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Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Willensfrei Zwölf war zu sehen.
    Ubu warf einen Blick auf den Analysator vorn an seinem Raumanzug. Luftdruck 1,87 Millibar. Stickstoff 69 Prozent. Sauerstoff 26,333 Prozent. Kohlendioxid unter 0,1 Prozent. Geringfügige Anteile von Argon und Helium. Ubu konnte die Luft atmen, wenn es sein mußte.
    Methan 3 Prozent. Ozon 0,5 Prozent. Langkettige Proteine und komplexe organische Stoffe – der Analysator war nicht empfindlich genug, um mehr als das anzugeben – fast l Prozent. Auf diese Information hin schaute Ubu überrascht auf, und sein Herz setzte einen Schlag aus, als er sah, daß Willensfrei Zwölf seinen Blick erwiderte, obwohl sein Kopf in die andere Richtung wies.
    Ubu holte tief Luft und bemühte sich, seine Nerven zu beruhigen. Er sah, daß Willensfrei Zwölf ein zweites Augenpaar an den hinteren Ecken des Kopfes besaß. Damit verfügte er über räumliche Sicht nach vorn, nach hinten, nach links und nach rechts, wahrscheinlich in jeder Kombination. Nützlich für eine schwerelose dreidimensionale Umgebung, dachte Ubu. Er schwebte weiter.
    Alle eineinhalb bis drei Meter waren auf beiden Seiten des Korridors Portale in den Wänden. Über jedes war ein dünner, undurchsichtiger Gitterstoff gespannt. Türen, dachte Ubu, bis das Trommeln lauter wurde, als er an einer der Abschirmungen vorbeikam, und er sah, daß sie bei jedem Schlag vibrierte. Die Membranen – manche jedenfalls – waren Trommelfelle oder Verstärker.
    Ubu fielen vier dunklere Stellen an Willensfrei Zwölf s Rücken auf, die in einem ungefähr trapezförmigen Muster angeordnet waren. Schuppen? überlegte Ubu. Oder Hornhaut?
    Willensfrei Zwölf bremste sich ab und berührte einen der Türschirme. Die Membran wich blitzartig zum Türrahmen zurück, und Willensfrei Zwölf stieß sich mit den Armen hindurch. Ubu folgte ihm.
    Der Raum war würfelförmig, hatte einen Durchmesser von etwa sechs Metern und abgerundete Ecken. Leuchtstoffleisten waren über die Flächen verstreut. Es gab weder Möbel noch Geräte, nichts, was den Blick auf sich zog. Ubu fragte sich, ob die Kammer immer so ausgesehen hatte oder ob man sie sorgfältig leergeräumt hatte. Willensfrei Zwölf drehte sich langsam zu Ubu herum. Die Gebilde in seinem Mund züngelten rasch.
    Ubu sah vier dunkle Flecke in Trapezform auf seiner Brust, die gleichen wie auf seinem Rücken. Sie sahen wie Schwielen aus, wie Stellen mit rauherer Haut. Zwölf beugte sich wieder über seinen Sender.
    ICH ERZITTERE VOR EHRFURCHT ÜBER DEINE GEGENWART, SCHIFFSFÜHRER.
    Ubu sah Zwölf an. »Immer mit der Ruhe«, sagte er.

    Vor Schreck wie gelähmt, führte Zwölf den Fremdweltler zu seinem Raum. Panik überflutete ihn bei der beängstigenden Erkenntnis, daß Ubu der Schiffsführer persönlich war, die herrschende Entität der Runaway . Er hatte damit gerechnet, es nur mit einem Willensfreien oder etwas Vergleichbarem zu tun zu bekommen. Die heilige Gegenwart einer echten Intelligenz, einer ausgewachsenen Entität, deren Geist die gesamte Geschichte und sämtliches Wissen enthielt, konnte durchaus zuviel für ihn sein. Zwölf wußte, daß er möglicherweise nicht mit der Situation fertig werden würde; es konnte sein, daß Ubu oder die Geliebte ihn zur Auflösung schickten, wenn er sich als unzulänglich erwies.
    Das hatte wohl nicht einmal die Geliebte vorhergesehen, vermutete er. Eine fremde Intelligenz auf Ihrem Schiff! Der ölige Geruch des Fremden oder seines Anzugs drang schwach an Zwölfs Fühler. Unter seiner Furcht verspürte er einen wachsenden Zorn, den Drang, sich auf das eingedrungene Intelligenzwesen zu werfen und es zu vernichten.
    Der Rhythmus der Geliebten durchpulste ihn und ermöglichte es ihm, sich zu sammeln. Er beruhigte sich. Die Geliebte hatte ihm diese Aufgabe übertragen. Er würde sein Bestes tun. Und wenn es erforderlich war, sich zu verteidigen, wartete eine Kompanie rasch gezüchteter Krieger direkt hinter den dicken Abschirmungen, die ihn vom Rest der Schiffsgemeinschaft isoliert hatten.
    Der Fremde in der schützenden Hülle sah sich um. Seine Lippen bewegten sich. Während Zwölf die Worte las, die über den Kopf des Menschen projiziert wurden, konnte er undeutliche Geräusche hören, die von der Hülle gedämpft wurden.
    »Mich würde interessieren, woraus euer Schiff besteht«, sagte der Mensch.
    Das Display war nützliches Wissen, dachte Zwölf, während er die leuchtenden Buchstaben las. Er würde es für die Geliebte erwerben müssen.
    Zwölf nahm eine steife, stolze

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