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Engelherz - Band 1-3

Engelherz - Band 1-3

Titel: Engelherz - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Schreiner
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„Hier und Jetzt!“
    Ich spürte sein stummes, trockenes Schluchzen, welches ihn schüttelte. Er kannte meine Antwort, ohne dass ich sie aussprechen musste.
    Ich glitt durch seine Armen zu Boden, hockte mich zu ihm und umarmte ihn. „Wie lange wird er es noch ertragen?“ – „Wie lange werden wir beide es noch ertragen?“
    In meinen Armen schien er eine Entscheidung zu treffen, denn als er mich ansah, war sein Blick klar und entschlossen. „Wir können uns nicht ewig verstecken!“
    Ich schluckte, denn obwohl auch ich Sehnsucht nach den Menschen, nach Kultur und einem Sinn in der Schöpfung hatte, hatte ich Angst davor, was Samiel tun würde. – Was ich tun würde.
    „ Bring mich nach Hause!“, bat ich heiser vor Kummer.
    Mein Engel schaute mich traurig an, als wäre diese Entscheidung ein Ende, kein Anfang.

Engelsdämmerung

    Bevor ich etwas sagen oder auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte, hatte der Erzengel mich in seine Arme gerissen und ich lag schwerelos in ihnen. Mir blieb nichts anderes übrig, als dem beruhigenden Flügelschlagen zuzuhören und mich geborgen zu fühlen.
    Es war schon Jahrhunderte her, seit ich in Samiels Armen einen Flug genossen hatte.
    Es dauerte, bis der Flug langsamer und mein Engel seinen Abstand zum Erdboden verringerte. Trotzdem ließ ich meine Augen geschlossen. Einmal hatte ich den Fehler begangen und während des Fluges geblinzelt. – Diesen Fehler würde ich nicht ein zweites Mal begehen.
    Erst als Samiel mich behutsam absetzte, öffnete ich vorsichtig die Augen und blickte mich um.
    „ Es ist eine Wüste?“, ich bemühte mich, keine Panik oder Enttäuschung zu zeigen.
    Samiel lachte und es klang wie Musik. „Nein, wir sind noch nicht da!“
    Für Sekunden war ich erleichtert, dann kniff ich misstrauisch die Augen zusammen und starrte Samiel an. Ich wusste, dass etwas nicht stimmte. Und das mein Engel im Begriff war, etwas zu tun, mit dem ich nicht einverstanden sein würde. „Er hat es schon vor unserem Aufbruch geplant!“
    Unruhig versuchte er meinem Blick auszuweichen. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er etwas vor mir verbarg. Ich war wütend und kam mir manipuliert vor.
    Schließlich hielt ich sein Gesicht fest und zwang ihn, meinen Blick zu erwidern.
    „ Spricht Jahve mit dir?“, seine Stimme klang leise. Irritiert versuchte ich zu ergründen, was seine Frage mit uns und mit diesem Augenblick zu tun hatte, als ich die Stimme auf der anderen Seite des Hügels hörte.
    Sie klangen aufgebracht und verzweifelt. „Du hast uns in die Wüste gebracht! Hier werden wir sterben!“
    Ich ließ meine Hände sinken und versuchte mir vorzustellen, was auf der anderen Seite des Hügels vor sich ging.
    Eine leisere Stimme erwiderte etwas, was ich nicht verstehen konnte, aber von der Tonlage wie eine Rechtfertigung klang.
    „ Du hast versprochen, dich nicht mehr einzumischen!“, murmelte ich leise, war mir aber selber auf einmal nicht mehr sicher, ob ich das Richtige sagte oder tat.
    „ Ich habe sie zufällig von oben gesehen, Lilly!“, beschwörend sah Samiel mich an. „Sie werden verdursten!“
    Ich presste meine Lippen zusammen. – An einen Zufall glaubte ich nicht mehr.
    „ Jahve wird sich nicht um sie kümmern!“ Er strich mir beschwörend mit der Hand über die Wange. „Oder glaubst du, Jahve wird eingreifen?“
    Mein Engel legte mir beschwörend die Hände auf die Schultern. „Soll ich sie sterben lassen? Soll ich der Natur ihren Lauf lassen?“ Seine Stimme klang resigniert. „Es ist deine Entscheidung Lilith!“
    Erstaunt und verunsichert sah ich ihn an.
    „ Ja, es ist gar nicht so leicht, nur zu beobachten, wenn man auch helfen könnte, nicht wahr?“
    Ich starrte auf meine Füße. „Was kann schon passieren, wenn wir helfen?“
    Ich nickte und Samiel verstand. Auf der anderen Seite des Hügels hörte ich Freudenschreie, als Wasser aus dem Berg trat.
    Dann hörte ich eine Stimme, die Gott dankte. „Wenn die wüsste!“
    Für eine Sekunde spielte ich mit dem Gedanken, mit dem Engel an meiner Seite zu den Menschen zu gehen und ihnen zu zeigen, wer sie in Wirklichkeit gerettet hatte.
    „ Aber vielleicht hat doch Gott sie gerettet. Vielleicht hat er durch euch gehandelt?“ Erstaunt über diese Gedanken sah ich Samiel an, behielt meine Überlegungen aber für mich.
    „ Lass uns gehen!“, bat ich leise, ich wollte nicht mehr über Menschen nachdenken, oder über Engel und Jahve.
    Als mein Engel nicht reagierte, blickte ich hoch.

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