Engelsschmerz
es dir vorhin schon sagte. Es geht nur um ihn. Ich wünschte, ich hätte das früher verstanden.“
„Auch wir Engel müssen Fehler machen“, sagt Aiden und seine Worte sind wie eine Offenbarung.
Er wusste wirklich Bescheid. Von Anfang an, und er hat nichts dagegen getan. Mich nicht aufgehalten, mir nicht das verfluchte Buch weggenommen, sondern mich in mein Unglück rennen lassen. Aiden hat tatenlos dabei zugesehen, wie ich den Mann verletze, der mir alles bedeutet, dabei wollte ich doch nur nach Hause zurück. Trotzdem kann ich nicht wütend auf Aiden sein. Es war meine Entscheidung. Meine Schuld. Ich werde sie jetzt nicht Aiden unterschieben. Ich bin ein Dummkopf, aber kein Feigling.
„Wieso hast du mich gehenlassen?“
„Das weißt du doch längst.“
„Sag' es mir, bitte.“ Ich muss es aus seinem Mund hören. Wenigstens ein einziges Mal.
„Du musst Entscheidungen ganz allein treffen, auch wenn sie falsch sind. Selbst Engel müssen lernen, das Richtige zu tun, oder, wie in deinem Fall, einen Fehler machen, um aus ihm zu lernen. Ich durfte mich nicht einmischen. Es ist verboten. Wächter schützen, wie ich es jetzt tun werde, aber ich kann dir niemals abnehmen, selbst zu wählen.“
„Das ist nicht fair.“
„Nein, das ist es nicht“, stimmt Aiden mir ruhig zu. „Aber Fairness hast du weder im Leben noch im Tode zu erwarten. Auch als Engel geht es immer darum, sich zu entscheiden.“
Meine Lippen zittern mittlerweile, weil ich gegen die Tränen ankämpfe, als ich mich endgültig von Matthew abwende. „Bitte mach' es wieder gut. Er soll nicht leiden, weil ich ein Idiot bin.“
„Sieh' mich an, Elias!“
Jetzt spricht der Wächter aus Aiden und ich folge seinem Befehl, denn nichts anderes waren seine Worte. Aiden nickt zufrieden, als sich unsere Blicke treffen.
„Du wirst nie wieder nach Boston zurückkehren“, sagt er, was mich schockiert nach Luft schnappen lässt. Das kann er nicht von mir verlangen. Ich verstehe ja, dass Matthew sein Leben ohne mich führen muss, aber ich möchte ihn wenigstens ab und zu sehen, um zu wissen, ob es ihm gut geht. Nur aus der Ferne, ohne, dass er es bemerkt.
„Aiden ...“
„Das ist die Strafe für dein Vergehen, Elias. Sie ist nicht verhandelbar. Der Rat der Alten hat entschieden. Es wird dir gestattet, in den Himmel zurückzukehren, doch solltest du noch einmal gegen die Regeln verstoßen, gibt es kein Zurück. Du hast das 'Buch der Wünsche' für dein persönliches Glück missbraucht, ohne an die Folgen für Matthew oder dich zu denken. Schlimmer noch, du hast sie schlichtweg ignoriert. Der Rat wollte dich aus dem Himmel ausschließen. Du wärst ein Gefallener für alle Zeit gewesen. Ein Geist. Das ist der Preis, den du hättest bezahlen müssen. Doch dagegen haben Michael und ich interveniert.“
„Warum?“, will ich von ihm wissen, während sich ein Puzzleteil an das andere reiht. Ich war so dumm. Das war mit der letzten Zeile im Spruch gemeint. Für immer rein sein. Natürlich, als Geist ist man rein. Zumindest wenn man nicht mit Ketten in seinen Händen in den Flurgängen alter Häuser herumschleicht. Gibt es auch böse Geister? Ich glaube, ich will es gar nicht so genau wissen. Wahrscheinlich. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Engel, der das Buch benutzt und plötzlich als Geist auf der Erde aufwacht, das nicht lustig findet. Mir ging es schließlich nicht anders. „Böse Geister … es gibt sie, oder?“
Aiden nickt schweigend, was Antwort genug für mich ist. Er kannte den Preis und hat mich davor gewarnt, doch ich habe seine Warnungen in den Wind geschlagen, weil ich zu egoistisch war, um einzusehen, dass es keinen Weg zurück zu Matthew gibt.
„Es tut mir so leid, Aiden.“
„Ich weiß“, flüstert er und tritt auf mich zu, um mir durch die Haare zu streichen, als ich den Blick beschämt zu Boden richte. „Und um deine Frage zu beantworten, Michael will dich unter Kontrolle halten. Du brauchst Zeit, um Matthew mit deinem Herz gehenzulassen und nicht nur, weil du begriffen hast, dass euer gemeinsames Leben vorbei ist. Und Matthew braucht Zeit, ein Leben ohne dich zu beginnen. Als Gefallener wäre dir unser Himmelstor verschlossen gewesen und wir hätten dich ständig suchen müssen, um zu wissen, was du tust und wie es dir geht. Aus dem Grund hat Michael entschieden, dir eine zweite und letzte Chance zu geben.“
Das ist nur eine Teilantwort auf meine anfängliche Frage. Ich sehe vorsichtig auf. „Ich verstehe Michaels
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