Entflammte Herzen
vielleicht ein für alle Mal erledigt sein.«
Es hatte im Laufe der Jahre schon andere Gelegenheiten gegeben, bei denen sie gerade noch einmal davongekommen waren. Angus McKettrick war ein nüchterner Geschäftsmann, der die Gabe besaß, aus allem Profit zu schlagen, und er war auch alles andere als ein Verschwender, doch das Geschäft mit Bindern barg nun einmal viele R isiken, und manchmal war Pech das Einzige, was sie über lange Zeiträume hinweg verbuchen konnten. Sie hatten hunderte von Tieren durch Krankheiten verloren, durch Schneestürme, Viehdiebe, Siedler und hungrige Indianer, und es war ihnen trotz allem immer irgendwie gelungen durchzuhalten, aber diesmal würde es womöglich anders sein. Wenn Rafe besorgt genug war, um sogar mit Jeb darüber zu reden, stand ihnen auf jeden Fall so einiges bevor.
Jeb hob seinen Becher zu einem müden Toast. »Wäre es nicht zum Schreien komisch, wenn diese lächerliche Suche nach einer Braut für nichts und wieder nichts gut gewesen wäre ?« Er lachte, doch es klang ganz und gar humorlos. »Die mächtigen McKettricks. Vielleicht sind unsere besten Zeiten ja vorbei. Vielleicht werden wir bald gar keine R anch mehr haben, um die wir uns noch streiten können.«
Kade leerte seinen Becher und knallte ihn so heftig auf den Tisch, dass Jeb auf seinem Stuhl zusammenzuckte. »Du magst vielleicht bereit sein, den Schwanz einzuziehen und aufzugeben«, fauchte er, »aber nicht ich, Jeb, ganz bestimmt nicht ich! Und das Erste, was wir jetzt tun, ist, dieses Geld zurückzuholen.«
Jeb setzte sich etwas gerader hin, und in seine Augen kam wieder ein bisschen Leben. »Herrgott noch mal, Kade, den Marshal zu spielen, das ist dir wohl zu Kopf gestiegen! Diese Mistkerle könnten inzwischen schon auf halbem Weg nach Mexiko sein.«
»Das sind sie nicht«, erklärte Kade und war sich dessen absolut sicher, obwohl er selbst nicht hätte sagen können, aus welchem Grund. Es war purer Instinkt, so ähnlich, wie wenn man sich in einem dunklen Baum befand und wusste, dass noch jemand anders dort war, der einen beobachtete und nur darauf wartete, sich auf einen zu stürzen.
»Denkst du, Holt hat etwas damit zu tun?«
Die Frage wurmte Kade, obwohl er sie an Jebs Stelle vermutlich auch gestellt hätte. Heißer Zorn erfasste Kade. »Ich traue ihm so einiges zu, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er kaltblütig zwölf Männer ermorden würde.«
Jeb überlegte. »Na ja, wahrscheinlich hast du Recht.« Unter anderen Umständen hätte Kade diese Worte möglicherweise in Stein gravieren lassen; er konnte sich nicht entsinnen, wann er sie das letzte Mal gehört hatte, besonders von Jeb. Als die beiden jüngsten Brüder hatten sie im Laufe der Jahre mehr als ihren gerechten Teil an Kabbeleien gehabt.
»Ich könnte mir vorstellen, dass die Armee bis morgen früh ein Kommando in der Stadt haben wird«, bemerkte Kade nach kurzem Schweigen.
»Ja«, stimmte Jeb zu. »Von nun an wirst du Berichte schreiben und Fragen beantworten, bis Gott seine Engel zur Erde hinabsteigen und auf der Straße gegenüber der Kirche ein Bordell erbauen lässt.«
Kade schloss die Augen und wünschte John Lewis eine schnelle Genesung, damit er seinen verdammten Job wieder übernehmen konnte. »Danke«, brummte er. Dann schenkte er sich und seinem Bruder Kaffee nach und gab auch diesmal wieder einen tüchtigen Schuss Whiskey in die Becher. »Lewis meinte, Cavanagh erwarte zudem auch noch eine Herde, die schon auf dem Weg hierher sein müsste.«
»Das dürfte das Ganze noch ein bisschen mehr in Schwung bringen«, mutmaßte Jeb.
Das waren prophetische Worte, wie sich am nächsten Morgen herausstellte.
Die Armee rückte an, als Kade und Jeb gegen acht Uhr in der Früh im Hotel beim Frühstück saßen, und noch bevor ihr Tisch abgeräumt wurde, überschwemmte auch Cavanaghs Binderherde schon die Hauptstraße der Stadt.
Kapitel 21
A uf der Main Street wimmelte es nur so von Rindern, Cowboys und Soldaten, und als wäre aus dem Nichts heraus ein jäher Sturm hereingeweht, stiegen große, schmutzige Staubwolken in den ansonsten klaren Himmel auf. Der Lärm rauer Männerstimmen und brüllender Rinder vergrößerte das allgemeine Chaos noch, und Mandy trat einen Schritt vom Fenster des Hotelzimmers zurück, das Rafe und Emmeline bewohnten, und schüttelte verblüfft den Kopf.
Emmeline, die ihre Füße hochgelegt hatte und erschreckend blass aussah, legte das Buch beiseite, in dem sie zu lesen
Weitere Kostenlose Bücher