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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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im dreifachen Tempo abgespielt wurde. Ubu wollte die Augen schließen und zurückweichen, aber es war unmöglich, die Augen vor einer Halluzination zu verschließen, die in sein Gehirn projiziert wurde.
    Die konstante Beschleunigung war zügig, die Visualisierung perfekt bis zum Ende, wenn die Makroatome des Lahore nicht mehr mit den Perturbationen des schwarzen Lochs mithalten konnten. Selbst dann gab es nur einen leichten Dunstschleier um den Rand der Singularität herum, eine Refraktion des Lichthofs, bevor sich das Jetzt ins Weiße Loch auflöste.
    Die Stimantennen fuhren zurück. Ubu schlug die Augen auf und stellte fest, daß der Techniker recht gehabt hatte. Das Erlebnis war zu überwältigend. Die Visualisierung war so echt, daß sie Ubu von der Arbeit ablenkte, die getan werden mußte. Sein Herz klopfte, seine Nerven fühlten sich an, als ob ein Tier seine Klauen hineingeschlagen hätte. Seine Wertung zeigte an, daß er sein Ziel um fast zwei Zehntel eines Lichtjahrs verfehlt hatte.
    Von der Rotverschiebung zur Blauverschiebung, dachte er.
    Blau Sieben würde zu weit in die andere Richtung gehen, fand er. Er lud einen Zerstäuber mit Blau Zehn. Das entspannte die Nerven, aber man blieb geistig hellwach.
    Viel besser. Das Blau Zehn dämpfte die grellen, scharfen Ränder der Simulation ein wenig, so daß er etwas Abstand von dem Erlebnis gewinnen konnte. Seine Wertung steigerte sich nahezu um das Zehnfache.
    Er rief immer schwerere Simulationen auf. Als er schließlich aufhörte, stellte er fest, daß er seit neun Stunden unablässig am Gerät gesessen hatte. Und seine Werte waren nur geringfügig besser als seine Durchschnittswerte beim alten Torvald. Die Technologie hatte sich nicht sehr verbessert, ebensowenig wie seine Werte, aber die Veränderungen, die eingetreten waren, hatten es dem Shooter leichter gemacht.
    Ubu verließ den Kommandokäfig und fand etwas zu essen in der Kombüse, Bohnen und grünen Chili auf einem Chapati aus Weizenmehl. Die schöne Maria lag im oberen Salon auf der Couch; sie hatte den ganzen Tag lang das Laden und Vertäuen der Fracht beaufsichtigt und war auch dementsprechend müde. Sie hatte immer noch den grauen Overall an, den sie auf dem Ladedeck trug.
    Der Ladevorgang war beendet. Vor dem Abflug der Runaway blieb nun nur noch eins zu tun, nämlich die Verhandlungen Mahadajis mit der Portfire A.G. über den Ankauf der nächsten Fracht durch die Gruppe zum Abschluß zu bringen. Diesmal würde die Fracht noch wertvoller sein; Ubu hatte auf Bezel diverse wertvolle Präparate gekauft, die er normalerweise nicht auf dem Schiff mitführte und von denen die Geliebte zumindest einige mit Sicherheit synthetisch herstellen konnte.
    »Wie war’s mit den Stims?« Maria ließ müde eine Hand von der Couch hängen und strich über den Flor des dunkelgrauen Teppichs.
    Ubu lächelte. »Interessant.«
    »Ich werd’s auch mal probieren, bevor wir abfliegen.«
    »Wir könnten ein paar Rekorde aufstellen, wenn wir uns dran gewöhnt haben.«
    Er zog den Tisch aus der Wand und aß sein Abendessen. Bier und das Blau Zehn machten ihn schläfrig.
    Er ging ins Bett. Diesmal war ihm nicht danach zumute, auf der Station einen draufzumachen.

    Als Ubu aufwachte, hatte er Hunger. Er machte sich auf den Weg zur Kombüse und stieß im Korridor auf die schöne Maria. Sie sah wie ein nasses Handtuch aus. Die Haare hingen ihr in feuchten Strähnen ins Gesicht, und sie hatte dunkle Schweißflecken unter den Armen ihres Overalls.
    »Ich hab den Lahore getestet«, sagte sie. »Die ganze Nacht?«
    »Das Ding ist zuviel für mich. Ich schieße nach Instinkt, aber meine Instinkte werden überrannt, wenn die Visualisierung so gut ist.«
    »Hast du’s mit Blau Zehn probiert?«
    »Ich hab’s mit allem probiert. Ich werde den kleinen Läusefänger neu programmieren müssen. Diese Art von Klarheit brauch ich nicht.«
    »Mach’s an einem Backup, um Himmels willen. Ich will nicht, daß du am Kern rumpfuschst …«
    Sie warf ihm einen Blick zu. »Was glaubst du, was ich bin, Shooter? ‘n beschissener Amateur?«
    »Naja, also …«
    »Ich werd eh bloß an den Stimroutinen rumbasteln. Nicht am Kernprogramm.«
    »Meinetwegen. Ist dein Schuß, Maria.« Sie schleppte sich zu ihrer Kabine. Ungerichtete Energie brodelte in Ubus Rückgrat hoch. Er ging zur Kommunikationsstation und rief Mahadaji an. Der Anwalt hatte sich gerade bei ihm melden wollen – der neue Vertrag war fertig. Portfire würde die pharmazeutischen

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