Entfesselt: House of Night 11 (German Edition)
Nähe.
Ich sah ihr in die Augen und suchte nach einem Hinweis, ob sie gewusst hatte, was er plante. »Dallas hat versucht, Stevie Rae und Shaunee umzubringen.«
Nicoles Gesichtsausdruck verriet nichts außer Abscheu. Sie schüttelte den Kopf. »Hätte nicht gedacht, dass er hier am House of Night so weit geht, auch wenn er täglich schlimmer wurde.«
»Du hast ihn mal gemocht«, bemerkte ich.
»Stimmt. Hab ich. Ist schon länger her.«
»Woher sollen wir wissen, dass das die Wahrheit ist?«, fragte Shaunee.
»Ich glaube ihr«, erklärte Shaylin, ohne zu zögern. »Ich habe beobachtet, wie ihre Farben sich langsam verändert haben.«
Ich sah Aphrodite an. »Bist du dir immer noch sicher, was sie betrifft?«
»Wen? Shaylin oder Nicole?«
»Beide.«
Aphrodites Blick flog zu Shaylin und kehrte zu mir zurück. »Ich vertraue auf Shaylins Urteil. Wenn sie sagt, Nicole habe sich geändert, dann glaube ich ihr.«
»Aber sie war die Freundin von Dallas, und Dallas wollte erst vor ein paar Stunden Stevie Rae und mich umbringen«, sagte Shaunee heftig. »Das ist jetzt nicht böse gemeint – ich sag’s nur, wie’s ist.«
Ein paar der Kids murmelten zustimmend. Nicole war bleich geworden, aber sie hob das Kinn und entgegnete: »Erin war auch mit Dallas zusammen, und trotzdem hast du bis Sonnenaufgang an ihrem Scheiterhaufen gestanden.«
»Erin kannte ich schon jahrelang«, gab Shaunee zurück. »Dich kenne ich seit vielleicht zwei Sekunden.«
»Hat sich Erin in all diesen Jahren immer perfekt verhalten?«
»Nein. Nicht immer.«
»Also, ich war früher auch nicht perfekt. Aber es wäre nett, wenn ich eine zweite Chance bekäme.«
Ich hatte genug. Meine Prophetinnen und mein Bauchgefühl überzeugten mich. »Für mich ist das in Ordnung«, sagte ich laut. »Und für euch sollte es auch in Ordnung sein. Wenn wir allen ihre Vergangenheit zum Vorwurf machen wollten, wäre Kalona nicht der Krieger unserer Hohepriesterin und Stark nicht meiner. Himmel, nicht mal Stevie Rae wäre noch meine ABF .«
»Und ich wäre gemeinsam mit Neferet aus dem House of Night verbannt worden«, fügte Aurox hinzu. Erst jetzt bemerkte ich ihn. Er stand hinter uns, gleich am Fuß der Treppe.
Ich sah ihn nicht an, nickte aber zustimmend. »Und wenn Aurox keine zweite Chance bekommen hätte, wäre meine Grandma jetzt tot. Wir müssen uns einig sein, Shaunee. Es ist zu viel passiert, als dass wir anfangen könnten, uns zu misstrauen.«
Shaunee musterte Nicole kurz, dann blickte sie mich an. »Okay. Du bist meine Hohepriesterin. Ich vertraue dir.«
»Danke.« Ich ließ den Blick über die Runde gleiten. »Hat noch jemand was dazu zu sagen?«
»Wird Stevie Rae wieder ganz gesund?«, fragte Kramisha.
»Vollkommen.«
»Hat Rephaim sie wirklich als Vogel gerettet?«, fragte Shaylin.
Ich lächelte Shaunee zu. »Erzähl’s ihnen, aber fass dich kurz. Wir müssen ja um Punkt acht im Unterricht sein.« Ich sah auf. »Thanatos hat beschlossen, dass heute ausnahmsweise Schule stattfindet, um die verlorenen Stunden nachzuholen.«
Die Nachricht wurde mit Stöhnen und Murren aufgenommen, das aber schnell wieder verstummte, als Shaunee zu erzählen begann. Ich ergriff die Gelegenheit und stieg die Treppe hinauf zu Darius, der vor der Tür Wache hielt. Aphrodite schloss sich mir natürlich an.
Als ich an Aurox vorbeikam, warf ich einen Blick auf ihn. Seine Augen waren blutunterlaufen und verquollen, und seine perfekte Haut war kalkweiß und sah klamm aus. »So ’n Kater ist nicht so angenehm, hm?«, konnte ich mir nicht verkneifen zu bemerken, aber ich wartete nicht ab, ob er etwas erwiderte. Aphrodite kicherte den Rest des Weges in sich hinein.
»Kalona und Stark suchen nach Dallas?«, fragte Darius, als wir bei ihm angelangt waren.
»Ja«, sagte ich. »Thanatos will ihn bestrafen, und von seiner Bande scheint sie die Nase auch gestrichen voll zu haben.«
»Ich bin sehr gespannt, was sie mit ihnen anstellen wird«, sagte Aphrodite. »
Falls
sie ihn finden natürlich. Er wird sich alle Mühe geben, dass das nicht passiert.«
»Der Unsterbliche wird ihn finden, zweifle nicht daran«, versicherte Darius.
»Wurde schon nachgeschaut, ob noch jemand mit Dallas abgehauen ist?«, fragte ich.
»Ich habe das rasch überprüft, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass unsere Jungvampyre in Sicherheit sind. Dallas ist zweifellos fort, aber alle anderen scheinen noch da zu sein.«
»Ich hoffe, was Thanatos mit ihm vorhat, bringt ihn dazu, uns
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