Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
ha … ich weiß nicht, wie viele Bauchstiche, verprügelte Huren, Erpressungen, Drohungen … womit wir bei diesem Scheißer abgeblitzt sind … und dann geht er uns wegen so was … ha ha …“
„Wie Al Capone“, meinte Bergmann erleichtert.
„Ja, genau … also, Schluss mit lustig: PK, wann, und was sagen Sie?“
„Heute Abend, da haben wir vielleicht schon mehr von der Spur … sonst: aufgrund eines Anrufs eines besorgten Bürgers … bei näherem Nachsehen stellte sich heraus, dass die Örtlichkeiten möglicherweise in Verbindung mit einem Gewaltverbrechen stehen … aufgrund der laufenden Ermittlungen und so weiter … bezüglich des Mieters: da müssen Sie Herrn Müller selbst befragen.“
„Bene … sonst alles im Griff?“
„Ja … Strasser ist wieder da …“
„War schon bei mir, der Schleimer, ja … wollte wissen, wann er der Gruppe die Erkenntnisse aus seiner Fortbildung präsentieren darf … hab gesagt, dass ich das mit Ihnen besprechen werde … lassen Sie sich was einfallen.“
Ja, er würde sich was einfallen lassen, dachte Bergmann auf dem Rückweg ins Büro. Mitternachtseinlage bei der Weihnachtsfeier. Strasser an einen Stuhl gefesselt, vor ihm eine Badewanne, und jeder, der wollte, konnte an ihm demonstrieren, wie das organisierte Verbrechen Menschen mittels Waterboarding gefügig machte. Und jetzt Schluss. In seiner Gruppe durfte es von Anfang an keinen Platz für emotional bedingte Beurteilungen geben, keine Ressentiments und keine persönlichen Aversionen, kein Mobbing – davon hatte Bergmann vor seiner Zeit in Schäfers Gruppe selbst genug erlebt.
Kaum hatte er sich an den Schreibtisch gesetzt, platzte Schreyer in den Raum.
„Aha, ist Anklopfen heute in der U-Bahn-Zeitung bei Out gestanden …“
„Tschuldigung, keine Hand frei gehabt“, sagte Schreyer und stellte einen Karton auf Schäfers Platz.
„Was ist das?“
„Die Sachen aus der Wohnung … wo Sie gesagt haben, dass ich die verdächtigen heraussuchen soll … bin erst vor zwei Stunden fertig geworden … und eine Inventarliste“, Schreyer strahlte förmlich vor Stolz und Bergmann begriff schlagartig, wie Schäfer den jungen Inspektor so lange bei Laune und Leistung hatte halten können.
„Brav, sehr brav … irgendetwas besonders auffällig?“
„Ja, die Pornofilme sind weg …“
„Was für Pornofilme?“
„Vor zwei Jahren … da bin ich mit dem Major nach einer Firmenfeier zu ihm … weil er nicht mehr heimgefunden hat … und da haben wir uns in der Nacht noch einen Sexfilm angeschaut … also eher ich, weil er ist gleich eingeschlafen, auf der Couch …“
„Und der ist weg, der Film …“
„Ja, war aber eh nicht so spannend …“
„Ach … na, vielleicht hat er die Filme weggeworfen, damit Isabelle sie nicht bei ihm findet …“
„Kann sein, ja, im Keller waren sie auch nicht“, sagte Schreyer fast bedauernd.
„Sonst?“
„Ein paar Zeitungen und drei Bücher, wo er was angestrichen hat … ein Fotoalbum … ein Messer, das an der Klinge ein bisschen braun ist … und ein paar andere Sachen …“
„Was möchtest du als Nächstes machen?“, wollte Bergmann wissen und bedauerte sofort seine Frage. Befehle, Befehle, Befehle – Schreyer war als Rudeltier irgendwo zwischen Kappa und Omega.
„Ich weiß nicht …“
„Gut … schlaf ein paar Stunden, und melde dich am Nachmittag bei mir …“
Wenn es so weiterging, würde die Morgenbesprechung kurz vor Feierabend stattfinden, sagte er sich und nahm den Deckel von der Schachtel, die Schreyer gebracht hatte: ein Kinderfotoalbum, eine vergilbte Taschenbuchbibel, ein Stapel Stadtzeitungen, ein altes Schweizermesser … Bergmann nahm es in die rechte Hand, die Klingen und verschiedenen Werkzeuge ließen sich nur schwer ausklappen, weil Sand dazwischen klebte, vermutlich hatte Schäfer es im Urlaub mitgehabt … das Fotoalbum … schon die ersten Bilder spülten eine seltsame Mischung an Emotionen in Bergmann hoch, einen geschüttelten Cocktail aus Sehnsucht, Nostalgie, Trauer, Zuneigung … was jedoch nicht nur der gegenwärtigen Situation, Schäfers Abwesenheit, geschuldet war, sondern mindestens im gleichen Ausmaß der Qualität der Fotos: die ersten paar Seiten in kontraststarkem Schwarz-Weiß, Schäfer pummelig, fast immer schelmisch grinsend, oft gemeinsam mit seinem älteren Bruder Jakob, der ihm auf einem besonders anrührenden Bild eine Blaubeere in den weit geöffneten Mund schob. Dann grinste Bergmann: Schäfer als
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