ein alter Kumpel von mir, aber nicht weitersagen.«
    Dass sie blöd gucken würden, hat er sich ja gedacht. Aber dass sie wirklich so dämlich aussehen würden, hätte er nie zu hoffen gewagt.
    »Nichts für ungut. Kleiner Scherz am Rande. Ich hab keine Ahnung, was ich gestern gemacht hab. Außer Trinken

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