Engelsfluch
blutig vor ihnen. Entweder hatten sie eine ihrer Kugeln abbekommen oder waren von einem Messer oder anderen Gegenständen, die irgendjemand aus der Nähe des Zaunes geworfen hatte, getroffen worden.
Der Anführer hob den Kopf und zeigte seine leeren Hände. »Ich ergebe mich.«
Aus den Kehlen der restlichen Vampire ertönte ein einvernehmliches Stöhnen und sie sanken zu Boden. Alle waren noch am Leben. Sara war fassungslos. »Und Sie glauben im Ernst, dass ich es dabei bewenden lasse?«
Der Vampir grinste sie an. »Die Politik ist eine grausame Herrin.«
»Habe ich mit weiteren Übergriffen zu rechnen?«
»Nein. Sie haben die Probe bestanden.« Er blinzelte. Das verletzte Auge heilte mit rasender Geschwindigkeit. »Und an den internen Abläufen der Gilde haben die Erzengel kein Interesse.«
»Was sollte dann dieses ganze Theater? Warum haben Sie versucht, mich umzubringen?«
»Das war nötig.« Achselzuckend wandte er sich zu seinen Männern um. »Ziehen wir ab.«
Fünf Minuten später war im fahlen Licht der Morgendämmerung kein Vampir mehr zu sehen. Sara ließ ihre Waffen sinken und schaute zu Deacon hinüber. Er war blutbeschmiert, die Jacke zerrissen, doch war es der Ausdruck in seinen Augen, der ihr durch und durch ging. Er war stocksauer. »Verdammt, Sara. Ich will nicht, dass dir etwas geschieht.« Und dann küsste er sie.
Es war wild und leidenschaftlich und ganz und gar wundervoll … bis Lucy anfing zu jaulen und ein vernehmliches Räuspern ertönte.
Sara löste sich von Deacons Lippen und wandte sich mit erhobener Waffe um. Vor ihr stand eine hochgewachsene Frau mit weißblonden, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren und blickte sie neugierig an. Sie war von oben bis unten mit Messern bestückt. »So ist das also«, sagte Ellie mit einem breiten Grinsen. »Du und der Henker, wie? Find ich gut.« Sie musterte Deacon einmal von oben bis unten und pfiff dann anerkennend durch die Zähne. »Meinen Segen hast du jedenfalls.«
Lächelnd wollte Sara sie in die Arme schließen, doch Ellie schüttelte den Kopf. »Du weißt, wie gern ich dich habe, Sara, aber du bist voller Vampirblut.«
»Bah!« Sara besah sich ihre besudelten Kleider. »Ich dachte, ich hätte dir verboten, mir hinterherzukommen.«
»Hättest du dich daran gehalten?«, fragte Ellie und zog eine Augenbraue hoch. »Siehst du.«
Kapitulierend hob Sara die Hände. »Wir müssen mal nach Tim sehen, dem Jäger dort drinnen.« Sie wandte sich an Deacon. »Sollten wir nicht vielleicht Ellie hineinschicken? Wir würden doch nur Tims Fußboden vollbluten.«
Deacons Augen funkelten. »Gute Idee.«
Elena blickte von einem zum anderen. »Habe ich vielleicht ›Trottel‹ auf der Stirn stehen? Ich glaube nicht. Über Tims dämonischen Kumpel bin ich bestens informiert.«
Trotz seiner Worte war Deacon schon an der Tür. »Tim?«
»Mir geht es gut«, erklang es stöhnend. Gleichzeitig begann Lucy wie wild zu bellen. »Aus, Lucy, mein Mädchen.« Nach kurzem Geknurre verstummte die Hündin.
»Gib mir Deckung«, sagte Deacon und öffnete die Tür.
Sara machte sich bereit, auf den Hund zu schießen – außer Gefecht setzen, nicht töten –, aber dieser verdammte Köter mit seinen teuflischen Augen saß aufmerksam neben seinem am Boden liegenden Herrchen und grinste sie an, als warte er nicht nur auf die passende Gelegenheit, ihnen den Kopf abzubeißen. In Tims Hand lag eine Waffe, auf seinem Gesicht prangte ein hässlicher Bluterguss … und er roch wie eine ganze Brauerei.
»Mein Gott, Tim«, murmelte Ellie und wedelte mit der Hand vor ihrer empfindlichen Jägernase. »Hast du in Bier gebadet oder was?«
Tim verzog das Gesicht. »Schh.«
»Warst du auf einer Sauftour?«, fragte Sara gereizt. »Wir dachten, du bist tot.« Oder ein Serienmörder.
»Hey«, lallte er, »immerhin bin ich lange genug bei Bewusstsein geblieben, um auf sie zu schießen. Und mir steht ja wohl eine Sauftour zu, nachdem ich einen Vampir gefunden habe, den Vampirhasser total zerstückelt haben. Sogar die Finger haben sie ihm einzeln abgeschnitten, diese Schweine.«
Sara war auch schon einmal solch ein Fall untergekommen. Daraufhin hatte sie fünf Tage lang ununterbrochen gebacken. Ihre Nachbarn fanden es toll. »Wer hat Lucy in der Zwischenzeit gefüttert?«
»Ich natürlich.« Tim sah sie empört an. »Als wenn ich meinen Engel ohne Essen zurücklassen würde.« Er küsste den räudigen schwarzen Hundekopf. »Lucy weiß, wo ihr Futtervorrat versteckt
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