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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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Neue, obwohl sie doch ein Jahr lang Zeit gehabt hatte, sich an das erstaunliche Wunder ihrer Flügel zu gewöhnen.
Ist es sehr dringend?,
fragte sie.
Das, was wir besprechen müssen?
    Nicht so dringend, dass wir nicht fliegen könnten.
    Elena sah auf. Raphael schwang sich mit atemberaubender Leichtigkeit immer weiter in die Höhe, bis er nur noch als schwach erkennbarer Punkt hoch oben am Himmel zu erkennen war … und dann blieb ihr fast das Herz stehen, als er wie ein glatter weißgoldener Pfeil aus dem Himmel fiel und fiel und immer schneller wurde, bis sie weit unter sich im Park Menschen schreien hörte. Als nur noch eine Sekunde ihn von dem trennte, was für jeden Menschen den sicheren Tod bedeutet hätte, breitete der Erzengel seine Flügel aus, um wieder nach oben zu schießen.
    Du hast sie alle in Angst und Schrecken versetzt.
Das Herz schlug ihr hoch im Halse, in ihren Ohren rauschte es.
    Man muss die Menschen von Zeit zu Zeit in Angst und Schrecken versetzen. Sonst überschreiten sie noch Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen.
    Und Erzengel sollte man vielleicht von Zeit zu Zeit herausfordern,
konterte Elena.
Hast du darüber schon mal nachgedacht? Unter Umständen ließe sich so das Arroganzproblem ganz von allein regeln.
    Mich darf jeder herausfordern.
    Raphael schlug einen Bogen Richtung Hudson. Elena folgte ihm. Über dem Fluss zauste ihr der Wind die Haarsträhnen, die sich aus ihrem festen Zopf gelöst hatten.
Wie kann dich jemand herausfordern, wenn alle Angst vor dir haben?,
wollte sie wissen.
    Dich hat das doch noch nie aufgehalten.
    Womit er recht hatte, nur …
Ich hatte schon immer eine Spur Wahnsinn in mir.
    Flügel an Flügel flog sie mit ihrem Erzengel über das Wasser und folgte dem Fluss gen Norden, bis sie beide kehrtmachten, um ihr Haus in der Engelsenklave anzusteuern. Das Haus lag direkt gegenüber von Manhattan auf den Klippen, die über dem Hudson aufragten, und war ein stolzes, beeindruckendes Gebäude, von dem aus man umwerfende Blicke auf die Stadt genießen konnte. Für Elena jedoch war es schlicht ihr Zuhause.
    Montgomery hat etwas Besonderes für dich vorbereitet. Brich ihm nicht das Herz.
    Der Gedanke an Raphaels Butler ließ Elena lächeln.
Montgomery und ich, wir lieben uns, das weißt du doch.
Sie landete wohlbehalten und auf beiden Beinen auf dem immer noch grünen Rasen, der erst bei den steil zum Hudson hin abfallenden Klippen endete, und sah Raphael beim Landen zu, wie immer überwältigt von der unglaublichen Spannbreite seiner Flügel.
    »Da braut sich ein Gewitter zusammen«, flüsterte der Erzengel mit Blick auf die Wolken, die sich über Manhattan türmten. »Ziemlich schnell, wie mir scheint.«
    So schnell, dass es Elena beim Fliegen gar nicht aufgefallen war. »Es wird doch nicht noch eine Uralte erwachen?«, fragte sie besorgt, während sich ihr beim bloßen Gedanken an die letzte höchst unfreundliche Wetterperiode in der Stadt die feinen Härchen an den Armen aufrichteten.
    Zu ihrer großen Erleichterung schüttelte Raphael den Kopf. »Nein. Zwei Uralte, die innerhalb eines Jahres erwachen, das wäre außergewöhnlich. Wahrscheinlich meldet sich hier nur der Winter zum ersten Mal richtig zu Wort. Trotzdem müssen wir die Wetterlage im Auge behalten, wir dürfen nicht vergessen, dass gerade eine Kaskade stattfindet, die vieles beeinflusst.«
    »Ja, und zwar nicht auf die sanfte Art, da geht es nicht um Blumen und Schmetterlinge.« Soweit Elena bisher hatte herausfinden können, entwickelte sich eine Kaskade aus dem Zusammenspiel von Zeit und ganz bestimmten entscheidenden Ereignissen, und das führte zu einem akuten Anstieg von Macht innerhalb des Kaders. Bei sämtlichen Erzengeln wuchsen dann die Kräfte. Einige mochten auch dem Wahnsinn verfallen, eines jedoch war klar: Keiner blieb so, wie er gewesen war. Und damit veränderte sich auch die Welt, denn die Erzengel waren Teil des Stoffs, aus dem die Welt erschaffen war.
    »Steht diese zweite Sache, die wir besprechen müssen, in einem Zusammenhang mit der Kaskade?«
    »Nein.« Elena traf ein Blick aus endlos blauen Augen. »Michaela bittet um die Erlaubnis, sich für längere Zeit in meinem Territorium aufhalten zu dürfen.«
    »Was?« Elena blieb der Mund offen stehen. »Nein!« Die Erzengelfrau Michaela hatte unmissverständlich klargestellt, was sie von Elena hielt: ungefähr so viel wie von einem Käfer, den sie jederzeit unter dem Absatz ihres Designerstiefels zerquetschen konnte. »Wieso

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