Engelstation
nichts mit der Botschaft der Geliebten zu tun.«
Ubus Schultern hoben und senkten sich. »Ich bin da anders geschaltet. So denke ich nicht. Ich wollte mir nur die Geliebte in Erinnerung rufen, und ich habe die Klänge benutzt, die das für mich bewirkt haben.«
Verwirrung strudelte in Zwölfs Kopf. »Gibt es einen Text für dieses Lied?«
»Nein.« Ubu suchte etwas in einer Schublade. »Ich bin kein Dichter.«
Verzweiflung heulte in Zwölfs Innerem. Er mußte sich verständlich machen, und es gab nur eins, was er ganz genau wußte. »Du darfst keinen Ladino-Rhythmus benutzen!« rief er. »Das darfst du nicht!«
Ubu hörte auf, in der Schublade herumzuwühlen. Er war sehr überrascht. »Warum nicht, Zwölf?« fragte er.
»Du darfst die Botschaft der Geliebten nicht unterbrechen. Ladino bricht den Rhythmus, beraubt ihn des Inhalts. Das wäre Blasphemie.«
»Ich verstehe.« Ubu schien darüber nachzudenken. »Ist gut, Zwölf«, sagte er. »Ich werde keine Ladino-Muster verwenden. Danke.«
Der Schiffsführer fand, was er suchte, steckte es in eine Westentasche und eilte davon. Zwölf blieb unglücklich im Salon zurück. Die Schwerkraft zerrte an seinen Eingeweiden. Schließlich machte er sich auf den Rückweg in den Hilfskontrollraum, wobei jeder Schritt von der Verzweiflung diktiert wurde.
Die Geliebte war zum Untergang verurteilt, dachte er.
Ubu hatte den heiligen Rhythmus der Geliebten genommen und für seine eigenen Zwecke benutzt, hatte die Trommelschläge mit seiner eigenen Musik, seinem eigenen inneren Lied überlagert. Die Geliebte würde das gleiche Schicksal ereilen: Die Menschen würden sie benutzen, wie es ihnen beliebte, würden ihr die Göttlichkeit rauben, um ihre eigenen verdorbenen Pläne zu verwirklichen, und ihre giftigen Gedanken in die vollkommenen Räume ihres Geistes einspeisen.
Die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, bestand darin, die Geliebte zu bewegen, sich von den Menschen fernzuhalten, sie womöglich zu vernichten. Und das würde sie nicht tun, dachte er. Die Menschen waren zu wertvoll für ihre Zwecke.
Zwölf programmierte seinen eigenen Synthesizer darauf, einen der ruhigsten, ermutigendsten Rhythmen der Geliebten auszuspucken. Es änderte seine Stimmung nur geringfügig.
Maxim, der weiße Kater, erschien in der Tür und sprang dann auf ihn zu. Zwölf fing ihn auf, und hielt ihn in den Armen. Der Kater machte es sich an seiner Brust bequem und gab ein leises, summendes Geräusch von sich.
Maxim hatte sich Zwölf noch nie genähert.
Zwölf ahmte die Handlungen der Menschen nach, wenn Maxim zu ihnen kam. Er streichelte der Katze den Rücken und kraulte sie mit seinen Innenfingern unter dem Kinn. Das Summen wurde lauter. Eine traurige Freude, die seiner früheren Wirklichkeit fremd war, keimte in ihm auf.
Zwölf begriff, daß es der Katze gefiel, was er tat, und daß sie sich selbst und dieses Summen als Belohnung darbot. Ihrer Ansicht nach hatte Zwölf etwas Richtiges getan.
Während er die Katze ziellos streichelte, tröstete ihn dieser Gedanke nicht im geringsten.
Die Runaway flog ein paar Stunden später von der Station ab, nachdem Ubu mit einer Kopie des neuen Portfire-Vertrags und einem Kreditjeton mit seiner Vorauszahlung in der Tasche zurückgekommen war. Im Anschluß an eine dreistündige Brennphase, die sie ein gutes Stück aus dem Schwerkraftschacht von Bezel herausbrachte, führte Ubu die Runaway in kurzer Folge durch drei Schüsse. Zwischendurch machte er nur gerade so lange Pause, daß der Navigationscomputer eine genaue Positionsüberprüfung vornehmen und er selbst den nächsten Sprung planen konnte. Als Ubu müde wurde, übernahm die schöne Maria den nächsten Sprung, aber sie hatte die Lahore-Software noch nicht zu ihrer Zufriedenheit modifiziert, und ihre Genauigkeit war weit von ihrem üblichen Standard entfernt. Angewidert stand sie vom Shootersessel auf und ging steifbeinig und wortlos in ihre Kabine. Ubu wartete, bis die Positionsmeldung hereinkam, plante den nächsten Schuß, schaltete dann die Schalttafeln aus und verließ den Käfig.
Er schaute nach ihrem Passagier und fand Zwölf im Kontrollraum schwebend, während der Synthesizer einen langsamen Rhythmus von sich gab. Nachdem sie ein paar höfliche Worte ausgetauscht hatten, verließ er die Nabe der Zentrifuge. In Marias Kabine brannte Licht. Er klopfte an die Schirmtür und machte dann auf. Maria saß über ihr Computerdeck gebeugt und arbeitete an der Lahore-Software. Sie hatte ihn nicht
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