Entfesselt: House of Night 11 (German Edition)
endgültig in Ruhe zu lassen«, sagte Aphrodite.
Ich seufzte. »Ich wüsste nicht, wie man jemanden einsperren will, der Elektrizität kontrollieren kann. Mir fallen auf Anhieb viel zu viele deprimierende Möglichkeiten ein, wie er entkommen könnte.«
»Thanatos ist weise«, sagte Darius. »Sie wird ihn gerecht bestrafen.«
»Ich weiß nicht, ob gerecht und machbar nicht total verschiedene Sachen sind.«
»Da dein Krieger momentan nicht da ist, lass dir an seiner Stelle von mir sagen: Sorge dich nicht zu sehr.«
»Die hat einen Dickschädel, die hört nicht zu. Aber danke, dass du’s versuchst.« Aphrodite küsste ihn auf die Wange.
Er lächelte sie an. »Ich bin es gewohnt, mit dickschädeligen Frauen umzugehen.«
»Was?«, rief sie gespielt empört. »Betrügst du mich etwa mit irgendeiner störrischen Schlampe? Muss ich jetzt einem armen Mädchen, das sowieso schon weniger attraktiv ist als ich, die Augen auskratzen?«
Darius lachte und zog sie in die Arme. Ich verdrehte die Augen. »Ich schaue mal, ob heute noch mal so ein Glückstag ist, an dem’s zum Frühstück Psaghetti gibt. Tschüs, Darius. Aphrodite, bis nachher in der ersten Stunde.«
Ich hatte gerade beschlossen, vor der Mensa erst noch mal in mein Zimmer zu gehen und zu versuchen, mich zu kämmen und mein Gesicht in Ordnung zu bringen, da rief mich seine Stimme. Ganz ehrlich, ich wollte gar nicht anhalten. Ich wollte so tun, als hätte ich nichts gehört, in mein Zimmer eilen und ihn weiter meiden – so lange wie möglich. Aber ich wusste ja, wie er rennen konnte. Der hätte mich in drei Schritten eingeholt. Also holte ich tief Luft und blieb stehen.
»Darf ich kurz mit dir reden, Zoey?«, fragte Aurox, als er zu mir aufgeschlossen hatte.
Er klang so förmlich und un-Heath-artig, dass ich mich etwas entspannte. »Klar.«
»Ich glaube, ich muss mich bei dir entschuldigen.«
»Wofür?«
Seine makellose Stirn runzelte sich. »Ich glaube, ich habe gestern etwas Unhöfliches zu dir gesagt.«
»Glaubst du?«
»Mein Gedächtnis ist leicht beeinträchtigt. Ich kann mich nur teilweise erinnern, was ich gesagt habe.«
»Aurox, sich zu besaufen beeinträchtigt nicht nur das Gedächtnis. Manchmal wird einem übel, und außerdem redet man dummes Zeug. Du musst dich nicht entschuldigen. Betrink dich einfach in Zukunft nicht mehr.«
Er seufzte und rieb sich die Stirn, als hätte er Kopfschmerzen – was er auch hatte, da war ich mir ziemlich sicher. »Aber Bier ist verdammt gut, Zo.«
Es war, als hätte er mir einen Schlag in den Magen versetzt. »Wie machst du das?«
Er ließ die Hand sinken und starrte mich verdattert an. »Den Geschmack von Bier mögen?«
»Nein!« Frustriert warf ich die Hände in die Luft. »Genau so klingen wie Heath.«
»Tue ich das?«
»Meistens nicht, aber gerade schon, als du mich Zo genannt hast.«
Aurox blinzelte ein paarmal. »Es tut mir leid, wenn ich dich verärgere.«
»Du verärgerst mich nicht. Du verwirrst mich.«
»Du verwirrst mich auch«, sagte er.
»Warum?«
»Weil ich Dinge für dich empfinde, von denen ich weiß, dass sie falsch sind.«
»Falsch? Wie falsch?«, fragte ich und hielt den Atem an, während ich auf seine Antwort wartete.
»Ich fühle mich zu dir hingezogen. Ich mache mir Gedanken um dich. Ich denke an dich. Sehr oft«, gestand er langsam. »Und das ist falsch, weil du mich verabscheust.«
Ich öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass ich ihn nicht verabscheute – Himmel, ich fand ihn absolut okay –, aber er hob die Hand.
»Nein, ich verstehe, warum du mich verabscheust. Nicht, weil du boshaft bist. Du bist sehr nett – etwas ganz Besonderes. Es ist nicht deine Schuld, dass du so empfindest.« Schritt für Schritt wich er vor mir zurück. »Ich wollte mich nur für alles Unhöfliche entschuldigen, was ich gestern gesagt habe. Ich lasse dich jetzt allein.«
»Halt, Aurox. Geh nicht weg. Ich muss dir was sagen.« Ich winkte ihm, mir zu einer der vielen steinernen Bänke zu folgen, die verstreut auf dem Schulgelände standen. »Setz dich einen Moment mit mir da hin, ich versuche, es dir so gut wie möglich zu erklären.«
Er setzte sich neben mich. Also, eigentlich nicht neben mich. Sondern ans äußerste Ende der Bank, so weit weg von mir wie möglich. Ich seufzte.
»Also. Hör zu.« Nachdem ich tief Luft geholt hatte, stieß ich hervor: »Ich fühle mich genauso zu dir hingezogen wie du zu mir. Und ich denke an dich. Oder nein, das stimmt nicht. Ich zwinge mich, nicht
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