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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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in der schwerelosen Umgebung schien der dünne Kreditjeton ein unerbittliches Gewicht zu haben. Als die Außenluke lautlos aufglitt, glaubte Zwölf sogar durch den aufgeblähten Anzug hindurch den Druck des Jetons auf seiner Haut zu spüren. In seinem Kopf wirbelten Fragen und mögliche Antworten durcheinander, als er sich in die Dunkelheit hinausstieß.
    Mit dem Jeton war offensichtlich irgendein Plan verbunden, aber wessen Plan, und was sollte er bezwecken? Als Zwölf die schöne Maria auf dem Schiff des Suarez-Clans gesehen hatte, war er total überrascht gewesen. Die ganze Strategie der Geliebten basierte darauf, mit der Feindschaft zwischen den beiden menschlichen Clans zu operieren und dafür zu sorgen, daß sie einander fern blieben. War die Anwesenheit der schönen Maria ein Beweis für eine Zusammenarbeit zwischen den beiden menschlichen Clans, für ein Komplott gegen die Geliebte?
    Und wenn das zutraf, was war dann in dem Datenjeton? Falls Maria mit dem Suarez-Clan konspirierte, sollte sie eigentlich selbst imstande sein, der Runaway ihre Botschaften zukommen zu lassen.
    Möglicherweise hatte der Suarez-Clan Maria irgendwelche Einschränkungen auferlegt, dachte er. Vielleicht waren ihre Verhandlungen nicht erfolgreich gewesen, und sie hatten Maria gefangengenommen.
    Aber das ergab auch keinen Sinn. Wenn sie eine Gefangene war, wie hatte sie sich dann befreien können, um Zwölf das Plättchen zu geben?
    Es war denkbar, daß der Notfall an Bord der Abrazo etwas damit zu tun hatte. Vielleicht hatte sie das irgendwie arrangiert.
    Ein anderer Gedanke ging ihm durch den Kopf. Möglicherweise war überhaupt nichts in dem Jeton. Vielleicht war dieser ganze bizarre Vorfall nur ein Test, ein Versuch, den guten Willen und die guten Absichten von Zwölf und der Geliebten auf die Probe zu stellen. Wenn das stimmte, waren die Runaway und der Suarez-Clan gemeinsam daran beteiligt.
    Es schwindelte Zwölf; seine Gedanken zerfaserten. Er wußte nicht, was er von der Sache halten sollte.
    Er konnte die Heimat deutlich sehen, eine scharf umrissene Silhouette vor dem Dunkelgrün des Planeten darunter. Die Runaway schimmerte wie ein eingefangener Stern am lichten Rand des Planeten.
    Zwölf steuerte einen Kurs mitten zwischen die beiden Schiffe und schlug absichtlich ein langsames Tempo an.
    Er erinnerte sich an Blutbad in Haus Vier . Möglicherweise war Maria als Agentin in den Suarez-Clan eingeschleust worden, und zwar auf die gleiche nicht näher erläuterte Weise wie Ahmad in dem Illustreifen in Kirsties Clan. Vielleicht merkte der Suarez-Clan gar nicht, daß Maria nicht zu ihnen gehörte. Vielleicht sollte er sie warnen und Marco den Jeton geben.
    Nein, dachte er. Marco de Suarez wußte genau, wer Maria war. Wenn sie überhaupt dort war, dann nur mit seinem Wissen und seiner Erlaubnis.
    Das war alles zu verwirrend. Er wußte, daß er die Geliebte um Rat fragen sollte. Vielleicht war sie klug genug, um die Sache zu durchschauen.
    Er wußte, daß die Geliebte von den Möglichkeiten alarmiert sein würde, die dieser merkwürdigen Verbindung innewohnten. Zweifellos würde sie den Datenjeton nehmen und ihren Computer dazu benutzen, ihn zu lesen. Vielleicht würde es ihr gelingen.
    Wie auch immer – Zwölf war sicher, daß die Daten niemals auf der Runaway ankommen würden. Die Politik der Geliebten basierte darauf, daß es ihr gelang, die Menschen auch weiterhin voneinander zu isolieren und zu verwirren. Sie würde keinen heimlichen Kommunikationsversuch unterstützen, erst recht nicht, wenn dessen Art und Weise so deutlich auf eine Verschwörung hinwies.
    Aber Zwölf war ein Willensfreier. Er konnte ohne Anweisung handeln, solange er der ausdrücklich definierten Politik der Geliebten in keinem Punkt zuwiderhandelte.
    Ohne ganz zu begreifen, warum, änderte Zwölf seine Flugbahn.
    Er steuerte auf den künstlichen Stern zu, der am Rand der Planetenscheibe schimmerte.

    Die Elektronenwelt senkte sich wie eine Decke mit einem Glitzermuster auf Maria herab. Sie nahm den Augenblick kaum wahr, als die Beschleunigungsphase endete und die Abrazo zu ihrem Schußpunkt zu treiben begann. Statt dessen konzentrierte sie sich auf die Daten, die in ihren Nerven sangen, auf die Software, die die Position des Schiffes berechnete und stets ermittelte, wo sich die Abrazo in bezug zu dem Lichtjahre entfernten hypothetischen Punkt befand, der das Ziel des Schusses sein würde.
    Sie hatte Kit gebeten, für die Dauer der Beschleunigungsphase

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