Entfesselt: House of Night 11 (German Edition)
musst«, flehte er.
Stevie Rae reagierte überhaupt nicht. Rephaims Blut rann ihr aus den Mundwinkeln und tropfte scharlachrot auf das weiße Krankenhauslaken, köstlich … unwiderstehlich …
»Zoey! Hilf ihr.«
Kalonas Stimme brachte mich wieder zu mir, und ich erkannte, dass ich wie in Trance auf Rephaims Blut gestarrt hatte. »W-wie?«, stotterte ich.
Thanatos antwortete für ihn. »Ruf das Geistelement. Sende es zu ihr, damit es sie erfüllt und kräftigt und ihr eigener Geist erwacht, so dass sie von ihrem Gefährten trinken kann.«
»Verstehe, natürlich. Sorry.« Ich räusperte mich, holte tief Atem und ignorierte die neue Woge von Blutduft, die in meine Lungen strömte. »Geist, komm zu mir!« Als mein bevorzugtes Element gehorchte, ging es mir sofort besser. Ich war mehr ich selbst – hatte mich unter Kontrolle. Wieder fest im Hier und Jetzt verankert, befahl ich: »Geh zu Stevie Rae. Erfülle und kräftige sie, und hilf ihr, zu uns zurückzukommen!« Meine Haare stellten sich auf, während der Geist mich verließ und in Stevie Rae überging. Sofort atmete sie tief ein und hustete, weil sie sich am Blut verschluckte. Dann öffneten sich ihre Augen, sie umklammerte Rephaims Arm und sog in tiefen Zügen an seinem Handgelenk.
Kalona legte seinem Sohn die Hand auf die Schulter. »Nicht so viel, dass es dich schwächt. Sie wird noch öfter von dir trinken müssen, bis sie ganz geheilt ist, und dafür musst du selbst stark bleiben.«
Rephaim nickte und legte seine Hand sanft über die von Stevie Rae. »Du musst jetzt aufhören. Später gebe ich dir mehr.«
Sie sah ihn an. Ihre Augen glommen rötlich. In ihren Zügen war nur wilde Gier.
»Oh-oh«, sagte Stark und richtete sich auf, genau wie Kalona, doch Thanatos’ Stimme legte sich wie Balsam über die plötzliche Spannung. »Lasst sie. Habt Vertrauen. Stevie Rae wird wieder zu sich kommen.«
Und tatsächlich blinzelte Stevie Rae ein paarmal, und das rötliche Glimmen in ihren Augen erlosch. Sie schob Rephaims Handgelenk fort, wischte sich das Blut von den Lippen und sah aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen. »Hab ich dir wehgetan? Tut mir so leid, Rephaim!«
»Pssst«, tröstete er sie und zog sie in die Arme. »Du würdest mir niemals wehtun.«
Plötzlich schob sie ihn von sich und starrte ihn an. Erstaunt sah ich, dass ihre Haut schon weniger gekocht aussah. »Du hast mich gerettet! Als Rabe!«
»Du brauchtest mich. Ich spürte deinen Schmerz. Deshalb kam ich.«
Shaunee hatte uns ja schon erzählt, was passiert war, aber es aus Rephaims Sicht zu hören war total komisch. Ich meine, er war schließlich ein Vogel gewesen. Eigentlich war der Deal, dass er tagsüber nichts als ein Vogel war. Und doch hatte er Stevie Rae das Leben gerettet.
Sie strahlte ihn voller Liebe und Freude an. »Du bist der tollste Typ im Universum! Kannst du dich daran erinnern?«
Rephaim wischte sich die Tränen aus den Augen und lächelte zurück. Diesmal berührte er ganz vorsichtig ihre Wange. »Ich erinnere mich nur, dass du mich brauchtest, und dann an den Zorn des Raben.«
»Das reicht mir dicke.« Sie sah zu Thanatos hinüber. »Dallas wollte mich und Shaunee umbringen.«
»Was? Göttin!«, sagte Shaunee. »Als er bei Erins Scheiterhaufen zu mir kam, war klar, dass er eine Stinkwut hatte, aber ich hätte nicht gedacht, dass er durchdreht.«
»Er ist nich durchgedreht«, sagte Stevie Rae. »Er ist ’n fieses Schwein.«
»Und er ist mächtig«, fügte Thanatos hinzu. »Findet ihn«, befahl sie Kalona. »Bringt ihn zu mir. Auch wenn der Hohe Rat sich von uns abgewandt hat, der Tod ist noch immer befugt, Recht zu sprechen und Gerechtigkeit walten zu lassen.«
Kalona legte die Faust übers Herz und nickte. Dann eilte er aus dem Raum.
»Ich gehe mit ihm«, sagte Stark.
»Tu das, und pass auf, dass der Unsterbliche Dallas nicht tötet«, sagte Thanatos. »Ich möchte Dallas so lebendig wie möglich hierhaben.«
»Ja, Hohepriesterin.« Stark verneigte sich hastig vor ihr und vor mir und rannte Kalona nach.
»Meine roten Jungvampyre«, sagte Stevie Rae. »Ist mit ihnen alles okay?«
Thanatos nickte. »Kalona und Aurox haben sie den Tag über bewacht. Sie konnten friedlich schlafen.«
»Und nachdem Shaunee uns gesagt hatte, was los war, ist Darius sofort auch nach unten geeilt«, fügte Aphrodite hinzu.
Ich war überrascht, Aurox’ Namen zu hören. Jetzt war zwar definitiv nicht der richtige Augenblick, um nachzufragen, aber war er nicht
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