Engelstation
Haltung ein, als er mit seinem Stift auf den Sender tippte. ES BESTEHT AUS DEM BESTEN EXSUDAT. Er sah die Worte falsch herum über die Innenseite von Ubus transparenter Sichtscheibe laufen. Die Antwort des Menschen kam zurück. »Exsudat? Ich verstehe nicht ganz.« Ein Beben rollte durch Zwölfs Geist. Konnte es sein, daß eine echte Intelligenz, ein Schiffsführer, diese Dinge nicht verstand? Der Gedanke war erschreckend. War Ubu vielleicht wahnsinnig? Trotz seiner Aufregung gab Zwölf sich alle Mühe, seine Antwort einfach zu formulieren.
ES BESTEHT AUS HARZ, DAS VON WILLENLOSEN ABGESONDERT WIRD.
Es dauerte einen Moment, bis der Mensch antwortete. »Ich glaube, ich verstehe. Menschen stellen Schiffsrümpfe in erster Linie aus Metallegierungen her, obwohl man harzhaltige Verbindungen bei anderen baulichen Konstruktionen verwendet.«
Zwölf empfand eine vorsichtige Erleichterung. Der Schiffsführer war mit anderen Methoden des Schiffsbaus vertraut; deshalb mußte er nicht unbedingt wahnsinnig sein. Kein Zweifel, dachte Zwölf warm, die Geliebte wußte ebenfalls, wie man Metallschiffe baute, hatte sich jedoch für Exsudat entschieden, weil es das bessere Material war.
Eins der Willenlosen an den Wänden sprang den Eindringling an. Ubu zuckte zurück und hob eine Hand. Das Willenlose klammerte sich an seinem Arm fest. Ubu starrte es an.
»Was ist das?«
EIN WILLENLOSER ORGANISMUS. ER HAT DIE FUNKTION, DIE WÄNDE UND DIE BEWOHNER UNSERES SCHIFFES SAUBERZUHALTEN. WENN ER NAHRUNG FINDET, WIRD ER EINEN LAUT VON SICH GEBEN, UM DIE ANDEREN ZU DER NAHRUNGSQUELLE ZU RUFEN.
»Ist er harmlos?«
JA. WENN DU SEINE ANWESENHEIT NICHT WÜNSCHST, KANNST DU IHN ABNEHMEN UND IHN AN EINE WAND WERFEN.
Der Mensch griff nach dem glänzenden Geschöpf und entfernte es behutsam von seinem Arm. Das Willenlose rollte sich zusammen, um seine Finger zu säubern, aber Ubu schleuderte es weg. Es purzelte durch den Raum, schlug an eine Wand und blieb daran haften, Einen Augenblick lang herrschte Stille.
»Was mich außerdem interessieren würde«, sagte Ubu, »ist dieses Trommeln.«
Noch so eine sonderbare Frage. Vielleicht hatte der Schiffsführer andere Methoden, mit seinen Dienern zu kommunizieren. DAS IST EINE AUSDRUCKSWEISE UNSERER GELIEBTEN, erwiderte Zwölf. EINE FORM, UNS-IHREN-DIENERN IHRE PLÄNE MITZUTEILEN.
»Ich verstehe.«
Auf diese selbstverständliche Feststellung erwiderte Zwölf nichts. Die ständige Benutzung der ersten Person durch diesen Menschen, dieses ewige ›Ich‹ irritierte ihn zunehmend. Zwölf hatte Schwierigkeiten, das Wort selbst zu benutzen, obwohl ihm die Sprache des Menschen kaum eine andere Möglichkeit ließ. Es war fast so, als ob sie in ihrer Einsamkeit, ihrer verderbten Vereinzelung von einem abscheulichen Trotz erfüllt wären.
»Dem Aussehen deines Schiffes entnehme ich«, sagte der Fremde, »daß es die Aufgabe hat, Singularitäten zu entdecken und einzufangen.«
Zwölf nahm eine würdige Haltung ein. UNSERE GELIEBTE HAT DIESE AUFGABE FÜR UNS GEWÄHLT. ABER ES IST NUR EINE VON VIELEN. DER SCHIMMERNDE CLAN, log er, IST EIN RIESIGER APPARAT MIT ZAHLLOSEN HANDELSROUTEN, DESSEN ERINNERUNG DIE GESAMTE ZEIT UMFASST.
Der Mensch nahm die Information auf, während sie über sein Display lief. »Du repräsentierst eine Handelsgesellschaft?« fragte er. »So ein Zufall. Die Runaway auch.«
Triumph tanzte durch Zwölfs Gedanken. Der göttliche Plan der Geliebten würde in die Tat umgesetzt werden, und er würde ihr Instrument sein!
VIELLEICHT, sendete er, KÖNNTE DIES VON NUTZEN SEIN.
11. KAPITEL
Ubu stieg aus der Dusche und nahm ein Handtuch aus dem Behälter. Er trat auf den Korridor hinaus und trocknete sich auf dem Weg zum oberen Salon ab, wobei er eine Spur von Wasser und freudiger Erregung hinterließ. Die schöne Maria saß in Shorts und einem trägerlosen Oberteil auf der Couch, das Kinn aufmerksam auf die angewinkelten Knie gestützt, und sah sich die Aufzeichnungen von Ubus Ausflug an. Ubu warf das Handtuch auf einen Sessel und setzte sich neben sie. Auf einem der an den Wänden angebrachten Klapptische stand ein Teller mit mongolischem Rindfleisch nebst einem vollen Ballon Bier. Ubu hatte einen Bärenhunger. Er schlang das Essen hinunter, während auf dem großen Bildschirm ein fast lebensgroßer Willensfrei Zwölf in seinem blau schimmernden Anzug schwebte. Die Trommelschläge der Geliebten dröhnten in seinem Kopf.
Maria sah ihn an. »Handel«, sagte sie. »Im Prinzip klingt das ja
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