Entflammt
in seinem dunklen, gut aussehenden Gesicht. Im Licht der Straßenlaternen funkelten winzige Regentropfen in seinen schwarzen Locken wie kleine Diamanten.
»Nas, du hast doch gesehen, wie er war «, erwiderte er.
Ich schaute erst ihn an und dann den Fahrer, der immer noch bewegungslos dalag, das Gesicht zu einer Maske aus Schmerz und Entsetzen verzerrt. »Du hast ihm die Wirbelsäule gebrochen?«, fragte ich noch einmal und war plötzlich ziemlich nüchtern und grauenvoll wach. Meine Gedanken kreisten um diesen Verdacht herum, als wäre er ein glühender Funke, dem man auf jeden Fall ausweichen musste. »Du hast ihm mit Magie - großer Gott. Also gut, nun bring ihn wieder in Ordnung«, sagte ich. »Ich brauche zwar einen Drink, aber ich warte solange. « Ich selbst konnte dem Fahrer nicht helfen. Ich hatte keine Ahnung, wo Incy diesen Zauber gelernt hatte, und kannte natürlich auch keinen Gegenzauber oder was auch immer dazu nötig war. Meistensvermied ich Magie sowieso, die Magie, mit der Unsterbliche geboren werden, die ganz natürlich für uns ist. Ich fand den Aufwand einfach zu groß, und wenn ich zauberte, wurde mir davon jedes Mal schlecht. Bei einem meiner letzten Versuche ist jemand fast gegen eine Tür gelaufen und ein anderer hat sich beinahe selbst mit Kaffee überschüttet. Doch das war schon eine Ewigkeit her und nicht mit dem zu vergleichen, was hier abging.
Innocencio ignorierte mich und sah hinunter auf den Taxifahrer. »Na, Alter«, sagte er halblaut. Die Augen des Fahrers, halb verrückt vor Angst und Schmerz, richteten sich nur mit Mühe auf ihn.
»Das passiert, wenn man respektlos zu meinen Freunden ist. Ich hoffe, du hast deine Lektion gelernt.«
Der Fahrer konnte nicht einmal grunzen und ich begriff, dass er unter einem Nul-Vox-Bann stand. Ein echter Nul-Vox-Bann - den hatte ich in den letzten hundert Jahren höchstens ein oder zwei Mal gesehen. Wenn überhaupt ... »Los, mach es rückgängig«, verlangte ich ungeduldig. Ich hatte Incy noch nie etwas in dieser Art tun sehen. »Du hast ihm eine Lektion erteilt. Die anderen warten auf uns. Nun bring ihn wieder in Ordnung, damit wir gehen können.« Incy zuckte mit den Schultern, nahm meine Hand und drückte sie so fest, dass es wehtat. »Das geht nicht, mein Schatz«, sagte er und hob meine Hand für einen Kuss an seine Lippen. Dann zog er mich in Richtung Dungeon. Ich sah mich über die Schulter zu dem Taxifahrer um.
»Du kannst das nicht rückgängig machen? Du hast ihm echt das Rückgrat gebrochen?« Ich starrte Incy an, der seit den letzten hundert Jahren mein bester Freund war. Er grinste auf mich herab, das wunderschöne Engelsgesicht vom Licht einer Straßenlaterne wie von einem Heiligenschein umrahmt. »Das hätte sich der Typ vorher überlegen sollen«, sagte er. Mir blieb der Mund offen stehen. »Und was kommt als Nächstes? Steckst du Stratton in einen Häcksler?« Der Nieselregen fiel mir ins Gesicht und meine Stimme wurde schriller.
Incy lachte, küsste mich aufs Haar und schob mich vorwärts. Und in diesem Augenblick sah ich etwas anderes in seinen Augen als mitleidlose Gleichgültigkeit, mehr als nur ein vorübergehendes Rachegelüst. Incy hatte es genossen, dem Mann das Kreuz zu brechen, er hatte es genossen, seine Angst und seinen Schmerz zu beobachten. Er hatte es aufregend gefunden.
In meinem Kopf ging es drunter und drüber. Sollte ich den Notruf wählen? War es schon zu spät für den Fahrer? Würde er sterben, starb er vielleicht gerade? Ich wandte mich von Incy ab und schaute zurück, aber schon Sekunden später spürte ich das Wummern der Bässe unter meinen Füßen. Der Dungeon schien eine andere Welt zu sein, eine andere Realität, die mich anzog, mit ihrem Lärm einlullte und mich den grausigen Schock des gelähmten Taxifahrers, der draußen im Regen lag, vergessen ließ. Oh, wie gern wollte ich den Verlockungen dieser anderen Realität nachgeben.
»Incy - aber - du musst -«
Incy warf mir einen belustigten Blick zu und einen Moment später gingen wir bereits eine steile, vom Regen glitschige Treppe hinunter. Incy hob die Faust und hämmerte gegen die rot gestrichene Tür. Meine Unentschlossenheit brachte mich fast um. Ich kam mir plötzlich vor, als wären wir die Stufen zur Hölle hinabgestiegen und warteten jetzt auf Einlass. In der Tür öffnete sich ein schmaler Sehschlitz und Guvnor, derTürsteher, nickte uns zu. Die Tür schwang auf
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