Entfessle mich! (German Edition)
dass dies hier ein Fesselstudio der besonderen Art war. In Sachen Sex gab es in Thailand alles. Kein Wunder, dass es neben Straßenprostitution, Striptease und Sexkontaktbörsen auch eine Nische für Bondage gab.
Björn stand wie angewurzelt und vergaß beinahe seine wei b liche Begleitung. Am liebsten hätte er den Laden sofort betr e ten, denn es war sonderbar und geheimnisvoll, dass Menschen in gefesseltem Zustand von der Decke hingen. Gradlinig, symmetrisch und perfekt grazil sah das menschliche Paket aus. Es war eine Kunst, von der Björn bis dahin weder etwas gel e sen, noch gehört hatte. Aber im Land der unbegrenzten Mö g lichkeiten wurde es offen praktiziert, als wäre es ein alltäglicher Sport. Das war nach seinem Geschmack, präzise Ausführu n gen in Verbindung mit einer genauen Zeitplanung. Innerhalb einer Viertelstunde wurde eine Person gefesselt, die dann in einem Spinnennetz aus festem Seil hing. Kunstvoll und in einem faszinierenden Muster war sie wie zusammengeschnürt. Eine dieser Personen hing an einem Haken von der Decke . War sie echt oder eine Schaufensterpuppe?
Die Thailänderin riss Björn aus seinen Träumereien, zog ihn am Ärmel und äußerte sich ärgerlich in einer Sprache, die er nicht verstand. Er lächelte sie an, überlegte kurz und ging mit ihr. Die Sache mit der speziellen Fesselkunst ging ihm alle r dings nicht mehr aus dem Kopf. Leider konnte er die Thailä n derin nicht befragen, denn sie sprach weder deutsch noch en g lisch. Das Einzige, was Björn als Anhaltspunkt mit nach Ha u se nahm, war das Wort Shibari.
Natürlich konnte er seinen kuriosen Spleen nicht an jedem ausprobieren. Er hatte sich deswegen einer kleinen Bondage- Gruppe angeschlossen, die im Geheimen agierte. Er traf sich jeden zweiten Monat mit drei Gleichgesinnten und tauschte Technik und Erfahrung mit ihnen aus. Jede Idee wurde durc h geführt und sie trafen sich abwechselnd in den Wohnungen der Fesselkünstler. Es gab regelrechte Studien darüber, welche Technik sich mit welchem Gefühl verbinden ließ und welche absonderlichen Ideen sich durchführen ließen. Auf die Idee mit dem fliegenden Menschen war noch niemand aus der Gruppe gekommen, Björn wollte der erste sein.
Im Hotel angekommen, brachte er seinen Koffer in das Zimmer und begab sich sogleich in einen italienischen Se x shop, der etwas versteckt im hintersten Verkaufsraum an einer abgetrennten Wand Bondage-Artikel anbot. Björn hatte hier schon mehrmals interessante Stücke erstanden . Der Laden war ein Geheimtipp für die Bondagefans.
Avvicente stand über dem Angebot und bedeutete so viel wie fesselnd. Im Regal hingen verschiedene Seile, Ketten und Panikhaken. Fast alle Dinge im Regal zählten zum SM-Bereich, aber damit konnte sich Björn nicht identifizieren. Schmerz, Unfreiheit und Machtlosigkeit hatte die Fesseltec h nik für ihn niemals bedeutet, es war eine Spur zu brutal für ihn. Er wandte sich vielmehr der kunstfertigen Seite des Bo n dage zu und freute sich an jedem gelungenen Fesselwerk, vor allem, wenn die Person darin wie in einem Spinnennetz gefa n gen war und dabei selber Begeisterung empfand. Es musste aussehen wie ein lebendes Gemälde voller exakter Konstrukt i onen und fein verwobenen, geometrischen Linien. Das machte Björn zu einem wahren Meister seiner Techniken und es b e friedigte ihn zutiefst.
Für ihn war die Fesseltechnik Shibari als Unterart des Bo n dage die Ästhetik schlechthin. Als I-Tüpfelchen spielte die Erotik eine große Rolle, denn ohne erregende Zustände durch die Fesselung wurde es selbst für Björn zu langweilig. Es b e deutete für ihn jedes Mal ein Höchstmaß an Konzentration, sein Opfer derart zu binden, dass die Verschnürung einem Kunstwerk nahe kam. Millimetergenaue Präzision war gefragt und das medizinische und anatomische Wissen war wichtig. Es durften keine Adern abgeschnürt werden, die Fesseln mussten präzise daran vorbeigelegt werden. Auf verlaufende Nerve n bahnen musste er ebenso achten. Und die Punkte, an denen sein Opfer gespannt oder aufgehängt wurde, durften für den zu fesselnden Menschen nicht unbequem sein. Björn hatte das alles durch einen Arzt, der ebenfalls zu der Bondage-Gruppe gehörte, gelernt. Es war sehr wichtig zu wissen, wie er die Str i cke und Seile legen und festziehen musste.
Er wandte sich dem Regal zu und suchte sich ein Seil zur Doppelfesselung, dem Strapado und eine Spreizstange heraus. Er wiegte sie in seinen Händen und betrachtete sie fasziniert. Es
Weitere Kostenlose Bücher