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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Stück entfernt hockte Eve auf dem Altarblock, der wie durch ein Wunder unbeschädigt geblieben war. Sie hatte die Knie angezogen und ihre Arme darüber gefaltet. Alan rieb sich mit dem Daumen über den kleinen Schnitt am Unterarm, aus dem er Blut über ihre Wunde am Handgelenk hatte laufen lassen.
    „Wenn du ihn nicht schlagen kannst, spreng ihn in die Luft.“ Kain zuckte mit den Schultern. „Zum Teufel mit der Ritterlichkeit. Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert.“
    Alan hielt seinen Blick fest. In einer Mischung aus Verblüffung und Faszination verstand er, dass sich die Feindseligkeit zwischen ihnen in etwas anderes verwandelt hatte. Etwas, das sich fast anfühlte wie eine raue Kameradschaftlichkeit.
    „Sprengstoff“, konstatierte Alan.
    Ein schiefes Lächeln stahl sich in Kains Mundwinkel. „Es gibt mehr Wege als dieses anachronistische Ding“, er machte eine Kopfbewegung zum Schwert, „um unsereins umzubringen.“ Sein Gesicht verzerrte sich unter plötzlichem Schmerz, seine Hand glitt zur Brust. Die Transformation würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Kain hielt sich kaum noch auf den Beinen. „Glaub mir, ich kenne mich damit aus.“
    Alan gab das Lächeln zurück. „Das Ding ist recht effektiv für einen Anachronismus.“
    Er folgte Kains Blick zu Eve. Kain trat auf sie zu und streckte einen Arm nach ihr aus. Seine Finger glitten über ihr Haar und streiften ihre Wange. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Kain wartete nicht darauf.
    „Freundschaft, ja?“
    Sarkasmus schwang in seiner Stimme. Ein Funken Bitterkeit. Abrupt wandte er sich ab, entfernte sich mit schleppenden Schritten. Er stolperte und fing sich wieder.
    „Was hast du jetzt vor?“, rief Alan ihm nach.
    Kain sah über seine Schulter. „L.A. ist nicht meine Stadt. Wahrscheinlich gehe ich zurück an die Ostküste. Wer weiß?“
    „Viel Glück“, sagte Alan.
    Die Stahltür zum Treppenhaus quietschte, als Kain sie aufzog. Seine Schritte verhallten. Alan starrte in die Dunkelheit, wo Kains Silhouette verschwunden war, und verspürte einen leisen Anflug von Bedauern. Was seltsam war. Oder vielleicht auch nicht.

    Der Panzer, den Eve um sich errichtet hatte, zerbarst, als Alan die Arme um sie legte. In dem Wissen, dass er sie auffangen würde, ließ sie sich gegen ihn sinken, an seinen warmen Herzschlag. Sie lauschte auf den Wind und das Rauschen des Verkehrs von den Freeways und presste sich fester an seinen Körper. Als er zusammenzuckte, hob sie den Kopf.
    „Tut mir leid. Bist du verletzt?“
    „Nicht der Rede wert.“ Er ließ einen Daumen über ihr Handgelenk gleiten. „Da wird eine kleine Narbe bleiben.“
    „Es war ein ziemlich tiefer Schnitt.“ Eve schluckte. „Kein weißer Hahn und keine Jungfrau, was?“
    Leise lachte er an ihrem Haar. Sein Atem blies warm gegen ihre Kopfhaut. „Dein Blut war vermutlich der Katalysator“, sagte er. „Um Körper und Seele wieder zu verbinden.“
    „Er ist nicht wahnsinnig.“
    „Nein“, bestätigte Alan.
    „Sein Name ist Asâêl.“
    „Ich weiß.“
    „Er war dankbar. Er dachte, ich hätte ihm seine Freiheit geschenkt.“
    „Weil es dein Blut war, das ihn zurückgeholt hat.“
    Eve dachte an das, was der Engel zu ihr gesagt hatte. An das, was er ihr gegeben hatte. Schwindel überrollte sie.
    „Lass uns hier verschwinden“, sagte Alan.
    Sie sah, dass er keinen Blick zurückwarf zur Leiche seines Vaters, als sie das Dach verließen.

25
    D as Hotel in San Quintin, 200 Meilen hinter der mexikanischen Grenze, besaß einen Computer mit Internetanschluss und einen Drucker. Glastüren führten von der Rückseite der Lobby direkt hinaus zu einem weiten, weißen Strand, der um diese Jahreszeit nahezu menschenleer war. Alan beobachtete ein Frachtschiff, das weit draußen vor der Küste ankerte. Eine Gruppe von Pelikanen fischte im flachen Wasser. Sie glitten tief über die Wellen und stießen senkrecht hinab, um ihre Beute regelrecht zu torpedieren.
    Hinter ihm sprang der Drucker an. Er drehte sich zu Eve um, die konzentriert auf den Monitor blickte. Sie sah bezaubernd aus. Die Tage in Sonne und salzigem Wind hatten ihr gut getan. Das Chiffonkleid, das sie sich einen Tag zuvor in einem Laden in Camalú gekauft hatte, bauschte sich um ihre Schultern wie Frühlingsblumen.
    „Schwanensee im Dorothy Chandler Pavillon, Grand Circle, erste Reihe.“ Sie hob eine Augenbraue. „Gib einen Tipp ab.“
    „Was?“
    „545 Dollar pro Ticket.“
    „Wow.“ Er verstand

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