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Entfesselt

Entfesselt

Titel: Entfesselt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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bevor ich mich zur sehr daran gewöhnte. Denn nur so konnte ich diese ganze Sache mit dem schmerzhaften Verlust von vornherein vermeiden.
      Ich lag steif da und stellte mir eine Zukunft ohne Reyn vor. Ich wusste, dass der Tag kommen würde, an dem wir Dufa nicht mehr haben würden, und schon diese Vorstellung war schrecklich. Aber kein Reyn mehr? Würde es irgendwann keinen Reyn mehr geben? Wie es auch keinen Incy mehr gab? Ich schluckte und merkte dabei, wie verstopft meine Nase war. »Wenigstens brauche ich mir jetzt keine Sorgen mehr um meine Schwertkünste zu machen.«
      »Es wird immer einen anderen Gegner geben«, murmelte Reyn leise in meine Haare. »Du wirst dein Schwerttraining fortsetzen.«
      Ja, mein Leben würde weitergehen, auch ohne Incy. Ich konnte es mir nur kaum vorstellen.
      »Ich bin so froh, dass er tot ist, dieser Hurensohn, nach allem, was er getan hat«, sagte ich und meine Tränen rannen in Dufas weißes Fell. »Bastard!«
      »Ich weiß.« Reyns Hand rieb meinen Bauch, wie ich den von Dufa gerieben hatte.
      »Ich werde ihn so vermissen.« Meine Stimme brach und jetzt fing ich richtig an zu weinen. »Ich habe ihn so geliebt.« »Ich weiß, Liebling. Ich weiß.« Er hielt mich im Arm, während ich weinte, rieb meinen Arm, meine Seite, strich mir übers Haar. Seine sanften Finger zupften Heu von meinem Pullover und glitten zart über meine Wange. Gelegentlich streckte er den Arm weiter aus und streichelte auch Dufa, die dann im Schlaf seufzte. Ihr kleiner Brustkorb hob und senkte sich. Reyn war mein warmer Fels in der Brandung und seine starken Arme beschützten uns beide.
      Irgendwann tat mir vom vielen Weinen alles weh. Reyn hatte schon lange nichts mehr gesagt. Ich setzte mich vorsichtig auf und sah mich zu ihm um. Er schlief, vollkommen lautlos, wie es die Art von Winterkriegern war. Ich hatte ihn noch nie schlafend gesehen und konnte ihn in Ruhe betrachten, ohne gleichzeitig vom Blick seiner laserscharfen goldenen Augen durchbohrt zu werden.
      Gott, er war wunderschön. Auf eine ganz andere Art als Innocencio. In ihm vereinten sich die Farben von Weizen und Sonne und Met und seine Haut war leicht gebräunt und hatte die Tönung von weichem Rehfell. Mit geschlossenen Augen traten seine Wangenknochen noch plastischer hervor und rahmten die kräftige Nase ein. Sie war so oft gebrochen worden, dass sie an einer Seite einen kleinen Buckel hatte. Das dichte, sonnengebleichte Haar mit der leichten Andeutung einer Welle war ihm in die Stirn gefallen.
      Die Hand, die ich hielt, war groß und breit, mit Schwielen auf der Handfläche. Ich würde so gern viel mehr über ihn wissen. Ich hätte ihn zu gern in anderen Zeitaltern, anderer Kleidung und bei anderen Tätgkeiten erlebt.
      Oder vielleicht doch lieber nicht. Vielleicht war er ein schrecklicher Mensch gewesen. So wie ich.
      Ich streifte meine Clogs ab, streckte mich wieder aus – diesmal mit dem Gesicht zu ihm - und drapierte seinen Arm über mich. Ich legte den Kopf an seine Schulter und fühlte mich vollkommen erledigt. Immer wieder blitzte die Erinnerung an Incys Gesicht in meinem Kopf auf und ich zuckte jedes Mal zusammen. Ich war so müde. Ich schloss die Augen.
      Als ich wieder aufwachte, regnete es, ein frischer Frühlingsregen, der direkt über meinem Kopf aufs Stalldach prasselte.
      Reyn sah auf mich herab; wir lagen eng zusammengekuschelt im warmen Heu. Dufa hatte sich verzogen und schlief jetzt ein paar Meter entfernt unter der Dachschräge.
      Incy. Es war alles wieder da. Oh mein Gott. Ich hob die Hand vor den Mund und verspürte ein schmerzhaftes Pochen in der Brust: die Erkenntnis, dass Incy tot war.
      Reyn musterte mich ernst. »Du scheinst Heuböden echt zu lieben.«
      »Heuböden ziehen mich magisch an.« Meine Brust war vor Trauer immer noch zugeschnürt, aber es lenkte mich ab, dass Reyn ein Bein zwischen meine Knie schob. »Vielleicht, weil ich auf so vielen Farmen gelebt habe? Hattet ihr auch so ein Haus, in dem unten die Tiere standen und oben die Menschen gewohnt haben?«
      »Ich war nie Bauer.« Er fing an, meine Haare und meine Stirn zu küssen. »Ich habe in Zelten gelebt, ähnlich den Jurten. Ich bin nie lange genug an einem Ort geblieben, um ein Haus zu haben.«
      Ich kuschelte mich enger an ihn. Dann schob ich eine Hand unter seinen Pullover und strich über das weiche Flanellhemd, das sich über seinen Rücken spannte.
      »Ich arbeite aber daran, sesshaft zu werden.« Seine

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