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Engelsschmerz

Engelsschmerz

Titel: Engelsschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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dann zu begreifen, dass du tot bist? Mein Gott, ich rede mit dir, obwohl du in einem Sarg liegst. Schon seit Monaten mache ich das. Ich drehe durch, Neil hat recht. Wie kannst du etwas von 'nicht fair' faseln, obwohl du tot und begraben bist? Du hast mich alleingelassen, Lia, du bist gestorben und ich … ich … Scheiße!“
    Er fegt die Tasse mit einer wütenden Handbewegung vom Tisch und flüchtet aus dem Zimmer. Der Kaffee versickert in dem hellbraunen Teppich, den wir damals zusammen gekauft haben. Und ich stehe da und sehe zu.
    Lia. Niemand sonst nennt mich so, weil es eigentlich ein Mädchenname ist. Matthew hat das nie gekümmert. Für ihn war ich Lia, wann immer er mich ärgern oder necken wollte, und wenn er glücklich war. Elias nannte er mich nur, wenn er ernsthaft sauer auf mich war. Für mich war er Matti oder Matt. Aber das ist er nicht mehr, und diese Einsicht tut weh.
    Der Matthew, den ich vor Jahren kennen und lieben gelernt habe, ist weg. Unerreichbar. Er ist es schon seit meinem Tod, aber ich musste erst ein Geist werden, um das zu begreifen. Was habe ich getan? Es war ein Fehler. Alles. Das Buch, mein Wunsch, die Rückkehr hierher in unser Haus. Ich bin tot und ich hätte es bleiben müssen. Für Matthew, damit er mit meinem Verlust abschließen und ein neues Leben anfangen kann. Ohne mich.
    Es dauert, bis ich mich aus meiner Erstarrung lösen und Matthew folgen kann. Er ist im Schlafzimmer, liegt bäuchlings auf dem Bett und weint. Ich schäme mich so sehr. Wie kann ich diesen Fehler wieder gutmachen?
    „Ich wollte dir nie wehtun, Matti. Es tut mir leid.“
    Matthew reagiert nicht auf meine Worte, was mich nicht wundert. Ich bleibe bei ihm, bis er eingeschlafen ist, weil er sich müde geweint hat. Erst dann wage ich es, näher an das Bett zu treten und ihn zu betrachten. Tiefe Augenringe zieren sein schönes, ebenmäßiges Gesicht. Ich fand ihn vom ersten Augenblick an wunderschön. Selbst die schiefe Nase, die Matthew als Makel ansah, mochte ich. Sie passt zu ihm, genauso wie sein schlanker Körper mit dem kleinen Bauch, den er trotz Sport nie wegbekommen hat.
    Ich wünschte, ich könnte ihn berühren. Nur einmal über sein von der Sonne ausgebleichtes braunes Haar streicheln. Ihm vielleicht das Gefühl geben, dass alles gut werden wird. Irgendwann.
    „Aiden?“, flüstere ich nach einer gefühlten Ewigkeit, weil ich etwas tun muss. Wenn ich Glück habe, hört er meinen Ruf. Und falls Aiden es tut, kann er Matthew hoffentlich helfen. Das bin ich ihm schuldig. „Wenn du mich hörst, komm' her. Bitte, Aiden. Ich hätte niemals zurückgehen dürfen, das weiß ich jetzt. Ich haben einen Fehler gemacht und ich kann Matt nicht helfen, aber du. Ich weiß, dass du es kannst. Ich flehe dich an. Nicht für mich, für Matti … Bitte hilf ihm.“
     

 
     
     
     
     
    4
     
     
    Die Sonne geht unter. Ich merke es daran, wie das Licht, welches durch das Fenster herein scheint, weniger wird und das Schlafzimmer mit der Zeit in ein gräulich schimmerndes Dämmerlicht taucht. Matthew schläft immer noch, was mit Sicherheit gut ist. Ich hoffe, dass er keine schlechten Träume hat, aber bislang liegt er ruhig da und atmet gleichmäßig, das nehme ich schweigend als gutes Zeichen an.
    „Elias?“
    Ich schrecke auf und schaue zur offenstehenden Tür. Aiden. Er ist gekommen. Gott sei Dank. „Du hast mich gehört?“
    „Natürlich“, antwortet er und lächelt mich an. Es ist ein trauriges Lächeln, das mir bewusst macht, dass er Bescheid weiß.
    Ich versuche erst gar nicht, sein Lächeln zu erwidern, weil es mir ohnehin nicht gelingen würde. Stattdessen schaue ich zu Matthew und strecke ohne nachzudenken meine Hand aus, um ihm übers Haar zu fahren. Ich kann ihn nicht berühren, trotzdem zuckt er im Schlaf vor mir zurück, als wüsste er, dass ich neben unserem Bett stehe. Das tut weh und es ist der letzte Schubs, den ich noch brauchte, um einzusehen, dass meine Zeit auf der Erde vorbei ist. Und zwar für immer. Ich lasse meine Hand sinken, um zu Aiden zu blicken, der wartend an der Tür steht.
    „Kannst du ihm helfen?“
    „Ich kann ihn vergessen lassen, dass du hier warst. Aber seine Trauer muss er allein überwinden.“
    Alles ist besser, als Matthew einfach zurückzulassen, also nicke ich. „Tu' es, Aiden.“
    „Für dich?“
    „Nein“, antworte ich kopfschüttelnd und sehe ein letztes Mal auf Matthew. Ich muss hier raus, bevor ich es ihm nachmache und zusammenbreche. „Für Matti. So wie ich

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