Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelstation

Engelstation

Titel: Engelstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
Vom Netzwerk:
ähnlich, als sie jeweils drei Zehen und zwei Daumen hatten. Die Proportionen waren gleich, nur daß die Beine ein wenig dicker waren. Es gab nicht einmal die Andeutung eines Halses. Der Kopf war quadratisch, fast ein Würfel, und besaß unheimlicherweise ein sehr menschlich aussehendes Augenpaar in den oberen Ecken. Dunkle Pupillen saßen in weißen Augäpfeln, die aus einem runzligen, senkrechten Schlitz herauslugten. Als sich das Geschöpf über seinen Sender beugte, konnte Ubu eine leichte Vertiefung oben auf dem Kopf sehen.
    Die Trommeln dröhnten weiter, kaum gedämpft von Ubus Anzug. Vielleicht zufälliger Lärm, aber Ubu glaubte es einfach nicht – er enthielt irgendwo eine gewisse Struktur, selbst wenn er sie nicht ganz erfassen konnte.
    Das Geschöpf richtete einen Stift auf den Sender. Seine Bewegungen waren langsam und vorsichtig. Bei jeder Berührung mit dem Stift erschien ein Buchstabe in Ubus Display.
    ICH – DIES-INDIVIDUUM – BIN WILLENSFREI ZWÖLF.
    Der Mund von Diesem-Individuum war ein abgeflachtes Oval und enthielt anscheinend keine Zähne. Etwas schnellte heraus und wieder hinein, wie beim Atmen – Ubu dachte zuerst, es sei eine Zunge, dann bemerkte er, daß es zwei waren, ein Gebilde wie ein Band oder ein Zweig in jedem Mundwinkel.
    ICH ENTSCHULDIGE MICH FÜR MEINE UNGESCHICKLICHKEIT MIT DIESEM GERÄT. ICH BIN MIT SEINER FUNKTIONSWEISE NOCH NICHT VERTRAUT.
    Das Geschöpf – Willensfrei Zwölf – hob den Kopf und sah Ubu an. Seine Pupillen waren sehr weit. Die zweigähnlichen Gebilde züngelten immer wieder blitzartig aus seinem Mund. Am Ende jedes Zweiges waren kleine Punkte phosphoreszierenden Lichts.
    Jetzt bin ich dran, dachte Ubu. Seine Lippen waren trocken. Die Stahltasten klapperten, als er sie anschlug.
    »Ich fühle mich durch deine Gastfreundschaft geehrt, Willensfrei Zwölf«, begann er. Als die Holobuchstaben über Ubus Kopf auftauchten, quollen Zwölfs Augen aus den Ecken seines Kopfes und richteten sich aufmerksam auf das leuchtende Display. »Ich bin Ubu Roy, Schiffsführer des Menschenschiffs Runaway . Ich hoffe, daß wir …« Willensfrei Zwölf erschreckte ihn, indem er schnelle, ruckhafte Bewegungen mit Händen und Füßen machte. Ubu starrte ihn an, dann tippte er unbeholfen weiter. » … daß der Schimmernde Clan und ich – und die Runaway …« Ubu brach ab und hielt die Luft an. Er fragte sich, was das Übersetzungsprogramm daraus machte, wenn es überhaupt etwas damit anfangen konnte. Willensfrei Zwölf zappelte weiter. »Ich hoffe, das ist der Beginn einer langen und dauerhaften Freundschaft«, endete er.
    Willensfrei Zwölf beugte sich geschäftig über seinen Sender. DER SCHIMMELNDE CLAN, vertippte er sich in seiner Aufregung, IST DURCH DIE ANWESENHEIT VON SCHIFFSFÜHRER UBU ROYS PERSON ÜBER ALLE MASSEN GEEHRT.
    Ubu leckte sich Schweiß von der Oberlippe. Was, zum Teufel, konnte er jetzt sagen? Willensfrei Zwölf fuhr mit seiner qualvoll langsamen Tipperei fort.
    Ubus Herz setzte einen Schlag aus, als er erkannte, daß Willensfrei Zwölf den Stift nicht mit den Fingern hielt, oder jedenfalls nicht mit den Fingern, die Ubu bis jetzt bemerkt hatte. Seine großen, stummelartigen Finger und Zehen hatten jeweils einen kleineren, zarten Finger im Innern, der zusammengefaltet in einem Schlitz saß wie die Klinge in einem Klappmesser. Sie waren für die Feinarbeit gedacht, schloß Ubu.
    Das Tippen ging weiter. Ein kalter Schauer lief Ubu über den Rücken, als er zusah, wie sich die kleinen Finger bewegten.
    DIESER UNWÜRDIGE GESANDTE IST NICHT AUF EINE SOLCHE EHRE WIE DIESE VORBEREITET. WÜNSCHT SCHIFFSFÜHRER UBU, DASS DIES-IN-DIVIDUUM SICH ZURÜCKZIEHT, UM WEITERE INSTRUKTIONEN EINZUHOLEN?
    Ubu sah das Wesen mutlos an. »Erst wollen wir uns kennenlernen«, gab er zurück.
    Willensfrei Zwölf begann wieder zu zucken. ICH BITTE DARUM, DASS DU MIR FOLGEN MÖGEST, tippte er.
    »Geh voraus«, erwiderte Ubu.
    Willensfrei Zwölf drehte sich um die eigene Achse, streckte die Hand aus, um sich an der Tür der Luftschleuse abzustoßen, und verschwand aus Ubus Blickfeld. Ubu folgte ihm.
    Der Korridor war oval. Auf der einen Seite endete er in der Nähe der Luftschleuse, und etwa fünfzehn oder zwanzig Meter weiter vorn gab es eine weitere Sackgasse. Lange, blaue Leuchtstoffleisten waren in scheinbar willkürlichen Abständen angebracht. Die Wände waren ebenso dunkelgrau wie die Außenhülle des Schiffes. Trommeln dröhnten und hämmerten in der Luft. Kein Artgenosse von

Weitere Kostenlose Bücher