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Engelslicht

Engelslicht

Titel: Engelslicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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scheren, während er an dem roten Likör nippte. Die leeren Blicke der anderen Outcasts bohrten sich neidisch in Daniels Flügel.
    Die Glastüren zum Schlafzimmer öffneten sich, und die verkaterte Italienerin, mit der Luce das Bett geteilt hatte, stolperte barfuß in den Raum. Sie schaute zu Daniel hinüber und rieb sich die Augen. »Wow, der Megatraum!«, murmelte sie auf Italienisch, bevor sie im Badezimmer verschwand.
    »Genug geredet«, sagte Daniel. »Wenn eure Armee so stark ist, wie du behauptest, dann lasst ein Drittel von ihr nach Wien gehen, um die drei gefallenen Engel dort zu beschützen. Schickt ein weiteres Drittel nach Avignon, wo ihr Cam und zwei weitere Gefallene finden werdet.«
    Als Phil nickte, entfalteten zwei Outcasts im Wohnzimmer ihre tristen Flügel und schossen wie riesige Fliegen durch das offene Fenster.
    »Das verbliebene Drittel unserer Streitmacht fällt in meine Zuständigkeit. Wir werden dich zum Berg Sinai begleiten. Kommt, schwingen wir uns in die Lüfte auf. Die anderen werde ich unterwegs einsammeln.«
    »Ja«, sagte Daniel schnell. »Bist du bereit, Luce?«
    »Lasst uns aufbrechen.« Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen Daniels Schultern, damit er sie in die Arme nehmen, durch das Fenster springen und in den dunklen Himmel über Venedig hinausfliegen konnte.

Fünf
    Eintausend Küsse tief

    Sie landeten kurz vor Sonnenaufgang in einer hohen Bergwüste. Am östlichen Horizont färbten sich Himmel und Wolken rosa und golden und heilten die blauen Flecke der Nacht.
    Daniel setzte Luce auf einem flachen Felsplateau ab, das zu trocken und unbarmherzig war, um selbst dem zähesten Wüstenstrauch Nahrung zu bieten. Die kahle Berglandschaft erstreckte sich ringsum in einer unendlichen Weite. Mal fiel sie hier steil in dunkle Täler ab, mal erhob sie sich dort zu Gipfeln mit gewaltigen gelbbraunen Felsbrocken, die wie hingeworfen wirkten. Es war kalt und windig, und die Luft war so trocken, dass das Schlucken schmerzte. Auf dem Felsplateau war kaum genug Platz für Luce und Daniel und die fünf Outcasts, die mit ihnen gereist waren.
    Feiner Sand peitschte durch Luce’ Haar, während Daniel die Flügel anlegte. »Da wären wir.« Er klang beinahe ehrfürchtig.
    »Wo?« Luce zog den Kragen ihres weißen Pullovers höher, um die Ohren gegen den Wind zu schützen.
    »Auf dem Berg Sinai.«
    Sie tat einen trockenen, sandigen Atemzug und drehte sich einmal um sich selbst, während die zarten goldenen Sonnenstrahlen über den Sandsteinbergen im Osten län-ger wurden. »Hier hat Gott Moses die Zehn Gebote gegeben?«
    »Nein.« Daniel zeigte über ihre Schulter nach Süden, wo ein paar Hundert Meter entfernt eine Reihe puppengroßer Rucksacktouristen ein gangbareres Terrain bestiegen. Ihre Stimmen waren in der kalten, dünnen Wüstenluft klar vernehmbar und ihr leises Gelächter hallte unheimlich von den stillen Bergspitzen wider. Einer der Touristen trank Wasser aus einer blauen Plastikflasche. »Dort hat Moses die Zehn Gebote empfangen.« Er breitete die Arme aus und warf einen Blick auf den kleinen runden Fels, auf dem sie gelandet waren. »Dies ist der Ort, an dem einige der Engel gestanden und es beobachtet haben. Gabbe, Arriane, Roland, Cam« – er deutete erst auf eine Stelle auf dem Felsen, dann auf eine andere, wo ein Engel gestanden hatte – »und noch ein paar.«
    »Und du?«
    Er wandte sich ihr zu und machte drei schnelle Schritte vor, sodass sie sich an der Brust und an den Zehenspitzen berührten. »Genau« – er küsste sie – »hier.«
    »Und wie war es so?«
    Daniel sah weg. »Es war der erste offizielle Bund mit den Menschen. Davor hatte es nur Bünde zwischen Gott und den Engeln gegeben. Einige der Engel fühlten sich verraten, hatten das Gefühl, dass es die natürliche Ordnung störte. Andere dachten, wir hätten es selbst bewirkt, dass es eine natürliche Entwicklung sei.«
    Das Violett seiner Augen flammte für einen Moment etwas heller auf. »Die anderen müssen unterwegs sein.« Er drehte sich zu den Outcasts um, die sich dunkel gegen die zunehmende Helligkeit im Osten abhoben. »Werdet ihr Wache halten, bis sie eintreffen?«
    Phil verneigte sich. Die anderen vier Outcasts standen hinter ihm, die ausgefransten Ränder ihrer schmutzigen Flügel bewegten sich im Wind.
    Daniel zog sich den linken Flügel vor den Körper, um ihn vor Blicken abzuschirmen, und langte mit der rechten Hand hinein wie ein Zauberer, der in seinen Umhang griff.
    »Daniel?«, fragte Luce und

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