Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
sowie eine Tasche mit verschiedenen Benzodiazepinen, Fentanyl und anderen Drogen gefunden, die Medizinern vorbehalten waren. Um jemanden zu betäuben, so wie es die Sonnentempler mit einigen ihrer Opfer vor deren Ermordung getan hatten?, fragte sich Bergmann. Aber Plier und seine noch verbliebenen Anhänger hatten doch gar nicht vor, ihre Transformation mittels kollektiven Selbstmords einzuleiten; die hatten irgendwo eine Kiste mit Sprengstoff stehen. Hatten sie Schäfer betäubt und dann in den Wald verschleppt? Dort stand jetzt ein Suchtrupp der Schweizer Polizei im Einsatz. Die hoffentlich ihre Waffen so zu kontrollieren wussten wie das Bankgeheimnis und die Zeitmessung.
Bergmann saß auf der Bettkante, sah SpongeBob beim Spaßmachen zu und wusste nicht, was er mit sich anfangen sollte. Sein Enthusiasmus, in die Schweiz zu fahren, war ebenso schnell verflogen wie er gekommen war. Was würde Schäfer tun? Er würde eher nicht daran denken, dass er eine Gruppe von Kriminalbeamten in Wien leitete, die er zu delegieren hatte.
„Kovacs, hier spricht Ihr Chef … Ja, sehr lustig … Nein, bis dahin hab ich es nicht geschafft … Genau … Ich bin in Kitzbühel … Wie geht’s zu? … Na ja, dem hat es auch das halbe Haus weggeschwemmt … Ja, rufen Sie an, wenn es brennt … Ebenfalls …“
So. Pflicht getan. Er zog sich an und schlich aus dem Hotel. Spazierte auf der Achenpromenade Richtung Zentrum, betrachtete abwechselnd das wilde Wasser und seine sensationellen Gummistiefel. Eine Viertelstunde später stand er vor dem Pfarrhaus und drückte den Klingelknopf.
51.
„Johannes!“, Pfarrer Danninger schlug die Hände vors Gesicht und presste ihn dann an sich, „Johannes!“
„Ja … grüß dich … können wir hineingehen … ich will nicht, dass mich wer sieht …“
„Ja, mein Gott“, der Pfarrer trat zur Seite und fuchtelte mit den Händen, als wollte er mehrere Sachen gleichzeitig machen und könnte sich nicht entscheiden, was zuerst. „Ich hab dich fast nicht erkannt mit dem Bart … warst du schon bei deinen Eltern?“
„Nein … ich muss zuerst mit dir reden, bitte …“
„Ja ja … also … komm in die Küche … hast du Hunger, willst du was trinken …“
„Nur ein Wasser, bitte …“, er setzte sich wie selbstverständlich auf die Eckbank hinter den schweren Eichentisch und stieß einen Seufzer aus.
„Ich freue mich so, dass du noch lebst … ich kann’s dir gar nicht sagen!“
„Warum?“
„Warum?“, Danninger schaute seinen Gast verwirrt an, „seit über einem Monat fragen wir uns, wo du bist … ob du dich … ob dir wer was getan hat oder … wahrscheinlich sucht jeder Polizist in Österreich nach dir …“
„Weswegen suchen die mich?“
„Johannes? … Was ist los mit dir? … Wär’s dir lieber, wenn dich deine Kollegen im Stich gelassen hätten?“
„Wieso Kollegen?“, fragte er, obwohl ihm im selben Moment bewusst wurde, was Danninger damit gemeint hatte.
„Jetzt sag aber … du bist Polizist … was ist denn passiert mit dir? Ich rufe jetzt einen Arzt!“, sagte der Pfarrer energisch und griff zum Festnetzapparat.
„Warte! … Bitte! … Es geht mir gut, wirklich …“
„Das kannst du wem anderen erzählen“, erwiderte Danninger und legte den Hörer dennoch wieder auf.
„Ich war in der Schweiz … im Wald … und ich weiß nicht, warum … ich glaube, dass ich jemanden erschossen habe …“
„Erschossen? Warum?“
„Ich hab doch gesagt, dass ich nicht weiß, warum … irgendwas ist passiert mit mir … ich bin im Wald aufgewacht und habe geglaubt, dass ich einundzwanzig bin …“
Der Pfarrer schaute Schäfer betroffen an und lachte dann kurz auf.
„Ja … das wünsche ich mir auch manchmal“, konnte er es sich nicht verkneifen, „vielleicht hast du eine Gehirnerschütterung gehabt … dass sie dir was über den Schädel gehaut haben … sicher sogar … das habe ich schon oft gehört, dass Menschen da ihr Gedächtnis verlieren können“, Danninger schaute gedankenverloren zum Fenster hin, „aber Hauptsache, du lebst … du musst deine Eltern anrufen, jetzt gleich!“
„Nein“, erwiderte Schäfer, „zuerst musst du mir ein paar Sachen erzählen …“
„Von mir aus … aber zuerst mache ich uns ein Frühstück …“
„Ich habe andauernd dieses Lied im Kopf gehabt“, sagte Schäfer, während er seinen Milchreis löffelte.
„Welches Lied?“
„Dich liebt o Gohott mein gahanzes Herz …“
„Und dies ist mi-hir der
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