Engelstation
Geliebten eine treibende Energie. Er fügte das letzte Stück an seinen Platz, schaute auf und sah, daß er in zwanzig Minuten im Pan-Development Klub sein mußte.
Er grinste. Die Fingerspitzen seiner unteren linken Hand waren gefühllos; er hatte die Gitarre zu lange nicht mehr gespielt. Ein Glück, daß seine Finger nicht bluteten. Ubu nahm die letzte Version seiner Komposition auf, stand auf, streckte sich und befahl dem Gerät, sie noch einmal laut abzuspielen, während er zu seiner Kabine ging und sich ein paar neue Sachen anzog.
Die Geliebte schlug in seinem Puls. Er hielt einen Moment inne und versuchte sich mittels seines perfekten akustischen Gedächtnisses in Erinnerung zu rufen, worum es bei der Verabredung ging.
Portfire, dachte er. In Ordnung.
Schmerzen rollten dumpf in Bändern, denen die Schwerkraft arg zugesetzt hatte. Zwölf verordnete sich Stille, Schwerelosigkeit und ein gnädiges Ende der Qualen, die ihm die menschlichen Leidenschaften bereiteten. Er schwebte im Hilfskontrollraum, dankbar, daß seine Zeit an Bord der Runaway bald enden würde. Selbst im Schlaf wimmelte es in seinem Geist nur so von menschlichen Worten, menschlichem Gedankengut … menschlichem Müll. Die Geliebte sang leise in seinem Blut. Er versuchte sich auf ihren Rhythmus, ihre Tröstung zu konzentrieren.
Mit einemmal war er hellwach. Das Lied der Geliebten ging weiter. Zwölf warf einen Blick auf den Synthesizer und sah, daß er ausgeschaltet war. Seine Fühler kribbelten. Er schwebte zu einem der Beschleunigungssessel, hielt sich an der Griffstange fest und spürte, wie seine Fingerspitzen vom fernen Wummern der Geliebten vibrierten. Ihr leises Trommeln ging durch den Rumpf des Schiffes. Zwölfs Herzen schlugen ihm bis in den Hals.
Er stieß sich ab, flog in den Rumpfkorridor hinaus und schwebte zur Nabe der Zentrifuge. Das Pulsieren der Geliebten war lauter, wurde jedoch von anderen Klängen überlagert.
Zwölf spürte einen Stich der Resignation, als er merkte, daß das Geräusch von den unteren Ebenen der Zentrifuge kam, daß er sich erneut der Schwerkraft aussetzen mußte. Er stieg in den offenen Lastenaufzug und drückte auf die Kontrollen. Mit einem leisen metallischen Sirren begann die Plattform nach unten zu sinken.
Sobald er die Nabe verließ, war das Getrommel der Geliebten deutlich zu hören. Die Luft in seinen Lungen wurde schwer. Sein Magen fühlte sich an, als ob er sich nach außen stülpen wollte.
Er würde sich nie daran gewöhnen.
Seine Herzen schienen sich festzufressen und die Funktion einzustellen, als der Fahrstuhl mit einem Ruck zum Halten kam. Seine Eingeweide waren bleischwer. Er stieg vorsichtig aus dem Fahrstuhl auf den kratzigen grünen Boden des Decks und merkte erst dann, daß er nicht nur das Lied der Geliebten hörte. Andere Klänge waren hinzugefügt worden.
Glühende Wut versengte seine Nerven. Blasphemie! dachte er. Die Botschaft der Geliebten war von menschlichen Zusätzen vergiftet worden. Zwölf beschleunigte. Zorn übermannte die Vorsicht, mit der er sich ansonsten in der Schwerkraft bewegte. Er kam zu schnell und in einer zu weiten Kurve zur Tür des Salons, knallte gegen den Türrahmen und stolperte in den Raum, wobei er seine Fäuste wütend wie Knüppel schwenkte.
Überlege sorgfältig , sagte der Rhythmus der Geliebten. Überlege sorgfältig, dann handle.
Der Raum war leer. Die Klänge kamen aus einem Synthesizer. Zwölfs Zorn pulsierte nutzlos in seinen Adern.
Überlege sorgfältig , befahl die Geliebte. Wenn du sorgfältig überlegst, wirst du das Richtige tun.
Der Befehl der Geliebten war gewaltlos. Unter seinem Einfluß begann sich seine Wut zu legen. Er sah den Sizer an, hörte die menschlichen Mißklänge, die sich mit dem Muster der Geliebten verschlangen, und fragte sich, was sie bedeuteten.
Überlege sorgfältig.
Draußen auf dem Flur war ein Geräusch zu hören. Zwölf wirbelte herum, die Fäuste immer noch geballt, und sah Ubu in den Salon kommen. Ubu sah Zwölf an, lächelte und langte nach den Kontrollen des Synthesizers. Er schaltete den Lärm ab.
Das Wummern der Geliebten verklang. Zwölf fühlte sich sehr allein.
Er machte eine Handbewegung zum Synthesizer. »Hast du das getan, hochwürdiger Schiffsführer?«
»Ja.« Ubu war in Eile; er steckte sich Dinge in die Taschen. »Ich dachte, ich komponiere mal ein Musikstück mit dem Trommelrhythmus der Geliebten. Ich habe Klänge benutzt, die mich an die Geliebte erinnern.«
»Diese Klänge haben
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