Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
Wer in den umliegenden, nicht zur Evakuierung bestimmten Häusern daheim war, lehnte am Fenster.
„Apex?“
„Acetonperoxid … hat einen sehr eindeutigen Geruch …“
„Ein Sprengstoff“, schlussfolgerte Kovacs.
„Ein Initialsprengstoff … dazu die Pläne und die ganzen Röhrchen auf dem Tisch … wenn die für Sprengkapseln gedacht waren, hat der einen ganz großen Bumm vorgehabt … wissen wir schon, wer er ist?“
„Thomas Eisert. IT -Spezialist … war bis vor einem Jahr bei SAP , verantwortlich für Programmimplementationen bei internationalen Konzernen … seitdem ist er selbstständig … keine Vorstrafen …“
Kamp kam über den Hof auf sie zu, im Schlepptau Strasser, der geschäftig auf ihn einsprach.
„Jetzt drückt er ihm bestimmt gerade die Plantage hinein“, meinte Kovacs verächtlich.
„Welche Plantage?“
„Das Loft im dritten Stock … der Besitzer macht auf, Strasser stürmt rein, reißt eine Tür auf, dahinter eine ordentliche Marihuanazucht mit Dampflampen und allem …“
„Haben Sie den Namen?“
„Sicher … wollen Sie, dass ich ihn gleich an die Drogenfahndung …“
„Sicher nicht … ich rufe ihn an, dass er die Pflanzen verschwinden lassen soll, sobald die Wohnung wieder freigegeben ist … wir sind ja nicht die Stasi hier …“
„Wie sieht’s aus?“, wollte Kamp wissen.
„Erste Einschätzung: Er hat auf seinem Schreibtisch mit Acetonperoxid hantiert, um Sprengkapseln herzustellen; durch die Dacharbeiten ist der Luster herunter … der war wahrscheinlich nur provisorisch aufgehängt … hat das Apex entzündet, Exitus …“
„Und jetzt suchen wir die Bombe“, folgerte Kamp.
„Wenn es eine gibt“, erwiderte Bergmann, „noch wissen wir so gut wie gar nichts über den Mann …“
„Vorsicht ist besser als Nachsicht … gut gemacht, Bergmann … ah, da rauscht das BVT an …“
Kurz vor fünf zogen die Hundestaffel und der Entschärfungsdienst ab, die evakuierten Geschäfte und Wohnungen konnten freigegeben werden. Während der Polizeisprecher die Medienmenschen mit informationstechnischen Salzburger Nockerln fütterte – aufgeblasen, viel verheißend, doch ohne großen Inhalt –, und das Gros der Schaulustigen abzog, um ihre Handybilder und -filme ins Internet zu stellen, setzten sich die Gruppenleiter in einem Kleinbus zusammen und besprachen das weitere Vorgehen. Priorität hatte die Auffindung von möglichen Mitwissern, Komplizen und natürlich des Sprengstoffs – zumal die in der Wohnung sichergestellten Gegenstände Bergmanns Vermutung bestätigten, dass Eisert dabei war, mehrere Sprengkapseln mit Acetonperoxid herzustellen. Der herabfallende Luster hatte den hochempfindlichen Initialsprengstoff gezündet, eins der Metallröhrchen hatte Eiserts Halsschlagader durchtrennt, der Lage des Mannes nach zu urteilen, war er sofort bewusstlos gewesen und verblutet.
„Das sieht fast nach höherer Gewalt aus“, bemühte sich Bergmann, die angespannte Atmosphäre aufzulockern.
„Ja, der Herrgott hat die Situation eindeutig entschärft“, antwortete Lorenz, der Beamte vom BVT .
„Ihr übernehmt, wir helfen euch bei den Befragungen, bis der Fall auf Schiene ist?“
„Wenn du Leute hast, gern … ich habe schon eine Feierabendsperre ausgegeben, damit wir zumindest die nächsten zwölf Stunden in doppelter Besetzung arbeiten können …“
„Ich gebe dir Schreyer hinüber für den Inhalt des Bücherregals … am besten stellst du ihm einen Stapel hin und lässt ihn dann in Ruhe, bis er was auswirft …“
„Mit Schreyer komme ich klar … Schäfer hat ihn mir schon einmal geliehen … was Neues über ihn?“
„Nein …“
Die Erkenntnisse der folgenden Stunden führten dazu, dass es im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus bald zuging wie in den Korridoren des Raumschiffs Enterprise bei Alarmstufe Rot. Kurz vor Mitternacht traf sich die Speerspitze der österreichischen Sicherheitsarbeit im Innenministerium: der Direktor des BVT , der Polizeipräsident, der Innenminister, der Chef der WEGA , ein Offizier des Abwehramts und weitere Personen, die Bergmann – der als erster Chefermittler am Tatort ebenfalls angefordert worden war – keiner bestimmten Behörde zuordnen konnte. Soweit er sich erinnern konnte, besser gesagt, es mitbekommen hatte, war es seit dem Briefbombenterror von Franz Fuchs zu keiner ähnlichen Aufregung gekommen. Berechtigt war sie auf jeden Fall: In Eiserts Wohnung hatten sie zahlreiche Pläne und Fotos von
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