Engelsauge-Nacht des Todes (German Edition)
hätte
beobachtet, wie sonst auch. Dann wäre das nicht passiert.
Aber verdammt, dieser bescheuerte Jadon. Nennt sich
ihren Freund und hat keine Ahnung. Er ist mindestens
genauso schuld. Williams Augen wurden blutrot und er
schwor sich, sollten sie Enya nicht mehr lebend finden, so
würde er Jadon dafür verantwortlich machen und sich
rächen.
Enyas Kopf brummte und tausend Stecknadeln fuhren in
ihm herum.
Als sie ihre Augen vorsichtig öffnete, konnte sie zuerst
nichts erkennen. Unter leisem Stöhnen hielt sie mit den
Händen ihren Kopf, während sie sich aufrecht hinsetzte.
»Was zum Teufel ... wo bin ich?«
Verwirrt schaute sich Enya um und die Sicht wurde nur
langsam klarer. Es war dunkel und nur zwei kleine
Lichtstreifen traten herein. Sie musste sich in einem
muffigen Gewölbe oder Keller unter der Erde befinden. Sie
versuchte einige Male aufzustehen, doch ihre Beine
gehorchten ihr noch nicht ganz. Immer wieder sackte sie
zurück auf diese alte gammelige Liege und Tränen
schossen ihr in die Augen. Krampfhaft versuchte sie sich
an Geschehenes zu erinnern, aber die Bilder kamen nur
Bruchstückweise zu zurück.
Dann schlief sie wieder ein, und als sie erneut aufwachte,
schien leichtes Mondlicht durch die kleinen Spalten in den
Wänden gegenüber. Es ging ihr etwas besser und endlich
konnte sie aufstehen. Ihre Beine waren noch etwas
wackelig, aber sie schaffe es schließlich die geschätzten
acht Meter auf die andere Seite des Raumes.
Ein Spalt war etwas niedriger wie der andere und Enya
musste sich auf Zehenspitzen stellen, um etwas
herausschauen zu können. Doch der Spalt war nicht sehr
hoch und nicht breit genug. Ihre Hand blieb darin stecken
und unter leichten Schmerzen musste sie sie wieder
herausziehen.
Etwas Abendluft kam durch die Spalten und Enya sog
hastig nach der frischen Luft. Sie erinnerte sich an ihre
Sinne und was Sealtiel ihr beigebracht hatte. Zuerst
schloss sie ihr Augen und lauschte. In der Ferne konnte
sie leises Wasser plätschern hören, ein paar Grillen
zirpten und eine kleine Eule rief den Abendgruß. Dann
öffnete
sie wieder ihre Augen und schaute angestrengt durch den
größten Spalt. Das Mondlicht schien auf eine Wiese oder
ein Feld und es sah aus, als stände weiter hinten ein
Baum.
Mehr konnte sie nicht erkennen und die Schmerzen in
ihrem Kopf nahmen wieder zu. Langsam ging sie zurück
und legte sich auf die Liege.
Sie träumte von Jadon und die Ruhe, die von ihm
ausging. Doch als sie erwachte, war es eben nur ein
Traum und die Wirklichkeit holte sie schnell wieder ein.
Zumindest schien jetzt draußen wieder die Sonne und ihre
Strahlen gaben dem dunklen Raum zum ersten Mal mehr
Licht. Enya ging es heute deutlich besser und erneut
schaute sie durch den großen Spalt. Es war tatsächlich
eine Wiese, an die weiter hinten ein Feld angrenzte. Dort
standen ein paar Bäume, aber es war schwer zu erkennen
wie viele. Plötzlich machte sich ein beißender Geruch breit
und Enya musste sich die Hand vors Gesicht halten.
Etwas sehr Großes ging an ihrem ‘Gefängnis’
vorbei. Schnell, aber vorsichtig, rannte sie zu der dicken
Tür und erspähte durch ein Loch, nicht größer wie ein
normales Schlüsselloch, einen langen dicken Schwanz,
der einem Skorpion ähnelte.
Erschrocken ging Enya einige Schritte zurück und lauschte
den schweren Schritten, die anscheinend neben ihrer Tür
endeten. Enya versuchte so leise wie möglich zu atmen
und zwang sich krampfhaft, zu erinnern. Es dauerte eine
Weile, doch nach und nach konnte sie tatsächlich immer
mehr Puzzleteile in ihrem Kopf zusammenfügen.
»Lisa und die Mantikore? So muss es sein. Meine Güte,
was hat sie mit mir vor?«, flüsterte Enya leise vor sich
hin, als weitere Geräusche zu hören waren. Auch ihre
Narbe fing plötzlich sehr schnell und stark zu schmerzen
an, was nur eines bedeuten konnte. Die Angst überrannte
sie und versuchte, ihren Körper zu fesseln, doch Enya
besann sich auf ihre Fähigkeiten und schaffte es
einigermaßen, die Kontrolle über ihren Körper und die
Angst zu behalten.
Das Training mit Sealtiel hatte tatsächlich seinen
gewünschten Erfolg erzielt, denn ihre Sinne waren aktiv
wie noch nie. Eine männliche Stimme schien etwas zu
sagen und eine weibliche antwortete. Enya nahm so leise
wie möglich ihre alte Klappliege und stellte sie an die
Wand mit den Spalten. Als sie sich darauf stellte, reichte
ihr Ohr an eine Öffnung etwas weiter oben. Die weibliche
Stimme war eindeutig die von Lisa, die andere konnte sie
nicht
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