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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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abgegeben.«
    »Würdest du deinem Sohn eine Verbindung wünschen, die auf Höflichkeit und politischem Kalkül basiert?«
    Sie setzte sich auf eine von silbernem Mondlicht beschienene und von leuchtend gelben Rosen umrankte Steinbank, um ihn mit dem verzweifelten Blick zu mustern, den er noch aus Kindertagen kannte: Wie oft hatte sie ihn so angesehen, wenn einer seiner Streiche ruchbar wurde. »Eigensinniges Kind!« Sie seufzte erneut. »Na, dann komm. Erzähl mir, warum du diese einst Sterbliche genug liebst, um der ganzen Welt zu trotzen. Ich möchte gern hören, wie ihr euch kennengelernt habt.«
    Er setzte sich neben sie unter die Rosen und stützte die Unterarme auf die Schenkel. »Mit einem blutgeborenen Engel fing es an, und es endete in Ambrosia.«
    Elena, die trotz der späten Stunde viel zu aufgekratzt war, um schlafen zu können, überredete Isabel zu einem Kampftraining in dem Hof des nur von ihr, Raphael, Keir, Naasir und Isabel bewohnten Gästehauses. Isabel war gut, aber Elena wusste sich durchaus gegen sie zu behaupten.
    »Ich glaube, ich bin in dieser Stellung langsam weich geworden!« Isabel wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. »Galen macht mir die Hölle heiß, wenn ich zum routinemäßigen Training in die Zufluchtsstätte zurückkehre.«
    »Galen ist eine harte Nuss!« Auch Elena wischte sich Schweißtropfen von der Stirn. »Aber ohne die Lektionen, die er täglich in mich reingeprügelt hat, wäre ich längst tot, ich darf also nicht allzu laut über ihn lästern.«
    Isabel grinste verständnisinnig, und die beiden Frauen trennten sich, um zu duschen, während Naasir solange die Wache übernahm. Relativ zufrieden und müde ging Elena zu Bett. Auf Raphael zu warten lohnte sich nicht, denn Caliane wollte sicher so viel Zeit wie irgend möglich mit ihrem Sohn verbringen. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, sofort tief und fest schlafen zu können, aber offensichtlich registrierten ihre Albtraumvisionen genau, wann man sie allein und verletzlich erwischen konnte.
    Tropf
    Tropf.
    Tropf.
    Elenas Flügel schleiften durch das angetrocknete Blut, obwohl sie sich doch solche Mühe gab, sie gar nicht erst mit den glitschigen Fliesen in Berührung kommen zu lassen. Die weißgoldenen Spitzen nahmen langsam einen modrig riechenden bräunlich-roten Ton an. »Belle? Belle? Wo bist du?«
    Ihre ältere Schwester kam unter dem Tisch hervorgekrochen. Ihre blutigen Finger hinterließen dunkle Streifen auf Elenas Flügeln, als sie versuchte, sich daran hochzuziehen. »Ellie, meine Beine tun weh.«
    »Warte, ich helfe dir auf.« Aber Elena hatte den Satz noch nicht ganz beendet, als sie auch schon auf der nassen und metallen riechenden Nässe auf dem Boden ausrutschte und der Länge nach auf dem Rücken landete. Ihre Flügel wurden unter ihrem Körper zerknautscht, die Fugen zwischen den Kacheln drückten schmerzhaft auf die Sehnen.
    Sie biss die Zähne zusammen, schaffte es irgendwie, sich aufzurichten, bis sie auf Hände und Knie hochgekommen war. Aber irgendetwas ließ ihren Körper immer wieder zurückrutschen, der Küchenfußboden war plötzlich zu einer schiefen Ebene geworden. »Ich kann dich nicht erreichen!« Ihre Stimme war wieder die des Kindes, des Mädchens mit den beiden älteren Schwestern, die ihr schon sagen würden, was sie tun sollte. »Belle? Was soll ich machen?«
    Aber Belle konnte nichts mehr sagen. Auch klammerte sie sich nicht mehr an Elenas Flügel, denn ihr waren die Hände abgehackt worden. Ihre schönen Beine lagen in Stücke gehauen über den ganzen Raum verteilt. Schluchzend versuchte Elena, Ariel zu finden, denn Ari würde wissen, was zu tun war, Ari wusste immer, was zu tun war.
    Das Herz schlug ihr zum Zerspringen, als sie hinter einem Stuhl die schlanken Fingerspitzen ihrer anderen Schwester entdeckte. Dort musste sie hin, verzweifelt versuchte sie, sich einen Weg zu bahnen. Sie erkannte die Finger genau, Ari hatte sich gerade erst die Fingernägel bemalt, in einer Schattierung, die sie »Nackt« nannte. Nicht ihre Lieblingsfarbe, aber die, mit der sie sich in der Schule den wenigsten Ärger einhandeln würde. »Ari?« Endlich hatte Elena es geschafft, sie konnte die Hand berühren. »Belle ist verletzt. Wir müssen ihr helfen. Ari?«
    Sie hatte eine Hand ergriffen, die am Handgelenk abgerissen war.
    Als Raphael im Morgengrauen in seine Suite zurückkehrte, fand er seine Gemahlin steif wie ein Brett, die Hände zu Fäusten geballt. Sofort legte er ihr die Hände auf die

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