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Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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Nein, die machten doch auch noch andere Laute: mpf, chr, hö oder so … das war kein Bär, das war ein Mensch. Und ein Mensch: Wenn er ihm wohlgesinnt wäre, würde er doch seinen Namen schreien, oder? Er hatte Angst. Weil tief in ihm, wie ein archaisches Erbe, die Ahnung schlief, dass er in Gefahr war. Polizei? Nein. Die wären bestimmt mit Suchhunden gekommen, deren Gebell er von weitem gehört hätte; vielleicht bellten die aber auch gar nicht und er nahm diese Meinung nur aus Filmen, die er gesehen hatte. Aber kein Polizist würde allein mitten in der Nacht … insgeheim hoffte er doch, dass es die Polizei war, die ihn suchte. Die würde ihn fangen wollen; aber nicht töten. Hatte er ein Verbrechen begangen? Vermutlich; wozu führte er sonst eine Waffe mit sich, in deren Magazin elf Kugeln fehlten. Wieso wusste er überhaupt, wie man mit einer Pistole umging? Das hatte er bei den Pfadfindern nicht gelernt. Das musste ihm jemand anderer beigebracht haben. Ruhig! Regungslos verharrte er über seiner kümmerlichen Feuerstelle; als ob der größte Feind nicht ein im Wald umherpirschender Meuchelmörder wäre, sondern das eigene Gehirn, das diesen ersten kurzen Fluss an folgerichtigen Gedanken ersticken würde. Was war dieser Zustand, in dem er gefangen war, fragte er sich nach einer Weile; vorsichtig, wie nebenbei, um den Riesen nicht zu wecken, der auf seinem Bewusstsein lag. Hat mir wer Drogen gegeben? Habe ich selbst welche genommen? Zu viele Pilze, die, die … Kahlköpfe! Mit Jakob! Ein junger Mann wandelte hinter seinen nun geschlossenen Lidern vorbei; und wie schon bei dem Geistlichen vom Tag zuvor, veränderte sich auch sein Alter in Sekundenschnelle: erst ein Bub von vielleicht sechs Jahren, der ihm Blaubeeren in den Mund steckte, dann ein Junge, mit dem er das Schwarzpulver aus Feuerwerkskörpern in eine leere Konservendose schüttelte, dann ein Teenager, dem er einen Joint reichte, der so schlecht gebaut war, dass sie das Papier mit beiden Fingern zusammenhalten mussten, dann eine Almwiese, über die sie beide gingen, gebückt, ab und zu in die Wiese griffen und dem anderen stolz den Fund präsentierten: Kahlköpfe! Psilocybin! Rausch, Ekstase, Halluzinationen, raus aus dem biederen Tiroler Landleben, hurra die Gams! Grinsend lief er zu seinem Bruder und verwandelte sich im Lauf zurück in einen kleinen Jungen, der sogleich von den Armen eines alten Mannes empfangen, hochgehoben und an das Lenkrad eines Traktors gesetzt wurde; Großvater! Da saß er nun, die schmächtigen Hände an der riesigen Plastikkurbel, der Großvater lachte, zündete sich mit einem Streichholz die selbst gedrehte Zigarette an, beließ sie im Mundwinkel und half seinem Enkel, das motorisierte Ungetüm zu befrieden, zu manövrieren über die frisch gemähten Felder, dahinter der Wald, die Berge; wie weh tat diese Sehnsucht nun, die ihn vergeblich zurückrief in das stachlige Feld, über das er barfuß laufen konnte, hin zu einem Heuschober, um sich mit seinem Bruder darin zu verstecken, in der Gewissheit, dass sie nicht verloren gehen würden, dass es die Älteren gab, die sie zum Abendessen riefen, dass ihre Flucht eine erlaubte war, eine gesicherte, nicht wie jetzt, wo er sicher war, dass ihn jemand töten wollte.

15.
    Die Morgenbesprechung verschob sich abermals. Weil Kamp alles über den nächtlichen Einsatz in der Lagerhalle wissen wollte, der die Telefone in der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit dauerläuten ließ. Damit hatte Bergmann nicht gerechnet. Keine WEGA im Einsatz, keine Schüsse, keine Absperrungen, kein Leichenwagen – zudem hatte er eine Pressemeldung routinemäßig untersagt, um Zeit zu gewinnen, bis die Spurensicherung mit Ergebnissen da war.
    „Was ist Ihre Meinung?“, wollte Kamp wissen.
    „Ich habe nur eine Theorie …“
    „Und? Darf ich die erfahren?“
    Was soll’s, dachte sich Bergmann. Nach dem, was Schäfer in diesem Raum bereits an haarsträubenden Geschichten deponiert hatte, war seine Hahnenkampf-These geradezu bodenständig. Er unterbreitete dem Oberst den Fall also in allen Details und mit allen Schlussfolgerungen, die Kovacs und er daraus gezogen hatten. Kamps Reaktion: Lachen bis zum Hustenanfall.
    „Ha … ha … chü, chü … das darf nicht wahr sein … cha, chr, chr, chr …“
    Bergmann dachte daran, aufzustehen und das Büro zu verlassen. Sollte der alte Knacker doch wen anderen verarschen. Zum Glück erklärte Kamp seine Heiterkeit umgehend.
    „Stellen Sie sich das vor … ha

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