Entfesselt
im Haus war?
Ihr Blick fiel auf die Handschellen und sie fragte sich, ob sie überhaupt entkommen würde, wenn sie ihn fesselte. Aber sein Handgelenk war so verführerisch nah am Bettgestänge, dass sie es einfach versuchen musste.
Beim Anblick seines nackten Körpers überlief sie ein wohliger Schauer. Und gleichzeitig Wehmut. Dass sie jemals wieder etwas so Intensives mit einem Mann erleben würde, konnte sie sich nicht vorstellen. Es lag an Nicolais kompromissloser Art, aber auch an ihrer ausweglosen Situation, die sie so hemmungslos gemacht hatte.
Sie griff nach den Handschellen, umfasste die schmale Kette, damit sie kein Geräusch von sich gab, während sie sich Nicolai zuwandte. Sie würde sein T-Shirt und ihren eigenen Rock anziehen und dann würde sie laufen, was das Zeug hielt. Das war kein besonders guter Plan, aber ihr einziger.
Mit einem leisen Klicken schloss sich die Schelle um sein Handgelenk. Er war ihr so nah, dass ihr sein erdiger Duft in die Nase stieg. Niemals würde sie diesen herrlichen Duft vergessen können, der genauso verboten, gefährlich und berauschend war, wie der Mann, dem er gehörte.
Sie führte die zweite Schelle an die Bettstange und klickte sie fest. Ein Dankgebet ausstoßend robbte sie auf dem Bett zurück und stand auf. Auf Zehenspitzen schlich sie zu seinem Shirt und zog es über. Es war so groß, dass es ihr bis zu den Knien reichte. Dann stieg sie in ihren Rock und sah zum Bett. Gerne hätte sie ihn geküsst, wenigstens ein einziges Mal. Warum er es nicht wollte, begriff sie nicht, doch es versetzte ihr einen Stich, dass er ihre Lippen nicht begehrt hatte.
Seufzend nahm sie sein Portemonnaie von der Kommode und wandte sich zur Tür.
Plötzlich traf sie ein Scheinwerfer durch das Fenster, eine laute Stimme rief etwas auf Russisch, offenbar durch ein Megafon.
Ihr verschreckter Blick glitt zu Nicolai, der aufspringen wollte, jedoch von der Handschelle zurückgehalten wurde. Wut und noch etwas, das Amanda für Enttäuschung hielt, brach sich auf seinem Gesicht Bahn. Dann sank er zurück in die Kissen und lächelte ironisch.
„Du verdammtes Biest“, sagte er leise und schlug die Beine übereinander, als ob er bequem auf der Couch liegen würde. „Das hätte ich dir nicht zugetraut, Doc. Erst lässt du dich schön durchficken, dann gibst du der Polizei Bescheid und lässt mich abführen.“
Sie sah ihn verletzt an. „Ich habe die Polizei nicht gerufen“, sagte sie und fragte sich gleichzeitig, warum zum Teufel sie das Gefühl hatte, sich rechtfertigen zu müssen.
„Und ans Bett gefesselt hast du mich auch nicht?“
Sie biss sich auf die Lippe. „Was rufen die?“
„Sie wollen, dass du raus kommst!“ Er zeigte zum Fenster. „Na, los. Du hast es dir verdient. Zweihundert Polizisten und Agenten suchen mich, und ich lass mich von einer kleinen Laborratte festnageln. Gib mir wenigstens meine Hosen, bevor die reinkommen.“
Amandas Gefühle rotierten. Wenn das die Polizei war, war sie in Sicherheit. Bei diesem Gedanken durchflutete sie eine Welle der Erleichterung. Doch was war mit Nicolai? Was wurde ihm vorgeworfen? War sein Leben in Gefahr? Sie konnte es nicht verhindern, aber sie wollte nicht, dass ihm etwas geschah. Nicht ihretwegen! Sie fühlte sich … verdammt!
„Hier!“ Sie warf ihm die Hosen hin. „Wo sind die Schlüssel?“
Er sah sie verdutzt an. „Schlüssel?“
„Für die Handschellen! Wo sind sie?“
„In der Schublade!" Sie lief zum Nachttisch und zog die oberste Schublade auf, dann warf sie sie Nicolai hin und machte einen Schritt zurück. "Du hast doch sicher eine Art Geheimausgang.“
Schnell schloss er die Handschelle auf, sprang aus dem Bett und stieg in seine Hosen. Sie ging kurz zu ihm und gab ihm seine Brieftasche. Dann trat sie langsam zurück, während von draußen wieder Rufe ertönten.
„Amanda …“
Als er ihren Namen sagte, zum ersten Mal stieg unwillkürlich ein Schluchzen in ihr auf.
„Verschwinde!“, rief sie unter Tränen, „Verschwinde endlich, bevor sie reinkommen!“
Er zögerte noch einmal kurz, doch als der Suchscheinwerfer durch das Zimmer glitt, duckte er sich und lief durch die Badezimmertür. Erschöpft schloss Amanda die Augen. Er war weg, verschwunden aus ihrem Leben. Für immer.
Keine Minute nachdem Nicolai weg war, stürmten vier bewaffnete Polizisten ins Zimmer und zielten auf sie. Panik schnürte ihr die Kehle zu. Sie hob ihre Hände, demonstrierte, dass sie unbewaffnet war. Ein Mann im dunklen
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