Engelsauge-Nacht des Todes (German Edition)
Anderen gegenüber aber auf keinen Fall zeigen.
Während William sich Vorwürfe machte, da er sie noch
kurz zuvor gesehen hatte und an ihre letzte Unterhaltung
dachte, die ihm erneut ein Lächeln schenkte, hatte Jadon
das Gefühl, man hätte ihm das Herz mit bloßer Hand
herausgerissen. Von Vorwürfen über Angst und Wut
machten sich alle Gefühle in ihm breit. Gefühle, die
er seit seinem Leben als Slinner noch nie so empfunden
hatte und, wenn er genau darüber nachdachte, auch
vorher nie so empfunden hatte. Enya Jonsens war seine
Liebe des Lebens, und wenn sie nicht zu ihm
zurückkommen sollte, dann hätte sein Leben keinen Sinn
mehr. Aber jetzt war es noch nicht an der Zeit
aufzugeben, er schüttelte sich, nein, sie würde leben, sie
ist stark und er würde sie finden. Alles würde wieder gut
sein.
»Wie lange halten die Drogen sie im Schlafzustand?«
William musste kurz überlegen, ehe er antwortete.
»Minimum zwei Tage. Davon können wir ausgehen. Also
haben wir noch gut einen Tag, ehe sie aufwacht. Aber sie
ist nur zur Hälfte ein Mensch und durch ihren
Engelseinfluss kann es natürlich auch weniger sein.
Möglicherweise kann sie sich dann aber bemerkbar
machen.«
»Ja, nur wenn sie das tut und keiner in der Nähe ist, wird
das wenig Sinn machen. Wir sollten uns auf die Suche
nach dieser Lisa machen. In Enyas Haus gibt es ein
Adressbuch, dort finden wir ihre Adresse. Verdammt,
wieso bin ich da nicht schon früher drauf gekommen.«
»Jetzt hör auf, dich selber so zu bemitleiden. Und mal
ehrlich, als wenn sie zu sich nach Hause geht, nachdem
sie Enya verschleppt hat.«
William rollte mit den Augen, was Jadon, um weiteren
Ärger zu vermeiden, übersah und sich auf den Weg
machte. Während Jadon den neuesten Rekord im
Schnellfliegen zu durchbrechen versuchte, rannte William
ebenso schnell und fast zeitgleich trafen die Beiden am
Haus von Enya und Stewart ein. Jadon hatte bereits das
Adressbuch in der Hand und unter dem Namen Lisa Strix
fand er eine Anschrift in St.Claires.
»Da muss ich gerade an was denken. Enya hatte mir doch
von den Mantikoren erzählt und der Theorie, dass eine
Hexe die Beiden beschworen haben musste.«
»Ja, ich weiß. Und?«
»Mag Zufall sein, aber Strix ist eine alte Übersetzung für
Hexe.«
»Verdammt! Dann war das sicherlich alles von Anfang an
so geplant. Dann hätten wir ja dieses Miststück. Also los.«
In Lisas Wohnung war niemand zu finden. Überall lag Müll
herum und es roch wenig appetitlich. In einer kleinen
Schublade neben dem Bett fand William einige
Zeitungsausschnitte, die über Enya und den damaligen
Unfall handelten. Weitere Ausschnitte zeigten erst kürzlich
veröffentlichte Nachrichten über die Morde in Vanicy.
Daneben waren einige kleine lachende Gesichter gemalt.
»Schau mal hier, ein Tagebuch oder so ähnlich.« William
ging zu ihm hinüber und beide lasen die kleine
verschmierte Schrift. Auf der vierten Seite mussten sie
etwas lesen, was beide den Atem stocken ließ. Sie
schauten sich entsetzt an und Jadon ließ das Buch
achtlos fallen.
»Mein Gott, sie hat sich tatsächlich mit Kenneth Bowler
zusammengetan.
« William konnte es nicht glauben. Er hatte so stark
recherchiert, um alles heraus zu bekommen, um Enya
bestmöglich zu beschützen, doch dass er sich eine Hexe
auf die Seite gezogen hatte, das hatte er nicht gewusst.
»Jetzt macht das alles auch Sinn. Die Angriffe von diesen
Mantikoren, Stewards Verschwinden. Aber wieso jetzt und
nicht schon eher? Und wieso benötigt er die Hilfe eines
Menschen, also einer Hexe?!«
William ließ sich noch einmal das Tagebuch zeigen und
blätterte wie wild darin herum. Plötzlich stieß er einen
kleinen Freudenschrei aus und zeigte Jadon die besagte
Stelle.
»Hier. Sie schreibt etwas über einen geheimen Treffpunkt
neben den drei Birken am Rande des Wasserfalls.«
»Klasse, und wo bitte soll das sein? Das sagt mir hier gar
nichts.«
»Aber jetzt haben wir einen Anhaltspunkt. Wir müssen
diesen Ort nur noch finden. Ich bin viel um hergekommen
und mache mich auf die Suche. Ein paar kleine
Wasserfälle kenne ich. Vielleicht habe ich Glück.«
»In Ordnung. Ich werde per Internet recherchieren und
einige Leute fragen, die vielleicht was wissen könnten.
Wir telefonieren.«
Beide machten sich wieder auf den Weg, in der Hoffnung,
dass sie dieser Hinweis auch wirklich zu Enya führen
würde und keine absichtliche Finte war.
William erging es schlecht, denn er fühlte sich
verantwortlich. Wäre er doch dort geblieben,
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