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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kroehn
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verraten!«
    Grothusen trat kaum merklich zurück und grinste abfällig. »Gib nicht vor, du hättest mir je vertraut«, gab er ungerührt zurück. »Du weißt, dass es mir gleich ist, ob deine Engel gut gemalt sind oder nicht, solange ich mein Geld damit verdiene.«
    »Du elende Kreatur!«, wütete Samuel und spuckte ihm ins Gesicht. »Du bist es nicht wert, mir auch nur die Füße zu küssen.«
    »Hab keine Angst«, gab Grothusen zurück. »Danach trachte ich nicht. Ich will mit dir so wenig zu tun haben wie mit deiner Malerei. Hast du nicht seinerzeit als Erster erkannt, dass meine Liebe zur Kunst nur vorgegaukelt ist? Hast du mich nicht bloßgestellt vor allen Leuten? Und zu diesen Bedingungen hast du dich schließlich auf unseren Pakt eingelassen! Also heul mir nicht die Ohren voll, reiß dich zusammen und tu das Einzige, was du kannst: malen!«
    Hernach verließ er augenblicklich den Raum.
    Samuel aber fand keine Ruhe. Eine Woche, nachdem Andreas von Hagenstein verschwunden war, entfloh er seinem Zimmer und verlangte, im großen Saal vor seiner Anhängerschar zu reden.
    »Nun«, begann er bitterböse. »Wie viele von euch gedenken Andreas zu folgen? Wie viele sehen in unserem Malen nur ein Spiel, das nach Lust und Laune aufzugeben ist?«
    »Was empörst du dich«, warf Bartholomé Vernez, der Beste unter den anderen Malern, ein. »Andreas hat uns sein Vermögen gelassen! Was braucht es ihn, solange wir sein Geld für unsere Zwecke nutzen können?«
    »Überhaupt«, ließ sich auch Lukas Vogt vernehmen, »er sagte kaum ein Wort und tat nichts in den letzten Wochen. Wie soll man einen missen, der nur mit griesgrämigem Gesicht durch die Gänge schlich?«
    Lena schwieg. Zu Andreas’ Verrat fiel ihr nichts ein. Es ließ sich nur erkennen, dass sie gebeugter stand als früher, beinahe so wie in der Zeit des Buckelns.
    »Ha!«, kläffte Samuel, während er polternd auf und ab schritt. »So sollte ich mich etwa zufrieden geben, dass Memmen und Feiglinge unter uns leben, und hinnehmen, dass Weitere, die still hier ihren Dienst versehen, Andreas in die Ferne folgen?«
    Schüchtern wagte Johanna Küblach, es mit ihm aufzunehmen. »Was verlangst du denn von uns?«, fragte sie. »Wir malen mit dem Blut, das am besten für die Engel taugt! Tagtäglich bereitet man dir Opfer! Doktor Mohr kann’s bestätigen!«
    Sie wies auf den Mediziner, und Samuels flackernder Blick folgte ihrer Hand. Ungeduldig und ohne Vertrauen maß er Doktor Mohr.
    »Und wer sagt, dass dieses Opfer reicht? Wer sagt, dass wir nicht gänzlich anderer Opfer bedürfen?«, fragte er ungeduldig. Seine Augen wurden schmal, während sein Blick von einem zum anderen glitt, bei Lena festhing und sie als jene erkannte, die bei ihm blieb, wohingegen Andreas heimlich verschwunden war.
    Als sie seinen Blick fühlte, hob sie ihren.
    »Was meinst du damit?«, fragte sie leise.
    »Wenn wir Bilder wollen, die die Menschen zum Erbeben, zum Weinen, zum Schreien, zum Zittern bringen, brauchen wir besseres Blut«, sprach Samuel leise zischend. »Unschuldiges, ungetrübtes, der Sünde bares, noch nicht von menschlichen Gedanken vergälltes, noch nicht den menschlichen Regungen unterworfenes.« Trotzig hämmerte er die Worte auf den Boden vor seine Füße. »Die Schwelle zwischen Himmel und Erde muss noch schmaler sein, das Wandeln an den Rändern des Irdischen noch näher an dessen äußerster Grenze.«
    Doktor Mohr war der Erste, der verstand. Nachdenklich fuhr er mit der Hand durchs Haar, um es zu glätten.
    »Wir wollen jene erwählen«, fuhr Samuel entschlossen fort, »die dem Himmel noch nahe stehen, die sich noch nicht in die hiesige Welt verkrochen haben.«
    Grothusen stand nicht weit von Lena. Weil sie gebeugt verharrte, überragte er sie mühelos. »Sieh an!«, stieß er aus und ließ die anderen hören, dass sein Lachen lahm war und seine Stimme überdrüssig und abgekämpft.
    Lena zuckte zusammen.
    »Sieh an!«, wiederholte Grothusen bitter. »Lasset die Kinder zu mir kommen.«
    »Es müssen nicht alle Bilder von diesem besonderen Blut gemalt sein«, sagte Samuel am Ende zufrieden, weil niemand zu widersprechen wagte. »Doch mag man arme Häuslereltern gewinnen, ihre Kleinen dafür zur Verfügung zu stellen. Es soll ihnen kein Schaden entstehen. Wenn sie eine kräftige Natur haben, überstehen sie es, ohne es zu bemerken. Ich will endlich die Wahrheit der Engel offenbaren. Ich will sie festhalten auf immer und ewig. Ich will sie malen, so wie ich Menschen

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