Entfuehrt von einem Prinzen
es, mich zu kritisieren?“
Mia wich einen Schritt zurück. Rams Verhalten erschütterte sie. So kannte sie ihn gar nicht. Dieser Mann war irgendwann einmal zutiefst verletzt worden und versteckte die geschlagenen Wunden genauso sorgfältig wie sie. „Wir stehen das gemeinsam durch“, entschied sie.
„Was?“
„Ich wollte schon immer auf einem Elefant reiten.“ Gleichzeitig entfernte sie die Augenklappe.
Sofort stellte er sich schützend vor Mia. „Hier wimmelt es nur so von Fotografen.“
„Na und?“ Herausfordernd blickte sie ihn an und suchte nach Zeichen von Abscheu in seiner Miene. Als sie keine fand, wurde sie sofort selbstsicherer. „Sollte die Presse indiskrete Fragen stellen, kannst du mich ja als Freundin der Familie vorstellen, die du eingeladen hast, an diesem wundervollen Empfang teilzuhaben“, schlug sie vor.
„Ach, Mia, das glaubt uns doch kein Mensch“, sagte Ram in deutlich versöhnlicherem Tonfall. „Die Presse wird dich auf Schritt und Tritt verfolgen, dein Bild geht um die ganze Welt.“
„Mir soll’s recht sein. Dann bin ich auch mal berühmt“, antwortete sie lässig, obwohl ihr die Vorstellung Angst machte. „Ich komme damit klar, wenn du es auch tust. Ich möchte dir helfen, so gut ich kann, Ram.“
„Dann verschwinde schnell.“
„Auf gar keinen Fall!“
Aufgeregt wartete sie auf seine Reaktion. Er ließ sich viel Zeit damit. Mia hatte gesagt, was es zu sagen gab, nun musste sie Geduld haben.
Schließlich schaute Ram sie zweifelnd an. „Willst du wirklich auf einem Elefant reiten?“
Vergeblich versuchte Mia, sich ihre Erleichterung nicht anmerken zu lassen. Ram schien sich tatsächlich erweichen zu lassen! Lächelnd bestätigte sie ihren Wunsch: „Ich kann es ja mal ausprobieren.“
„Und du meinst, es würde mehr Spaß machen, wenn wir es gemeinsam tun?“
„Ja, schon.“
Überrascht hielt sie still, als Ram nun behutsam über ihre Narben strich. Der Augenchirurg hatte ihr versichert, ihr verletztes Auge gliche nun einem Mondstein in einer Filigranfassung.
Eine Träne kullerte ihr über die Wange. Statt sie hastig wegzuwischen, hob Mia herausfordernd das Kinn. Sie war entschlossen, Stärke zu zeigen. Hier ging es um Ram, nicht um sie. Der Chirurg hatte gute Arbeit geleistet. Was also hatte sie zu befürchten? Gespannt wartete sie auf Rams nächsten Schritt.
„Bitte verzeih mir, Mia. Ich hätte dich nicht in diese Sache hineinziehen dürfen.“
Aber sie war doch froh, dabei zu sein!
„Dann komm!“, fügte er energisch hinzu. „Wir dürfen unsere Taxis nicht warten lassen.“
Innerlich jubelte Mia, nach außen hin verhielt sie sich jedoch gefasst und würdevoll, während Ram ihren Elefantenritt organisierte.
Zum ersten Mal wagte sie sich ohne Augenklappe in die Öffentlichkeit und war ziemlich nervös. Aber sie hoffte, dass die Leute sowieso nur Augen für ihren Maharadscha haben würden. Dies war sein Tag, und für sie war am wichtigsten, dass Ram glücklich war. Insgeheim war sie froh, dass Ram sie nun so sah, wie sie war. Forschend hatte er sie angeschaut und sie mit einem Blick bedacht, der besagte, dass er nun alles gesehen hatte. Jetzt musste sie stark sein für ihn. Er war auf dem besten Weg, seinem Volk zu dienen, gegen alle Widerstände. Er würde ein wunderbarer Landesvater sein, davon war Mia fest überzeugt.
Die Menschenmenge harrte gespannt der Dinge, die da kamen. Die Priester hatten einen Gesang angestimmt, hin und wieder erklangen Glocken. Ram hatte das Ende des Empfangskomitees erreicht und machte Mia ein Zeichen, zu ihm zu kommen. Sie war noch immer in Hochstimmung und sehr stolz auf Ram – bis zu dem Moment, als ein älterer Mann in prächtigem Ornat sich vor ihr verbeugte und leise sagte: „Ihr habt uns eine neue Königin gebracht, Hoheit. Das ist wundervoll.“
Schlagartig war es mit Rams guter Laune vorbei. Mia spürte seine Erschütterung körperlich und bedeutete ihm verzweifelt mit Blicken, dass er sich jetzt zusammenreißen müsste. Die Prozession musste ohne Zwischenfall vonstatten gehen. Mia hatte keine Ahnung, was Ram aus der Fassung gebracht hatte, aber seinem Volk gegenüber durfte er sich nichts anmerken lassen. Die Menschen warteten darauf, ihn endlich willkommen zu heißen. „Es freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen“, flötete Mia und drängte sich an dem vor Zorn bebenden Ram vorbei. „Leider bin ich aber nicht Ihre neue Königin“, erklärte sie den erstaunten Zuhörern. „Ich bin eine alte
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