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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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verpflichtet, ihr zu helfen.
    Dies-Individuum hielt es für das Beste, zu tun, worum man es gebeten hatte, und Dich sodann davon zu unterrichten. Dies-Individuum wollte Maria nicht ohne stichhaltigen Grund verärgern.
    Statt dessen hast du Mich verärgert.
    Zwölfs Körper wurde von Entsetzen geschüttelt, als er spürte, in welche Richtung die Gedanken der Geliebten gingen. Seine Fühler konnten nur den Geruch seiner eigenen Angst wahrnehmen.
    Er wußte, daß die Auflösung nur einen Augenblick entfernt war.
    Aber irgendwie ging der Augenblick mit der unglaublichen Langsamkeit eines Gletschers lautlos vorüber.

    Die schöne Maria erfuhr später, daß die Abrazo vier komma zwei Lichtjahre vorn optimalen Kurs abgekommen war – wahrscheinlich der schlechteste Schuß, den die gesamte Besatzung je erlebt hatte. Als die Navigationssoftware die Position des Schiffes bekanntgab – was sie gleich noch einmal wiederholen mußte, weil keiner es beim erstenmal glauben wollte –, ordnete Marco sofort einen weiteren Schuß an.
    Maria war bereit. Beim Klang der Einminutenwarnung brach sie in Gelächter aus. Sie trieb einen Fuß durch Phil Mendozas stoisches Gesicht, stieß sich von der Wand der Kabine ab, schlug einen Purzelbaum, sprang erneut und prallte wieder ab. »Maria …«, sagte Kit. Maria sprang weiter hin und her wie ein Photon, das in einer Energiepumpe gefangen war. Die Elektronen klingelten wie Glocken in ihrem Kopf.
    Der Schuß begann. Die schöne Maria tanzte währenddessen schwerelos herum, spielte mit den Hologrammen Fangen, wand sich und schnellte im Takt zum Pulsieren der Elektronen durch die Kabine. Wer immer diesen Schuß durchführte, verfügte bei weitem nicht über Tante Sandys Fähigkeit, sich von einer Überraschung zu erholen – die Instinkte des neuen Shooters waren darauf ausgerichtet, zu beschleunigen und mit aller Kraft den optimalen Kurs zu halten. Wenn seine Art zu schießen seinem Stil beim Spielen entsprach, war es diesmal vielleicht Ridge, der das Schiff steuerte. Sie kamen seitlich vom Optimum heraus, fast in der gleichen Entfernung.
    Maria warf sich wieder in die Koje und hielt sich an den Gurten fest. Elektronen krochen ihr wie Insektenschwärme über den Rücken. Schweißperlen standen auf ihrem Gesicht und ihrem Hals. Die Schwerkraftglocke ertönte, und die Zentrifuge erbebte und begann sich langsam zu drehen.
    Maria kicherte. Keine weiteren Schüsse heute! Sie stieg schwankend aus der Koje und taumelte ins Badezimmer, um ein paar Kapseln Blauer Himmel zu schlukken. »Maria«, sagte Kit. Seine Stimme schien von weit her zu kommen. »Was machst du?«
    »Ich nehme eine Dusche.« "
    »Ich meine, was machst du?«
    Sie drehte sich um und zeigte ihm ein aufgeputschtes Grinsen. »Mich amüsieren«, sagte sie.
    Maria blieb lange unter der Dusche, während das Wasser wie hin und her schießende Elektronen auf ihrer Haut auftraf. Als sie herauskam, löste sie ihre Haare und tanzte langsam durch die Kabine, bewegte sich zum verebbenden Rhythmus strömender Partikel. Während sie sich um sich selbst drehte, umkreisten sie zerrissene lächelnde Gesichter, Brüste und Vaginas. Kit beobachtete sie von der Koje aus mit ausdrucksloser Miene. Sie tänzelte zu ihm hinüber, streckte eine Hand aus und strich ihm übers Gesicht. Er riß den Kopf weg.
    Kit stand auf, öffnete die Kabinentür und ging wortlos hinaus. Maria hüpfte zur Tür und machte sie hinter ihm zu.
    Ein Gedanke blitzte in ihr auf wie ein verirrtes Neutrino, das auf Materie traf, eine geisterhafte Energieübertragung. Sie konnte Kit verletzen . Sie hatte die Macht dazu. Ihr Tanz stockte, und sie schaute auf die geschlossene Tür.
    Gut für mich, dachte sie. Trotzdem wollte sich aus irgendeinem Grund keine rechte Freude darüber einstellen.
    Der Elektronensturm erfaßte sie, und sie begann in der zunehmenden Schwerkraft zu tanzen.

    Glockentöne weckten sie, das Warnsignal für Schwerelosigkeit. Die schöne Maria tastete sich aus der unteren Koje, holte sich ihren Beutel und stolperte durch Schwaden Blauen Himmels ins Bad. Zwei Schübe Rot Neun riefen ihre Lebensgeister schlagartig wieder wach.
    Sie ging hinaus. Kit lag blinzelnd in der oberen Koje. Vielleicht schliefen sie nicht mehr miteinander, dachte Maria.
    »Was ist los?« fragte sie.
    »Die letzten beiden Schüsse lagen weitab vom Optimalkurs. Sie dachten, es könnte ein Hardwareproblem im Computer oder in den elektromagnetischen Reglern sein.« Die Glocke ertönte erneut. Die

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