Engelherz - Band 1-3
Sein Blick wirkte entrückt und er lächelte, als wäre ihm gerade die Lösung für all seine Probleme eingefallen. Ein Patentrezept gegen den Tod, gegen Kriege und gegen Mord.
„ Eine Möglichkeit, auf die er schon seit Jahrhunderten hoffte. – Der Grund, warum er gerade diesen Zeitpunkt gewählt hatte, um mit mir in die Welt der Menschen zurückzukehren.“ Ein kalter Schauder lief über meinen Rücken und auf einmal hatte ich das Gefühl, dass ich gar nicht wissen wollte, über was er gerade nachdachte. Ich wollte, dass es wieder so war, wie zuvor, als wir beide allein und glücklich waren.
Als er meinen Blick spürte, wandte er sich mir zu. Seine Augen leuchteten vor Tatkraft und Enthusiasmus. „Dieser Mann dort, auf der anderen Seite des Berges. Er ist jetzt schon eine Legende!“
Begeistert fasste Samiel mich an den Schultern und sah mich an, ohne meine Ablehnung zu spüren.
„ Er wird alles ändern! Er wird die grundlegenden Regeln des menschlichen Zusammenlebens definieren!“ Er schüttelte mich leicht. „Begreifst du, was ich dir sage?“
Er strahlte vor Glück. „Die leichtesten, allgemeinsten und wichtigsten Regeln! Sie werden für alle Zeiten gelten und sie werden verhindern, dass es Streit gibt und Mord und Totschlag!“
Er zog mich in seine Arme. „Alles wird gut, Lilly! Alles wird wieder gut!“
Ich zitterte so sehr, dass er mich besorgt ansah.
„ Du hast versprochen, dich nicht mehr einzumischen!“, mahnte ich mit leiser Stimme und versuchte, ihm nicht in die Augen zu blicken, um der Verlockung seiner Worte nicht zu verfallen.
„ Lilith! Der Mann wird in die Geschichte eingehen!“
An Samiels Gesichtsausdruck erkannte ich, dass er nicht begreifen konnte, dass ich seinen Plan nicht genauso unfehlbar fand, wie er.
Ich schüttelte den Kopf. „Du willst schon wieder Gott spielen!“
Samiel ließ mich los. „Kümmert es dich gar nicht, was aus den Menschen wird?“, seine Stimme klang traurig.
Ich blickte ihm tief in die Augen. „Doch! Aber wir haben kein Recht uns einzumischen!“
Samiel grinste mit einem Anflug an Gehässigkeit. „Das hat dich gerade eben auch nicht gestört!“
„ Das war etwas anderes!“, widersprach ich hitzig.
„ Das ist es immer, wenn es dir in den Kram passt, oder?!“, fuhr er mich ebenso aufgebracht an.
„ So schnell kann das gehen, eben noch glücklich am Strand, nun streitend in der Wüste!“, kommentierte meine innere Stimme gehässig.
„ Es ist ein Unterschied, ob ich jemandem das Leben rette, oder ob ich mich als Engel zu erkennen gebe, Gott spiele oder ob ich jemandem Regeln gebe, die ich mir ausdenke!“
Missmutig starrte er mich an, aber zumindest versuchte er über meine Worte nachzudenken und meine Meinung zu widerlegen.
„ Wir könnten etwas ändern, Lilith! Wir können die Welt zu einem besseren Ort machen. Den Menschen Hoffnung geben! Ihr Miteinander erleichtern!“, erklärte er seine Absicht.
„ Menschen sind nicht dumm!“, meinte ich, musste über meine bösen Gedanken zu meiner Aussage lächeln und korrigierte mich: „Naja, die meisten sind es zumindest nicht. Sie werden selber ihre Regeln finden und ihren Glauben!“
Der Erzengel sah mich mit zusammengepressten Lippen an. Seine Stirn war gerunzelt. „Das glaubst du wirklich, oder?!“
Ich nickte bestätigend. „Hab ein wenig Vertrauen in die Menschheit! Gib ihnen Zeit!“
Sein Gesicht spiegelte plötzlich einen Schmerz wieder, der so groß war, dass ich wegsehen musste. „Wenn du ein Engel wärst ... wenn du ihre Schreie hören könntest ... ihre Gebete, ihre Hoffnungen, ihre Verzweiflung“, er rang sichtbar nach Worten, „wenn du die Kriege sehen könntest, wie ich an unseren einsamen Stränden die Geister der Gefallenen, der Toten ...“, seine Stimme verklang.
„ Jahve weiß, was er tut!“, selbst in meinen Ohren klangen meine Worte mehr wie eine Hoffnung als nach einer Aussage.
„ Hör auf damit!“, erbost sprang mein Engel, der sich neben mich auf einen Stein gesetzt hatte, auf. „Hör sofort auf, so zu tun, als wenn Jahve sich um irgendetwas kümmern würde, was auf dieser Welt geschieht! Er kümmert sich nicht einmal um uns beide!“
„ Das hast du ja prima gemacht!“, höhnte mein Innerstes, während es sich verkrampfte.
„ Sprich mit Jahve!“, bat ich mit leiser Stimme.
„ Nein, Lilith! Ich habe so oft versucht mit ihm zu sprechen. Vor der Erschaffung der Menschen, nach Eden, nach dem ersten toten Menschen, so oft ... er hat mir nie
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