Entflammte Nacht
es schwer, so treue Kunden mit so prompter Zahlungsweise abzuweisen.«
»Könntest du uns den Namen deines Kunden verraten, Cousin?«
Der Uhrmacher runzelte die Stirn. »Ein amerikanischer Gentleman. Ein Mr. Beauregard. Je von ihm gehört?«
»Klingt wie ein Deckname«, meinte Alexia.
Madame Lefoux nickte. »Es ist ziemlich üblich in diesem Teil der Welt, Strohmänner zu benutzen, fürchte ich. Die Spur dürfte inzwischen kalt sein.«
Alexia seufzte bedauernd. »Ach, nun ja, dass man auf so etwas wie tödliche Marienkäfer trifft, kann nun mal passieren, Monsieur Trouve. Vielleicht könnten Sie mein verletztes Zartgefühl mit etwas Tee beruhigen?«
»Aber natürlich, Madame Tarabotti. Selbstverständlich!«
Der Tee war von mittelmäßiger Qualität, doch Alexias Aufmerksamkeit bezog sich eher auf die Speisen, die angeboten wurden. Es gab eine Menge rohes Gemüse – roh! – und eine Art gepresstes Fleisch in Aspik mit kleinen nussähnlichen Vollkornkeksen. Und überhaupt nichts Süßes! Alexia musterte das gesamte Arrangement mit tiefstem Argwohn. Nachdem sie sich jedoch eine kleine Auswahl an Knabbereien auf den Teller gehäuft hatte, stellte sie fest, dass sie mehr als nur ansatzweise köstlich waren. Nur eben nicht der Tee.
Auch der Uhrmacher nahm sich von den Knabbereien, verzichtete jedoch auf den Tee, wobei er anmerkte, dass dieses Getränk seiner Meinung nach besser kalt und auf Eis serviert werden sollte. Wenn Eis nur nicht so kostspielig wäre. Diese Bemerkung ließ Alexia vollends an ihm und seiner moralischen Integrität verzweifeln.
Er setzte seine Unterhaltung mit Madame Lefoux fort, als wären sie nie unterbrochen worden. »Ganz im Gegenteil, meine liebe Genevieve, ich interessiere mich genug für ätherische Phänomene, um hinsichtlich der aktuellen Literatur aus Italien auf dem Laufenden zu sein. Im Gegensatz zu den britischen und amerikanischen Theorien über moralisch sprunghafte Charaktere, Störungen des Blutes und fiebrige Körpersäfte sind die italienischen Forschungsgesellschaften nun der Ansicht, dass eine Verbindung zwischen der Seele und der richtigen Verarbeitung von Raumäther über die Haut besteht.«
»Ach, um Himmels willen, was für ein Unsinn!« Alexia war nicht gerade beeindruckt. Das ungeborene Ungemach schien von rohem Gemüse ähnlich wenig zu halten wie sie. Alexia hörte auf zu essen und legte sich eine Hand auf den Bauch. Zum Teufel mit dem lästigen Ding! Konnte es sie denn nicht eine einzige Mahlzeit lang in Frieden lassen?
Floote, der bis zu diesem Zeitpunkt mit seinem eigenen Knabbereien beschäftigt gewesen war, wollte augenblicklich besorgt zu ihr eilen, doch Alexia schüttelte den Kopf.
»Ach, Sie lesen wissenschaftliche Literatur, Madame Tarabotti?«
Alexia nickte bestätigend.
»Nun, sie mögen Ihnen vielleicht absurd erscheinen, aber meiner Meinung nach haben diese Ideen auch gewisse Vorzüge. Ein nicht unbedeutender davon ist, dass diese spezielle Theorie dafür sorgte, die von den Templern gebilligten Vivisektionen übernatürlicher Testobjekte vorübergehend auszusetzen.«
»Sie sind ein Progressiver?« Alexia war überrascht.
»Ich versuche, mich aus politischen Angelegenheiten herauszuhalten. Allerdings scheint England ziemlich gut damit zu fahren, dass man dort die Übernatürlichen offen akzeptiert. Das soll nicht heißen, dass ich das befürworte. Sie zu zwingen, sich zu verstecken, hat jedoch seine Nachteile. Zum einen hätte ich liebend gern Zugang zu einigen der wissenschaftlichen Untersuchungen der Vampire. Was die alles über Uhren wissen! Ebenso denke ich nicht, dass die Übernatürlichen nach italienischer Gepflogenheit gejagt und wie Tiere behandelt werden sollten.«
Das kleine Zimmer, in dem sie saßen, nahm einen hübschen Goldton an, als die Sonne allmählich hinter den Dächern von Paris versank.
Der Uhrmacher hielt inne, als er die Veränderung bemerkte. »Nun gut, wir haben lange genug geschwatzt. Ich nehme an, Sie sind erschöpft. Sie werden selbstverständlich die Nacht in meinem Haus verbringen.«
»Wenn es dir nichts ausmacht, dass wir uns dir so aufdrängen, Cousin.«
»Das macht überhaupt keine Umstände. Nur fürchte ich, dass sich die Damen ein Zimmer teilen müssen.«
Alexia musterte Madame Lefoux mit einem abschätzenden Blick, schließlich hatte die Französin ihre Vorlieben und ihr Interesse deutlich gemacht. »Ich nehme an, dass meine Tugend sicher ist.«
Floote machte den Eindruck, als wollte er Einwände
Weitere Kostenlose Bücher